Die Spur verliert sich im Osten -
Deutsches Technikmuseum dokumentiert Verschleppung von Juden in die nationalsozialistischen Vernichtungslager



Gert Rosenthal wurde in Riga ermordet, sein Bruder Hans (rechts) überlebte im Berliner Untergrund und wurde später ein bekannter Entertainer. (Foto: DTM)

Fünf bis sechs Millionen Juden aus zahlreichen von den Nazis besetzten Ländern wurden während des Zweiten Weltkriegs in Vernichtungslagern und Gettos ermordet. Darunter waren mehr als 50 000 Berliner Juden, die ab 1941 mit der Eisenbahn in den „Osten“ deportiert wurden. In jahrelanger Arbeit gingen der Eisenbahnhistoriker Alfred Gottwaldt, Leiter des Fachgebiets Schienenverkehr des Deutschen Technikmuseums Berlin, und die Historikerin Diana Schulle von der Stiftung Neue Synagoge Centrum Judaicum Berlin der Frage nach, wie und von wem die etwa 650 Transporte aus dem damaligen „Großdeutschen Reich“ organisiert wurden, wohin sie gingen, wer die Deportierten waren und was aus ihnen wurde, so weit man das überhaupt ermitteln kann.

Das Ergebnis der wegen der schwierigen Aktenlage überaus komplizierten Untersuchungen in zahlreichen in- und ausländischen Archiven ist als neuer Abschnitt in der ständigen Ausstellung zur deutschen Eisenbahn-Geschichte im historischen Lokschuppen des Technikmuseums zu sehen und wird auch in dem Buch „Die ,Judendeportationen’ aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“ (marixverlag Wiesbaden 2005, 509 S., zahlr. Abb., 15 Euro) dokumentiert. Die Schautafeln, Fotos und Grafiken sind um einen vermutlich für diese Transporte verwendeten Güterwagen vom Typ G 10 angeordnet, den das Museum schon vor Jahren erworben hat. Neben Theresienstadt, Auschwitz und Treblinka werden zahlreiche weitere, heute kaum noch bekannte Deportationsziele genannt, und es wird auch über das Schicksal von Berliner Juden und solchen aus der Provinz Brandenburg berichtet. Zu ihnen gehören die Brüder Gert und Hans Rosenthal. Während Hans in einer Lichtenberger Laubenkolonie untertauchen konnte, die NS-Herrschaft überlebte und ein beliebter Entertainer im Rundfunk und Fernsehen wurde, ist sein jüngerer Bruder nach Riga verschleppt und dort erschossen worden. Dokumentiert werden als Beispiel für viele ähnliche Schicksale in der Ausstellung auch Transporte nach Sobibór mit Kindern aus der „Israelischen Erziehungsanstalt für geistig zurückgebliebene Kinder“ in Beelitz und das Ende eines aus Lübben stammenden jüdischen Ehepaars. Julius und Minna Burchardi war 1942 mit anderen Leidensgenossen erst nach Warschau verschleppt und von dort in das Vernichtungslager Treblinka transportiert wurden, wo sich ihre Spur verliert.

Das Deutsche Technikmuseum Berlin, Trebbiner Straße, 10963 Berlin-Kreuzberg, ist Dienstag bis Freitag von 9-17.30 Uhr und am Wochenende von 10-18 Uhr geöffnet.

Helmut Caspar

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