Das letzte Bildnis -
Georg-Kolbe-Museum zeigt Totenmasken berühmter Persönlichkeiten aus drei Jahrhunderten



Nicht einmal 40 Jahre alt wurde der Komponist Carl Maria von Weber. Seine Totenmaske ist derzeit im Georg-Kolbe-Museum zu sehen. (Foto: Fritz Eschen)

Gesichtsmasken von Verstorbenen anzufertigen, war bis fast in unsere Tage in begüterten Kreisen oder auch unter Künstlern nicht selten und gehörte zum Handwerkszeug der Bildhauer. Vielfach wurden die Abgüsse benötigt, um Porträtplastiken anzufertigen oder Bildnisse zu malen. Manchmal wurden sie, und werden es auch heute noch, für Verehrer in größeren Stückzahlen vervielfältigt. Die Staatliche Gipsformerei Berlin bekommt ständig Bestellungen dieser Art, wobei Musiker besonders populär sind.

Mit seiner Ausstellung „Das letzte Bildnis“ erinnert das Georg-Kolbe-Museum an die seit der Barockzeit geübte und dann im Zeitalter der Aufklärung erblühende Technik, der eindrucksvolle und oft auch ergreifende Bildnisse von Persönlichkeiten im Moment ihres Übergangs von dieser in eine andere Welt zu verdanken sind.

Da auch Lebende mitunter ihre Maske abnehmen ließen, war das Gewerbe recht lukrativ und verschaffte manchen Bildhauern ein schönes zusätzliches Einkommen. Einer von ihnen war Georg Kolbe (1877-1947), der, als er noch nicht etabliert war, zahlreiche Totenmasken geschaffen hat. Kein Museum wäre besser für die Präsentation solcher Abgüsse oft aus getöntem Gips, manchmal auch in Bronze als Kolbes mit herrlichen Bildhauerarbeiten bestückte ehemaliges Atelier und Wohnhaus in Charlottenburg.

Die Ausstellung basiert im Wesentlichen auf der Sammlung des Schiller-Nationalmuseums Marbach, hinzu kommen Exponate aus Berliner Beständen, so aus der Akademie der Künste, der Alten Nationalgalerie, der Staatlichen Gipsformerei, aber auch aus dem Georg-Kolbe-Museum und aus Privatsammlungen. Der Rundgang beginnt mit der Totenmaske des Friedrichs des Großen und der Königin Luise, und sie endet bei den ins Jenseits gekehrten Gesichtszügen von Bertolt Brecht, Heiner Müller und Stephan Hermlin. Ihnen in die geschlossenen Augen zu schauen, mag die einen ängstigen, für andere aber hat es bildenden Wert.

Gleich neben der ausgemergelten Maske des 1786 im damals hohen Alter von 74 Jahren verstorbenen Alten Fritzen erkennt man das zerfurchte Gesicht seines zeitweiligen Gastes und geistesverwandten Briefpartners Voltaire, und neben der Maske der früh entschlafenen Luise von Preußen hängt das kraftvoll-fleischige Antlitz von Goethe. Dazu erzählt der Kurator der Ausstellung, Pavel Thomas, dass der Weimarer, dem panische Furcht vor Krankheit und Tod nachgesagt wird, vom Berliner Bildhauer Schadow mühsam überredet werden musste, von sich, noch voll im Leben stehend, eine Maske anfertigen zu lassen. Nach ihr schuf Schadow eine berühmte Marmorbüste. Schadow erreichte das geradezu biblische Alter von 86 Jahren; sein greisenhaft-eingefallenes Antlitz ist ebenfalls in der Totenmasken-Ausstellung vertreten.

In der Nachbarschaft hängt die Totenmaske von Adolph Menzel, der 90 Jahre erreichte. Der berühmte Maler und Grafiker, den Berlinern auch als „kleine Exzellenz“ bekannt, hatte keine Berührungsängste mit Verstorbenen, war zeichnend sogar bei Sargöffnungen anwesend. Und so verwundert es nicht, dass an seinen Atelierwänden auch Totenmasken hingen. Als glühender Verfechter historischer Authentizität nutzte Menzel für Gemälde und Buchillustrationen zu Leben und Werk Friedrichs des Großen.

Die Ausstellung im Georg-Kolbe-Museum, Sensburger Allee 25, 14055 Berlin-Charlottenburg, läuft bis zum 13. Februar 2005 Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Der Katalog kostet 20.45 Euro.

Helmut Caspar

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