Erfreuen und belehren -
Vor 175 Jahren wurde das Alte Museum am Berliner Lustgarten mit der Präsentation königlicher Preziosen eröffnet



Vor 175 Jahren eröffnet – das nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erbaute Alte Museum am Berliner Lustgarten.

Mit der Eröffnung des Königlichen Museums am Berliner Lustgarten machte sich König Friedrich Wilhelm III. vor 175 Jahren, am 3. August 1830, ein besonderes Geschenk. An seinem 60. Geburtstag soll der wortkarge Monarch beim Gang durch die preußische Novität „sehr beeindruckt“ gewesen sein, wie Zeitgenossen berichten. Während es anderswo bereits öffentliche Museen gab, in Paris, London oder München etwa, zog Berlin erst jetzt mit einem prächtigen Neubau nach. Für den säulenbestückten Musentempel hat sich Laufe der Zeit der Name „Altes Museum“ eingebürgert, um ihn von den vier anderen Häusern auf der Berliner Museumsinsel zu unterscheiden.

Seit 1824 war das Museum vis à vis vom Schloss nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erbaut worden. Als es eröffnet wurde, strömte das Publikum in großen Scharen herbei, denn der Eintritt war frei und das Schaubedürfnis groß. „Erfreuen und bilden“, das war das Anliegen der Museumsgründung, und dazu hatten kluge Leute wie Hofrat Alois Hirt und der, wie man heute sagen würde, Kulturbeauftragte der preußischen Regierung, Wilhelm von Humboldt die Weichen gestellt. Um den repräsentativen Säulenbau ordentlich zu bestücken, waren die königlichen Schlösser in Berlin, Potsdam und anderswo nach Gemälden, Skulpturen und anderen Preziosen durchgekämmt worden. Da es Lücken gab, veranlasste der König umfangreiche Kunstkäufe vor allem in Italien, und auch die ersten Grabungen in Ländern des klassischen Altertums kamen in Gang.

Mit der neuen Sonderausstellung „1830 – Die Antike im Alten Museum 2005“ erinnern die Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz an ihre Geburtsstunde. Gezeigt werden bis Ende Oktober bedeutsame Stücke aus der Antikensammlung, die bereits 1830 den König von Preußen und seine Höflinge entzückt haben. So empfängt heute wie damals eine der schönsten Bronzefiguren des klassischen Altertums, der „Betende Knabe“, die Besucher. Die nur 128 Zentimeter hohe, auf der Insel Rhodos gefundene Bronzestatue aus der Zeit um 300 vor Christus war 1747 von Friedrich II., dem Großen, für 5000 Taler erworben worden. Ursprünglich erfreute sich der königliche Kunstsammler an dem Jüngling ganz privat, indem er ihn vor ein Fenster der Bibliothek seines Sommerschlosses Sanssouci stellen ließ. 83 Jahre später war der Jüngling zur öffentlichen Angelegenheit geworden. Er avancierte förmlich zum Symbol der Berliner Antikensammlung, wie es später die Büste der Königin Nofretete für die Ägyptische Sammlung wurde.

Um den wie eine Ikone verehrten „Betenden Knaben“ gruppieren sich in der neuen Sonderausstellung kostbare Antiken wie der „Berliner Athlet“, eine römische Marmorkopie nach einem griechischen Bronzeoriginal. Der Muskelmann, der ebenfalls von Friedrich II. angekauft worden war, wurde 1830 von Potsdam nach Berlin überführt. Zu sehen sind neben weiteren Marmorskulpturen auch rotfigurig bemalte Vasen sowie fein ziselierte Bronzen sowie Terrakotten und Mosaiken, die vor und kurz nach jenem Stichjahr erworben wurden und nun in Schinkels Altem Museum die Leute in Erstaunen versetzten. Ins Auge fallen schließlich Stücke, die sonst im Depot lagern, Gemmen und Kameen etwa, also geschnittene Steine, die bereits zum Kunstbesitz des Großen Kurfürst Friedrich Wilhelm gehörten.

Dass Friedrich Wilhelm III. den Bronzeknaben in der Mitte des neu erbauten Museums am Lustgarten aufstellen ließ, hängt mit der großen Popularität zusammen, der sich dieses griechische Meisterwerk zuvor in Paris erfreute. Denn nach Preußens Niederlage 1806 im Krieg gegen Frankreich wurden die kostbare Skulptur mit unzähligen weiteren Kunstwerken aus den preußischen Königsschlössern als Beutestücke nach Frankreich verschleppt und im Pariser Musée Napoléon ausgestellt. Die Erinnerung an den großen Erfolg dieser unfreiwilligen Präsentation ließ nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 in der preußischen Führungsspitze den Wunsch reifen, in einem öffentlichen Museum jenen aus Frankreich zurück geführten königlichen Kunstbesitz auszustellen und ihn durch weitere hochkarätige Stücke zu ergänzen. Das konnte nicht mehr in königlichen Privatgemächern geschehen, sondern ließ sich nur in einem öffentlichen Museum bewerkstelligen, das sich, wie sich bald zeigte, als zu klein erwiesen.

Mit der Eröffnung eines eigenen Museums und der Förderung von Ausgrabungen suchte sich Preußen auch als kulturelle Großmacht zu etablieren, wie der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Peter-Klaus Schuster, bei der Ausstellungseröffnung betonte. Deshalb seien weder Mühen noch Kosten gescheut worden, in der Nähe des Berliner Schlosses eine Freistätte für Kunst und Wissenschaft zu schaffen - die Museumsinsel. Wie schon die Prunkinschrift über dem Alten Museum andeutet, die Friedrich Wilhelm III. als Gründer würdigt, wurde und wird alles aus allen Zeiten gesammelt. Eifriges Zusammentragen, Bestimmen und Forschen, große staatliche Investitionen, bedeutende Stiftungen durch Privatleute brachten die Staatlichen Museen zu Berlin, deren fünf auf der Museumsinsel versammelten Häuser auf der Unesco-Liste der Weltkulturerbes stehen, an die Weltspitze, und dieses Thema wird in den kommenden Monaten auch Gegenstand weiterer Ausstellungen und Tagungen anlässlich des 175. Geburtstages dieses Kulturinstituts werden.Die Ausstellung im Alten Museum ist bis 31. Oktober 2005 Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr geöffnet, weitere Informationen unter www.smb.spk-berlin.de.

Kleine Chronik der Museumsinsel
1824-1830 Bau des Königlichen Museums am Lustgarten, später Altes Museum genannt (Architekt: K. F. Schinkel).
1843-1847 Bau des Neuen Museums (Architekt: F. A. Stüler).
1866-1876 Bau der Alten Nationalgalerie (Architekt: F. A. Stüler, Ausführung: J. H. Strack).
1897-1904 Bau des Kaiser-Friedrich-Museums (ab 1956 Bode-Museum, Architekt: E. von Ihne).
1898-1901 Bau des ersten Pergamonmuseums (Architekt: F. Wolff, abgerissen 1908).
1909-1930 Bau des heutigen Pergamonmuseums (Architekten: A. Messel, L. Hoffmann).
1939 Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs Schließung der Museen, Auslagerung wertvoller Kunstwerke.
1944/45 Beschädigung und Zerstörung der Museumsbauten durch Bombenangriffe. Die größten Schäden muss kurz vor Kriegsende das Neue Museum hinnehmen.
1958 Rückführung von Museumsgütern aus der Sowjetunion.
1959 Eröffnung des Pergamonsaals mit dem wieder aufgestellten Pergamonaltar.
1963 Im Bode-Museum können wieder Gemälde ausgestellt werden.
1966 Eröffnung des wieder aufgebauten Alten Museums.
1978-1979 Bau der zum Pergamonmuseum führenden Kupfergrabenbrücke.
1981 Zum 200. Geburtstag von Schinkel wird die Rotunde des Alten Museums denkmalgerecht erneuert.
1989 Kurz vor der Wende in der DDR wird mit der Rekonstruktion des Neuen Museums begonnen. Bis 2009 wird es nach Plänen von David Chipperfield als Ägyptisches Museum aufgebaut.
1990 Zusammenführung der Staatlichen Museen in Ost- und in West-Berlin unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
1999 Stiftung Preußischer Kulturbesitz beschließt Masterplan zum Wiederaufbau und zur baulichen Sanierung der Museumsinsel; Aufnahme der Museumsinsel in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.
2001 Wiedereröffnung der Alten Nationalgalerie nach siebenjähriger Generalsanierung.
2004 Restaurierung des Pergamonaltars abgeschlossen; Einhundertjahrfeier des Bode-Museums, das 2006 wiedereröffnet werden soll.

Helmut Caspar

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