Apostel der leidenden Menschheit -
Denkmal des Augenarztes Albrecht von Graefe am Eingang zur Charité wird restauriert



In der Reinigung: Der berühmte Augenarzt Albrecht von Graefe mit dem von ihm benutzten Helmholtz’schen Augenspiegel. (Foto: Caspar)

Zu den großen Medizinern in Berlin gehörte Albrecht von Graefe (1828 bis 1870). Zur Erinnerung an den bedeutendsten deutschen Augenarzt des 19. Jahrhunderts wurde im Jahre 1882 unweit der Charité in der Luisenstraße ein von Rudolf Siemering geschaffenes Denkmal errichtet. Zur Zeit wird das bronzene Standbild in der Bildgießerei Seiler in Schöneiche bei Berlin gereinigt. Wie der Metallrestaurator Jürgen Seiler erklärt, werden Schmutz- und Sinterschichten, die sich mit den Jahren auf der grün patinierten Bronze abgelagert haben, vorsichtig mit Schaber und Skalpell abgetragen. Um die aus einer Nische hervortretende Figur vor den Unbilden der Witterung zu schützen, wie sie mit einem mikrokristallinen Wachs konserviert.

Saniert wird auch die von den Architekten Gropius und Schmieden gestaltete Sandsteineinfassung. Sie wird von zwei farbig glasierten Terrakottaplatten geschmückt, auf denen Blinde, Sehende, Hoffende und Verzagende dargestellt sind - ein Arbeiter, ein Kriegsveteran, Frauen mit Kindern, ein Greis, der von einem Kind geleitet wird. Ein Gelehrter kann wieder lesen, eine kniende Frau reckt freudig die Arme zur Sonne. Die Inschrift zitiert Friedrich Schiller: „O eine edle Himmelsgabe ist das Licht des Auges. Alle Wesen leben vom Lichte. Jedes glückliche Geschöpf - die Pflanze selbst kehrt freudig sich zum Lichte!“

Mit 19 Jahren hatte der aus einer Berliner Medizinerfamilie stammende Graefe sein Studium beendet, kurze Zeit später begann er, Augenkrankheiten zu behandeln - Arme und Unbemittelte kostenfrei. Der Zuspruch war enorm, doch zehrte die Arbeit auch an den Kräften des sozial engagierten Arztes, zu dessen Tragik es gehörte, dass er schon mit 42 Jahren an Tuberkulose starb, ohne sein Werk vollendet zu haben. Da sich Graefe unkonventioneller Behandlungsmethoden und neuartiger Geräte bediente, zog er sich den Zorn einiger Medizinpäpste zu, die das „Treiben“ ihres Kollegen mit Misstrauen beobachteten und ihm das Leben schwer machten. Erst kurz vor seinem Tod erhielt Graefe den Lehrstuhl für Augenheilkunde an der Berliner Universität. Jahre später wurde in der Stadt eine Universitätsaugenklinik gegründet.

Der Bildhauer hat Graefe so dargestellt, als gehe er auf einen Patienten zu, um seine Augen zu prüfen. Selbstverständlich hat der Arzt das Instrument in der Hand, welches die moderne Augenheilkunde begründen half - den Helmholtzschen Augenspiegel. Mit ihm wurde erstmals die direkte Beobachtung des Augenhintergrundes möglich. Dem „Apostel der leidenden Menschheit“, so ein Ehrentitel, den dankbare Zeitgenossen für Graefe fanden, gelang es, die Augenheilkunde als eigenständige medizinische Disziplin zu etablieren.

Der Verein Denk mal an Berlin e.V. hat zur Finanzierung der Restaurierungs- und Sanierungsmaßnamen Sponsoren gewonnen. Neben der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, deren Gründungsvater Graefe war, ermöglichen das Landesdenkmalamt Berlin, der Bezirk Mitte von Berlin, die AOK Berlin, die Charité - Universitätsmedizin Berlin sowie die Baumschule Lorberg die Sanierung des Denkmals. Zu den aktuellen Arbeiten gehört auch die gärtnerische Gestaltung und Säuberung der Gesamtanlage. So müssen einzelne Bauelemente der Rückwand des Denkmals zum Teil nach alten Vorlagen ergänzt werden. Die Übergabe der restaurierten Anlage wird Ende September im Rahmen eines großen internationalen Augenärztekongresses in Berlin erfolgen.

Helmut Caspar

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