Gähnende Leere am Kulturforum -
Der unwirtliche Ort an der Potsdamer Straße soll aufgemöbelt werden, doch niemand hat Geld



Durch Zusatzbauten soll das unwirtliche Kulturforum - hier ein Blick auf das Kunstgewerbemuseum – erträglicher werden. (Foto: Caspar)

Das Kulturforum an der Potsdamer Straße im Bezirk Tiergarten ist ein ausgesprochen unwirtlicher, ärgerlicher Ort. Stünden jetzt nicht an der Neuen Nationalgalerie tausende Wartende, um in die Ausstellung des New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) eingelassen zu werden und gäbe es nicht die Skater, die auf dem überall ausgelegten blanken Granit blitzschnell hin und her fahren – der aus den sechziger und siebziger Jahren stammende Kulturstandort wäre so gut wie verwaist. Angelegt nach Plänen des Stararchitekten Hans Scharoun, umfasst das Areal neben den Museumsbauten auch die Philharmonie und, getrennt durch die stark befahrene Potsdamer Straße, die Staatsbibliothek. Nur wer ein wirklicher Kunstfan ist oder Leser der Staatsbibliothek, verirrt sich in die Gegend nicht weit vom Potsdamer Platz. Während dort das Leben pulsiert, herrscht am Kulturforum eisige Stille. Schnell weg, mögen sich manche Leute sagen, die sich hier her verirren. Und weil das so ist, planen die Staatlichen Museen, die Bilder in der erst vor ein paar Jahren eröffneten Gemäldegalerie, im Wust des Betons von außen nur durch eine kleine Glaskuppel zu erkennen, auf ihren ursprünglichen Standort, das Bodemuseum auf der Museumsinsel, zurück zu holen.

Schon lange ist die prekäre Situation bekannt. Die Freudlosigkeit der so genannten Piazetta, also des Museumsvorplatzes, und weiterer Areale wirkt sich unter anderem auf die Besucherzahlen der Museen aus. Sie können noch so hochkarätigen Kunstschätze zeigen – die Gemäldegalerie, das Kunstgewerbemuseum, das Musikinstrumentenmuseum, die Kunstbibliothek und andere Sammlungen beklagen sich über geringen Zuspruch, von musealen „Zugpferden“ wie die MoMA-Schau einmal abgesehen. Die Berliner und ihre Gäste gehen lieber auf die Museumsinsel, die mit ihren Bauten aus dem 19. und 20. Jahrhunderts einen Platz auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes erhalten hat, was das unwirtliche Kulturforum niemals erreichen würde.

Jetzt soll alles anders werden. Im Berliner Senat und bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird intensiv darüber nachgedacht, wie man dem steinharten und eiskalten Kulturforum beikommen, wie man es „aufmöbeln“ kann. Dazu gibt es einen Auftrag des Berliner Abgeordnetenhauses, das sich mit der Leere am Kulturforum nicht abfinden will. Ergänzungsbauten heißt das Zauberwort. In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird an einen hohen Turm, Torhäuser an der Potsdamer Straße und Kolonnaden gedacht. Damit soll die leere Fläche, die sich dem Besucher bietet, bevor er die Schatzhäuser der Kunst betritt, eingegrenzt und erträglich gemacht werden. Beobachter sprechen von einer Art Markusplatz mit einem Campanile, vergleichbar mit der Touristenattraktion in Venedig. Die von Scharoun seinerzeit mit Bedacht frei gehaltenen Flächen des hart an der Mauer auf West-Berliner Gelände als Gegenstück zur Ost-Berliner Museumsinsel errichteten Kulturforums sollen teilweise bebaut werden. Hier ein Hochhaus, dort ein Wohn- und Geschäftshäuser, und mittendrin Gastronomie und neue Parkräume, die, weil sie bisher nicht ausreichen, auch den Besuch des Kulturforums nicht gerade leicht machen.

Da das Vorhaben viel, sehr viel Geld kostet, das Land Berlin pleite ist und Investoren nicht gerade Schlange stehen, wie die Leute bei der MoMA-Ausstellung, wird die Debatte auf kleiner Flamme gehalten, aber es gibt sie wenigstens. Dass sich die künstlerischen Erben des 1972 verstorbenen Architekten Hans Scharoun gegen alle Veränderungen sträuben und höchstens das von ihm geplante, aber nie verwirklichte Gäste- und Künstlerhaus bauen wollen, macht die Planungsarbeit nicht gerade leichter.

Helmut Caspar

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