Besucherrekord in der Slawenburg Raddusch
Bisher sahen über 70 000 Interessenten Resultate dreißigjähriger Ausgrabungen im südlichen Brandenburg


Die Wälle der Slawenburg Raddusch sind wie vor 1000 Jahren mit Holz und Lehm verkleidet. (Foto: Caspar)

Der Braunkohletagebau hat seit dem 19. Jahrhundert das südliche Brandenburg nachhaltig verändert. Menschen wurden umgesiedelt, Dörfer sind verschwunden. Im Wettlauf mit den Baggern haben Bodendenkmalpfleger das Gebiet untersucht. Ergebnisse dreißigjähriger Braunkohlenarchäologie werden in der Slawenburg Raddusch (Kreis Oberspreewald-Lausitz) dokumentiert. Was keiner der Aussteller zu hoffen wagte, trat ein. Über 70 000 Besucher wurden seit der Eröffnung Ende Mai 2003 bereits gezählt. Darüber ist auch die Projektleiterin Harriet Bönisch glücklich. „Mit dem Bau der Slawenburg wird, stellvertretend für unzählige durch den Braunkohlentagebau vernichtete Zeugnisse der Vergangenheit, der Region ein Stück historische Identität zurück gegeben“, fasst die Archäologin die Ergebnisse zehnjähriger Mühen um das Dokumentationszentrum zusammen.

Bei der Anlage handelt es sich nicht um die Rekonstruktion der über 1000 Jahre alten Fluchtburg aus Holz und Erdreich, die vom Stamm der Lusizi errichtet wurde. Vielmehr erhebt sich auf originalem Standort eine architektonische Adaption, um die sich ein Wassergraben zieht. Die Burg besteht aus Beton, ist innen hohl und besitzt wie eine wirkliche Slawenburg außen eine Verkleidung aus Holzstämmen und Lehm. Den Hof kann man durch zwei gegenüber liegende und mit einem Bohlenweg verbundene Tortunnel betreten, die durch Ausgrabungen belegt sind. Ein nachgebildeter Brunnen erinnert daran, dass es im Burghof vor tausend Jahren vier solcher Wasserspender gegeben hat.

Wie in slawischer Zeit die rostartig übereinander geschichteten Eichenstämme miteinander verzahnt und die Zwischenräume mit Sand und Lehm verfüllt wurden, verdeutlicht die Ausstellung im Inneren des Rundwalls. Computersimulationen schildern, wie Raddusch zur Erbauungszeit zwischen 850 und 1000 ausgesehen hat und wie die Lusizi gelebt haben, nach der die Lausitz benannt ist. Hier erfährt man auch, dass es auf engem Raum zwischen Alt Golzen im Westen und Cottbus im Osten etwa 40 solcher Fluchtburgen gegeben hat. Ihre Anlage erfolgte offenbar im Zusammenhang mit der deutschen Ostexpansion. Nach der Eroberung der Lausitz durch Markgraf Gero im Jahr 963 und der Unterwerfung der Bewohner verlor die Burg um 1000 ihre Bedeutung als Zufluchtsort.

Die Schau dokumentiert anhand von Stein-, Keramik- und Metallfunden die früheste Geschichte der Region, berichtet aber auch über das Mittelalter. So erinnert das gotische Portal der im Zusammenhang mit dem Braunkohlentagebau abgerissenen Kirche von Wolkenberg an die ehemals reiche Baugeschichte der Lausitz. Es ist den Archäologen zu verdanken, dass das spitzbogige Tor - beispielhaft für etwa 20 andere abgetragene Sakralbauten - in die Ausstellung einbezogen wurde. In der Mitte der Schau ist als Symbol für die Eingriffe des Braunkohletagebaus in die Kulturlandschaft ein Teil eines Schaufelradbaggers aufgebaut. Die folgenden Funde führen zurück bis in die Jungsteinzeit, als hier die ersten Bauern und Handwerker gelebt haben. Unter den Hinterlassenschaften ragen Reste einer Abbaustelle für Feuerstein als Beleg für den Bergbau im späten Paläolithikum heraus. Breiten Raum nimmt die Lausitzer Kultur ein, die von der Bronzezeit bis in die ältere Eisenzeit (ca. 1500 bis 500 v. Chr.) existierte. Ihr folgte ein halbes Jahrtausend, in der die Region kaum besiedelt war. Die Besucher lernen neben den Bestattungssitten auch die Gewinnung von Eisen aus Raseneisenstein und die Fertigkeiten der Töpfer und Metallhandwerker in grauer Vorzeit kennen. Die Ausstellung wird laufend aktualisiert mit dem, was Archäologen weiterhin ausgraben, so dass man Neuem begegnet, wenn man wieder einmal nach Raddusch kommt. Die Slawenburg ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter www.slawenburg-raddusch.de.

Helmut Caspar

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