Wiedergewonnene Heiterkeit -
Königliche Wohnräume im Schloss Paretz können auch im Winterhalbjahr besichtigt werden


Kleinod in der Mark: Das restaurierte Schloss Paretz fasziniert
auch im Winter. (Foto: Caspar)

Wanderer, kommst du nach Paretz – du siehst ein Wunder. Aus dem hässlichen Entlein hat sich ein stolzer Schwan entwickelt. Das königliche Herrenhaus bekam in den letzten Jahren sein klassizistisches Aussehen zurück. Über der schlichten Eingangstür prangt wieder das charakteristische Rundbogenfenster, flankiert von Rosetten. Da das Interesse an „Schloss Still im Land“, wie es Theodor Fontane nannte, groß ist, hat die Preußische Schlösserstiftung die Öffnungszeiten erweitert. Im November kann die 20 Kilometer von Potsdam entfernte Sommerresidenz des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. und seiner aus der Strelitzer Herzogsfamilie stammenden Gemahlin Luise täglich (außer Montag) von 11 bis 16 Uhr besichtigt werden, ab 1. Dezember bis …… ist das nur am Wochenende und an Feiertagen möglich.

Erstaunt werden Besucher den wenig repräsentativen Zuschnitt des lang gestreckten Herrenhauses bemerken, wenn sie an andere Hohenzollern-Residenzen denken. Friedrich Wilhelm III. und Luise verzichteten auf festliche Säle und aufwändige Dekorationen, nicht einmal eine schwungvolle Treppe gab es. Sie statteten das Haus mit edlem Mobiliar und Familienbildern aus, ließen die Wände jedoch nicht mit Seidebahnen, sondern mit bemalten und jetzt wieder restaurierten Papiertapeten schmücken. Die vielköpfige Familie suchte in Paretz den „stillen Schatten der Natur“, wie die Königin Luise schrieb. Als einfache Gutsleute verzichteten die Hohenzollern auf Etikette, pflegten mit der Dörflern für damalige Zeit erstaunlich unkonventionelle Beziehungen fast von gleich zu gleich. „Die Ruhe, wenn man sie haben wollte, war beinahe unbedingt; aber man ließ sie gern durch die Heiterkeit des Dorfes unterbrechen“, notierte Fontane im Rückblick auf die ländliche Idylle.

Nach dem frühen Tod der Königin im Jahr 1810 sank das 1797/8 von David Gilly errichtete Landschloss in einen Dornröschenschlaf. In der Familie vergaß man den abgeschiedenen Sitz im heutigen Kreis Havelland nicht. Obwohl ihn die Hohenzollern nur noch selten betraten, ließ man das Schloss so wie zu Zeiten der allseits verehrte Königin Luise und tastete auch seine Ausstattung nicht an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, den das Schloss Paretz unbeschädigt überstanden hatte, sollte sich das radikal ändern. Erst zog die Rote Armee in das Herrenhaus ein, dann erfolgte der Umbau in eine sozialistische Bauernhochschule. Die Veränderungen innen und außen waren bewusst und radikal, denn als königliche Sommerresidenz sollte der klassizistische Bau nicht mehr zu erkennen sein. So war es nur natürlich, dass Paretz-Besucher sich fragten, wo denn das Schloss zu finden ist, obwohl sie direkt vor diesem oder was von ihm übrig war, standen. Glücklicherweise erlitt das Paretzer Schloss nicht das Schicksal vieler anderer Herrenhäuser, die nach dem von der SED-Führung ausgegebenen Motto „Krieg den Schlössern“ und in bilderstürmerischer Absicht angezündet oder als Steinbruch verwendet wurden. Fenster und Türen des Paretzer Schlosses wurden allerdings brutal verändert, die kleinteilige Raumstruktur aufgerissen und große Sitzungsräume eingerichtet. Zwischendecken ließen die Stuckaturen verschwinden, der hässliche Rauhputz an der Aussenfassade wurde erst im Zusammenhang mit der Rückgewinnung der alten Form beseitigt.

Von der gehobenen Wohnkultur blieben nur Reste erhalten. Zum Glück konnten die kostbaren Papiertapeten aus der Zeit um 1800 gerettet und restauriert werden. Das Wunder wurde von der Berliner Cornelsen Kulturstiftung und dem Land Brandenburg finanziert. Die Berliner Verlegerin Ruth Cornelsen, die sich bereits in anderen brandenburgischen und Berliner Bau- und Kunstdenkmalen engagiert, hatte 1998 die Gewährung eines Millionenbetrags für die Restaurierung der mit exotischen Vögeln und Landschaften bemalten Wandtapeten davon abhängig gemacht, dass sie wieder an ihren Stammplatz gelangen.

Helmut Caspar

Mit "Zurück" zur Themenübersicht "Museen, Denkmalspflege"