Königssäule wurde Architektenmonument -
Vor 250 Jahren wurde der Obelisk auf dem Alten Markt in Potsdam fertig gestellt



Als das Bildnis des Großen Kurfürsten ins Depot wanderte, kam Schinkel zu Denkmalehren. Eine Gegenüberstellung fand 2001 in der Preußenausstellung im Potsdamer Kutschstall statt. (Foto: Caspar)

Die ehemalige preußische Residenz- und Garnisonstadt und heutige brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam und ihre königlichen Gärten und Parks sind angefüllt mit Monumenten zur Erinnerung an die Hohenzollern, die in der Novemberrevolution 1918 entmachtet wurden. Vor allem in der Barockzeit und der Zeit des Klassizismus prägte die Herrscherfamilie mit repräsentativen Bauten und Skulpturen das Gesicht der Stadt an der Havel. Auf dem Alten Markt, bis zur Zerstörung der Randbebauung durch den britischen Bombenangriff vom 14. April 1945 das Herz der Stadt, steht eine Gedenksäule, die einen bemerkenswerten Wandel durchgemacht hat. König Friedrich II. ließ 1753 bis 1755 auf der nach italienischem Vorbild gestalteten Piazza zwischen Stadtschloss, Rathaus und Nikolaikirche von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff einen Obelisken errichten und setzte damit sich und seinen Vorgängern auf dem brandenburg-preußischen Thron ein bemerkenswertes und höchst ansehnliches Denkmal.

Inwendig ist die von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff entworfene Bildsäule auf viereckigem Grundriss gemauert und außen mit rotem Kauffunger Marmor und solchem aus weißem Carraramarmor verkleidet. Auf den Ecken des hohen Sockels liegen Sphingen, darunter haben antike Redner oder Philosophen Aufstellung genommen. Der Bezug zu einer angenommenen arkadischen Gesellschaft und antiken Kultur sind gewollt und entsprach dem Geist der Entstehungszeit. Außerdem korrespondiert der Obelisk zu den Bauten des Hofes und des gehobenen Bürgertums, bei deren Gestaltung sich Friedrich II. und seine Architekten an italienischen Palästen orientierten. Mit der Aufstellung der sich nach oben verjüngenden Säule wollte der machtbewusste König und Schöngeist nicht nur seinen Stolz auf seine vornehme Abkunft kundtun und den Vorplatz seines Schlosses durch ein besonders schönes Denkmal schmücken, sondern auch ein Zeichen für die gewachsene Stärke seines Königreichs setzen und den Potsdamern sagen, wer Herr im Haus ist.

Ursprünglich war der Schaft des aus der ägyptischen Bau- und Herrschergeschichte übernommenen Obelisken mit Medaillons von vier Vertretern des Hauses Hohenzollern geschmückt. Zu erkennen waren in der Art antiker Gemmen oder Münzen der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm sowie die preußischen Könige Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II., der Große. Die Aufstellung dieses Denkmals an prominentester Stelle in Potsdam, dem Alten Markt, drückt Stolz und Ehrerbietung des Großen Königs für seine Vorgänger aus. Obwohl er von seinem Großvater, dem ersten preußischen König Friedrich I., nicht viel hielt und ihm Verschwendungssucht, hohlen Prunk und Günstlingswirtschaft vorwarf, war es für Friedrich II. offenbar kein Problem, ihn auf diesem einzigartigen Staatsdenkmal abzubilden. Angemessen war auch, mit einem Bildnis an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm zu erinnern, der unter anderem das aus der Renaissancezeit stammende Schloss vis à vis des Obelisken im holländischen Stil umbauen und erweitern ließ. Da der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm in seiner Lieblingsresidenzstadt Potsdam bedeutende Bauten für die Armee und den Beamtenapparat errichten und sie auch mit dem Holländischen Viertel versah war es ebenfalls keine Frage, ihn auf dem Obelisken darzustellen. Erstaunlich ist schließlich, dass sich Friedrich II. ebenfalls auf dem Schaft abbilden ließ, denn eigentlich war er solchen öffentlichen Ehrungen abgeneigt. Das drückte sich in einem Verbot aus, ihm zu Lebzeiten in Berlin ein Denkmal zu errichten. Diese Würdigung stünde nur einem toten Monarchen oder Feldherrn zu, war der Alte Fritz, der Potsdam mit den heute zum Weltkulturerbe gehörenden Schlössern und Gärten beglückte, überzeugt.

Weil die Hohenzollern nicht ins kommunistische Geschichtsbild passten, hat man ihre beim britischen Bombenangriff auf Potsdam am 14. April 1945 beschädigten Bildnisse nach 1969 bei der Generalrestaurierung des baufälligen Obelisken entfernt und durch Büsten der Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff sowie Carl von Gontard, Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius ersetzt. In der Preußen-Ausstellung von 2001 im Kutschstall am Neuen Markt waren einige Bruchstücke zu sehen. Durch die Anbringung der neuen Köpfe mutierte das borussische Herrschermonument in ein Architektendenkmal, wie man es nicht noch einmal in Deutschland findet. Die auf ungewöhnliche Weise geehrten Baumeister haben im 18. und 19. Jahrhundert mit großer Kunstfertigkeit Potsdam zu dem gemacht, was es bis zur Zerstörung drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs war. Beim Anblick des „neuen“ Obelisken sollte man sich hinzudenken, dass die damalige sozialistische Bezirkshauptstadt Potsdam in einer zweiten Zerstörungswelle unnötigerweise zahlreiche beschädigte oder noch intakte Bauten verloren hat, die von den auf der Bildsäule darstellten Künstlern stammen. Dass das eine oder andere Bauwerk zurück gewonnen wurde und wird, ist ein bemerkenswerter Akt der Wiedergutmachung.

Helmut Caspar

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