Als in Europa die Lichter ausgingen -
Ausstellung im Berliner Pei-Bau dokumentiert Ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 und seine Folgen



„Helft und siegen! Zeichnet die Kriegsanleihe“. Plakat von 1917. (Foto: DHM)

Als vor 90 Jahren, am 1. August 1914, der Erste Weltkrieg begann, herrschte in vielen Ländern kurzzeitig großer Jubel, auch im Deutschen Reich. Bald schon wich die von der Propaganda geschürte Begeisterung tiefem Entsetzen an allen Fronten. In Europa gingen die Lichter aus, wie eine neue Ausstellung des Deutschen Historischen Museums schildert. In jenen Augusttagen 1914 lagen sich die meisten Deutschen bei der Erklärung des Kriegszustandes in den Armen. Warner vor dem Krieg wurden mundtot gemacht oder kamen ins Gefängnis. Kaiser Wilhelm II. verkündete, er kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche. Seine Soldaten und die der anderen Kriegsparteien zogen an die Front in der Erwartung, schon bald wieder zu Hause zu sein. Doch wie sehr sollten sie sich alle irren! In den Materialschlachten kamen Millionen Menschen auf beiden Seiten um, der U-Boot-Krieg riss Tausende in den nassen Tod. Die Zeitungen füllten sich mit Traueranzeigen. Not, Hunger und Krankheiten machten sich breit. Die Kriegsbegeisterung wich mit den Jahren einer Kriegsmüdigkeit und diese mündete in der Revolution erst in Russland 1917 und dann Ende 1918 in Deutschland und anderen Staaten.

Bei uns wird die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg, an dessen Ende das Aus für die Monarchie stand, von den Ereignissen nach 1918, vom Versailler Vertrag, der Inflation, der Nazidiktatur und dem Zweiten Weltkrieg überlagert. Der Erste Weltkrieg ist, kaum zu glauben, ein vergessener Krieg. Das machte es auch dem DHM schwer, Sponsoren für die Weltkriegsausstellung zu gewinnen, wie Museumsdirektor Hans Ottomeyer bei der Eröffnung betonte. Andere Länder wie Belgien, Frankreich oder England erinnern sich viel genauer dieses, wegen der an allen Fronten angewandten Brutalität sowie des Einsatzes neuartiger Massenvernichtungswaffen bis dahin schrecklichsten aller Kriege. Hingegen gibt es Länder, die wie Finnland, Polen, die baltischen Staaten, Ungarn, Tschechien, die Slowakei und die Ukraine ihre Souveränität dem Zerfall des Russischen Reiches und des östereichisch-ungarischen Vielvölkerstaates verdanken und daher das Ende des „alten Europa“ mit anderen Augen betrachten.

Die mit über 600 Exponaten aus 22 Ländern bestückte neue Ausstellung „Der Weltkrieg 1914-1918. Ereignis und Erinnerung“ im Pei-Bau des Deutschen Historischen Museums Unter den Linden (Berlin-Mitte) schildert, wie es zu dem Krieg kam und welches seine Ergebnisse waren. Sie dokumentiert den Kulturumbruch, der sich damals ereignete, verzichtet aber auf eine Schilderung des Kriegsverlaufes und einzelner Schlachten.

Man muss schon gute Nerven mitbringen, wenn man die zerstörten Gesichter und Leiber derer betrachtet, die im Hagel der Maschinengewehre und Riesenkanonen und bei der Anwendung von Giftgas umkamen. Gezeigt werden neben Fotos von Schützengräben und zerstörten Städten auch Waffen und Uniformen, außerdem Kriegsspielzeug sowie Propagandamaterialien, mit denen die beteiligten Staaten die Stimmung an den Fronten und in der Heimat anheizten. Gegenüber stehen sich die Schlachtenlenker und diejenigen, die ihre Befehle ausführen mussten. Zeugnisse der Erinnerungskultur und der Verklärung des Soldatentodes stehen am Ende des Rundganges. Hier wird auch auf die Frage der Kriegsschuld eingegangen, die die Sieger einseitig den Verlierern in die Schuhe schoben und mit ihren harten Friedensbedingungen die Grundlage legten für die weiteren schrecklichen Entwicklungen.

Helmut Caspar

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