Museum für Kommunikation zeigt
in Postkartenausstellung, wie Juden „abgestempelt“ wurden


Reiche Juden verlassen England, das von der deutschen Luftwaffe angegriffen wird. Deutsche Postkarte aus dem Jahr 1940. (Foto: Museum für Kommunikation)

Hetze gegen Juden ist keine Erfindung der Nationalsozialisten. Sie hat es schon viel länger gegeben, und dabei spielten diffamierende Karikaturen, Bilderbogen, Flugblätter, Postkarten und Gedichte sowie erfundene Geschichten stets eine große Rolle. Die Drucke und Reden reichen von vermeintlichen Humoresken über „Cohn mit der krummen Nase“ über rassistische Sprüche und blanke Diffamierung bis zur offenen Mordhetze. Eine wahrhaft grausige Auswahl ist bis zum 15. Februar 2004 in der Ausstellung „Abgestempelt – Judenfeindliche Postkarten“ im Museum für Kommunikation Berlin zu sehen.

Die Ausstellung im früheren Reichspostmuseum an der Leipziger Straße/Ecke Mauerstraße basiert auf einer Dokumentation, die der Berliner Sammler Wolfgang Haney seit vielen Jahren zusammen getragen hat. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Frankfurt am Main entstanden ist, zeigt, wie in Deutschland und Österreich bereits im 19. Jahrhundert, ja eigentlich schon lange davor Menschen jüdischen Glaubens lächerlich gemacht wurden, wie man ihnen mit Hilfe des verzerrender Bilder und hetzerischer Parolen die Existenzberechtigung abgesprochen hat und dies auch religiös begründet hat.

Viele in der Ausstellung gezeigte Grafiken aus der Zeit vor der Errichtung der Nazidiktatur (1933) fordern die jüdische Bevölkerung unverblümt zum Verlassen ihrer Heimat auf und weisen ihnen den Weg nach Palästina und in andere Kontinente. Auf zahlreichen Schmähdrucken wird Angst vor so genannten Ostjuden geschürt. Verbal und ganz direkt werden in Deutschland schon vor 1933 den als Wucherer, Parasiten, Halsabschneider, Mädchenschänder und Vaterlandsverräter abgestempelten Juden Fußtritte verpasst, und man liest im Zusammenhang mit so genannten Mischehen auch von „Germanias Schande“.

Die Ausstellung und das dazu gehörige Buch (380 Seiten, zahlr. z. T. farbige Abbildungen, 19,80 Euro) dokumentiert die weltweite Verbreitung antijüdischer Pogromhetze. Postkarten, Plakate und Karikaturen aus Russland vor und nach der Oktoberrevolution (1917) sowie aus Frankreich, Polen, England und den USA sprechen eine deutliche Sprache und zeigen, wie man mit antijüdischen Stereotypen große Massen zu erreichen suchte. Dass sich die rechtsextremistische Subkultur des Vokabulars der Nazis bedient und in ihrer Propaganda alte Bildervorlagen reaktiviert, wird in der Ausstellung ebenfalls deutlich. Die Dokumentation „Abgestempelt“ im Museum für Kommunikation, Leipziger Straße 16, 10117 Berlin (Mitte), ist Dienstag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen von 11 bis 19 Uhr geöffnet.

Helmut Caspar

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