Märchenbrunnen und Mauersteinen wird geholfen - Stadtmöblierer Hans Wall nimmt sich wertvoller Zeugnisse der Berlin-Geschichte an



Hans Wall, Schwabe von Geburt und Wahlberliner aus Passion, sieht sich in der Nachfolge von Ernst Litfaß und will sein Erbe pflegen. (Foto: Caspar)

Ruhig ist es zur Zeit am Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain. Einige Jogger umkurven die Anlage, Mütter mit Kinderwagen sitzen fröstelnd auf den Bänken, schauen auf leere Podeste. Dorthin sollen einmal die Märchenfiguren hinkommen, die dem über 90 Jahre alten Brunnen den Namen gegeben haben. Aschenputtel, dem gestiefelten Kater, Rotkäppchen und die anderen Plastiken warten in einer Steinrestaurierungswerkstatt auf ihre Rückkehr in den Friedrichshain. Doch bis es so weit ist, müssen noch einige Fragen geklärt werden. Auf 1,3 Millionen Euro betragen die Kosten für die Reinigung und Restaurierung des wohl „schönsten Brunnens der Hauptstadt“, wie Hans Wall, der von der Anlage begeisterte Chef der Wall AG, sagt. Das Unternehmen ist überall in Berlin mit Warte- und Toilettenhäuschen, Reklametafeln, Litfaßsäulen und anderen Stadtmöbeln präsent und kümmert sich seit Jahren auch mit der Instandsetzung von Brunnen, Standbildern und anderen Zeugnissen der Berlin-Geschichte. „Es liegt an uns dafür zu sorgen, dass unsere Stadt wieder sauber wird. Der Staat schafft das offensichtlich nicht allein, außerdem sind die Mittel für Denkmalpflege stark geschrumpft. Also müssen wir Bürger ran“, sagt Wall, der auch dem 2003 gegründeten Verein „Denkmal an Berlin“ vorsteht. Ihn ärgern Unrat und Schmierereien, er setzt auf die Erfahrung, dass Sauberkeit mit Ästhetik beginnt

Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe Ost sind für den Märchenbrunnen schon beantragt, ein positiver Bescheid werde vom Wirtschaftssenator erwartet. Zeitgleich wird an einem Sicherheitskonzept für die nach Plänen des damaligen Stadtbaurats Ludwig Hoffmann erbaute Anlage aus dem Jahr 1913 gearbeitet. Es soll Vandalismus unterbinden und könnte aus einer Kombination von nächtlicher Beleuchtung, Einzäunung, Videoüberwachung und Polizeischutz bestehen. „Ich bin überzeugt, dass ein gut gepflegtes, sauber gehaltenes Gesamtkunstwerk wie der Märchenbrunnen Zerstörungswut eindämmt, die wir auch hier leider immer wieder erleben. Doch muss dem auch mit praktischen Maßnahmen vorgebaut werden.“

Unabhängig davon, wann der Förderbescheid kommt, will Wall die Folgekosten für den Unterhalt des Märchenbrunnens übernehmen. „Zur Not bezahlen wir alles“, sagt der aus Schwaben stammende Wahlberliner und fügt hinzu, er habe in seinem langen Berufsleben so viel Glück gehabt und fühle sich in Berlin so wohl, dass er gern etwas von dem zurück gibt, was er hier verdient hat.

Ins Visier von Hans Wall und des Vereins „Denkmal an Berlin“ sind auch die Reste der mittelalterlichen Stadtmauer in der Waisenstraße (Bezirk Mitte) geraten. Hier müssen Steine eingefügt und Verbindungen erneuert werden. Ein viel größeres Objekt steht am Breitscheidplatz in Charlottenburg. Die Stiftung Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erhält demnächst von der Wall AG einen Scheck über 750 000 Euro. Diese Summe ist für die Sanierung und Reinigung des historischen Torsos und des aus der Nachkriegszeit stammenden Anbaues der dem ersten deutschen Kaiser gewidmeten Kirche bestimmt. Aufgebracht wird das Geld durch Werbeplakate, die an den Gerüsten aufgehängt werden. Mit einem Projekt ganz anderer Art erfüllt sich Hans Wall einen Traum. Er plant die Einrichtung eines Museums für den Begründer der Außenreklame, Ernst Litfaß (1816-1874). Mit der Hommage an den Erfinder der vor 150 Jahren erstmals aufgestellten Litfaßsäulen will er sein großes Vorbild, was Innovation, Geschäftsgeist sowie soziales und kulturelles Engagement bedeutet, wieder ins Licht der Öffentlichkeit holen. Bilder und Dokumente über den „Säulenheiligen“, dessen Grab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof Hans Wall schon vor Jahren restaurieren ließ, gebe es zur Genüge, und Platz für die Ausstellung finde sich in der Firmenzentrale an der Friedrichstraße, ein paar hundert Meter von jenem Grab entfernt, auch.

Überlegt wird zur Zeit in der Wall AG, sich auch der Bronzefiguren des Neptunbrunnens gegenüber dem Roten Rathaus anzunehmen. Vor einigen Jahren war die Umrandung zwar saniert worden, um das unkontrollierte Ablaufen des Wassers zu stoppen. Doch zur Reinigung und Restaurierung der wertvollen Metallplastiken konnte man sich aber nicht entschließen. Der auf einem künstlichen Berg sitzende Meeresgottes aus Bronze, die ihn umspielenden Putten und die auf dem Rand sitzenden allegorischen Figuren der vier großen deutschen Flüsse Elbe, Oder, Weser und Rhein tragen schwarze, grüne und braune Schmutzkrusten. Wie es um das innere Stützsystem der von dem Bildhauer Reinhold Begas, einem Protegé von Kaiser Wilhelm II., modellierten Figurengruppe rund um den Herren der Meere aussieht und ob die Wasserleitungen noch einwandfrei funktionieren, müsste untersucht werden. Doch das Landesdenkmalamt und der Bezirk Mitte sehen keinen Handlungsbedarf für das einzigartige Wahrzeichen; dabei war schon vor Jahren von Restaurierungsbedarf an den Bronzeteilen die Rede.

Helmut Caspar

Mit "Zurück" zur Themenübersicht "Museen, Denkmalpflege"