Kronjuwel in frischer Farbe -
Fassade des Alten Palais täuscht wie schon in der Kaiserzeit eine Sandsteinverkleidung vor



Die wohl schönste klassizistische Ecke Berlins, das Palais von Kaiser Wilhelm I., wird gerade erneuert. (Foto: Caspar)

Nach zweijähriger Arbeit zeigt sich das Alte Palais an der Ecke Unter den Linden/Bebelplatz wieder in frischer Farbe. Die ehemalige Residenz des ersten deutschen Kaisers Wilhelm I. erhält auf Grund historischer Befunde seine historische Farbfassung zurück und leuchtet wahrhaft wie ein Kronjuwel. Kannte man bisher den Bau, in dem die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität untergebracht ist, in grauer Montur, so zieht jetzt eine helles Ocker bewundernde Blicke auf sich. Bauforschungen des früheren Berliner Landeskonservators und jetzigen Geschäftsführers der Stiftung Denkmalschutz Berlin, Helmut Engel, haben ergeben, dass das im Zweiten Weltkrieg zerstörte und 1962/3 außen historisch, innen dagegen ganz neu aufgebaute Haus einen Anstrich besaß, der edlen Sandstein vortäuschte. Da man in Preußen sparen musste, aber nicht auf optische Täuschungen verzichten wollte, hat man auf die Tünche bräunliche Lasuren aufgetragen, und der gewünschte Effekt trat ein.

Das Alte Palais wurde von 1834 bis 1837 von Carl Ferdinand Langhans als Residenz für den Prinzen Wilhelm von Preußen errichtet, der 1861 als König Wilhelm I. den Thron bestieg und 1871 deutscher Kaiser wurde. Die Außenhaut gilt als eine der wertvollsten klassizistischen Fassaden in der Stadt. Besonders wertvoll ist der umlaufende Terrakottafries unterhalb des Daches mit 18 allegorischen Figuren und 16 Wappenschildern, die die preußischen Monarchie und ihre einzelnen Territorien symbolisieren.

Insgesamt kostete die Fassadensanierung 2,6 Millionen Euro. Der Eigenanteil der Humboldt-Universität beträgt 1,8 Millionen Euro, 633 000 Euro stellt die Stiftung Denkmalschutz Berlin bereit, weitere Gelder kommen von der Bundesanstalt für Arbeit und anderen Sponsoren. Reinhard Müller, Vorstandsmitglied der an mehreren Baustellen in der Stadt tätigen Berliner Denkmalstiftung, ist vom Ergebnis beeindruckt. Die Fassadenerneuerung sei ein weiteres Beispiel dafür, was bürgerschaftliches Engagement auch im Bereich von Denkmalschutz und Denkmalpflege bewirken. Angesichts großer wirtschaftlicher Schwierigkeiten der öffentlichen Hand sei es vordringlich, dass sich immer wieder private Geldgeber finden, die mit großen und kleinen Spenden einspringen. „Wir stiften, um weitere Stiftungen anzuregen, denn die knappen Mittel, die das Land Berlin und in diesem Fall die Humboldt-Universität für seine historischen Bauwerke ausgibt, brauchen unbedingt eine Ergänzung durch private Spenden. Da ist jeder Euro willkommen“.

Zum Sanierungsprogramm am Alten Palais gehört auch die Rekonstruktion der mit Efeu bewachsenen Pergola direkt unter jenem Eckfenster, an dem immer zur gleichen Zeit Wilhelm I. seinen Untertanen zuwinkte. Der Kaiser soll gesagt haben, er unterziehe sich der Mühe auch deshalb, weil dieser Brauch im „Baedecker“ vermerkt ist.

Nach dem Abschluss der Fassadensanierung soll das dunkle und unwirtliche Vestibül des Fakultätsgebäudes umgebaut werden. Die Humboldt-Universität will grau gestrichene Stellwände öffnen und das Treppenhaus von störenden Anbauten befreien. Zwei Nachbildungen der allegorischen Gesims-Figuren werden nach Information von Hochbauleiter Silvio Stahn in der Eingangshalle auf Konsolen gestellt, und außerdem ist geplant, auf Schautafeln über die Geschichte des Alten Palais und seine Wiedergeburt nach dem Zweiten Weltkrieg zu berichten. Da die Betonplatten unter dem Balkon zur Straße Unter den Linden vollkommen unpassend sind, bekommt die ehemals hochherrschaftliche Auffahrt ein kleinteiliges Pflaster.

Helmut Caspar

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