An der Geburtsstätte von „Elektropolis“
Historische Bauten und Anlagen in Nieder- und Oberschöneweide dokumentiert


Das Fabrik- und Verwaltungsgebäude der Nationalen Automobil-Gesellschaft an der Ostendstraße wurde 1913 bis 1917 nach Plänen von Peter Behrens erbaut. (Foto: Landesdenkmalamt)

Das Berliner Landesdenkmalamt brachte kurz vor Jahresende und dem Umzug der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) nach Oberschöneweide in der Schriftenreihe „Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland“ eine interessante Publikation über die historischen Wohn- und Wirtschaftsbauten sowie gärtnerischen Anlagen in den Ortsteilen Nieder- und Oberschöneweide des Bezirks Treptow-Köpenick heraus. Damit wird wissenschaftlich untermauert und durch viele Fotografien belegt, welche Schätze dieser Stadtteil im östlichen Berlin besitzt und wer an den Planungen und Baumaßnahmen mitgewirkt hat.

Landeskonservator Jörg Haspel weist im Vorwort auf die hohe Qualität vor allem der Industriearchitektur an der Oberspree hin. „Dank seiner außergewöhnlichen Denkmaldichte und seiner geschlossenen Überlieferung, aber auch aufgrund der unmittelbaren räumlichen und funktionalen Verknüpfung mit gleichzeitig entstandenen Wohnquartieren möchte man dem Band der Produktions- und Technikanlagen entlang der Oberspree den Rang einer industriellen Kulturlandschaft oder gar einer industriell geprägten Denkmallandschaft in der Großstadt Berlin zusprechen. Gelegen an der Oberspree, wurde die Industriekulturlandschaft nach der Reichsgründung (1871) durch Bauten und Anlagen der Berliner Großindustrie geprägt, vergleichbar mit Moabit oder Siemensstadt, wie Haspel schreibt. Die Gemeinden Ober- und Niederschönweide zählen zu jenen industriellen Gründungszentren, von denen der märchenhafte Aufstieg der deutschen Hauptstadt zur „Elektropolis“ und zur führenden Industriemetropole des Kontinents ausging.

Das Buch dokumentiert nach einer ausführlichen stadtgeschichtlichen Einleitung nach Denkmalgebieten geordnet und Straße für Straße die außergewöhnliche Denkmaldichte und die zum Glück trotz mancher Verluste und Abrisse immer noch erstaunlich geschlossene Überlieferung der Wohnquartiere und Versorgungseinrichtungen. Besonders die AEG errichtete unter der Leitung des Industriellen Emil Rathenau in Oberschöneweide einen ihrer Hauptstandorte und prägte damit den Ortsteil nachhaltig. Noch heute stehen hier viele imposanten Werkhallen und Verwaltungsbauten aus der Kaiserzeit, und es ist verdienstvoll, dass sie nun im Zusammenhang und Haus für Haus gewürdigt werden.

Das Buch verdeutlicht, welchen Nutzen der Ortsteil durch die enge Zusammenarbeit der AEG sowohl bei den Industriebauten als auch auf dem Gebiet des Wohnungs- und Siedlungsbaus sowie von Sozialeinrichtungen mit solch bedeutenden Architekten wie Peter Behrens, Jean Krämer und Ernst Ziesel gezogen hat. Der vom Landesdenkmalamt herausgegebene Band „Denkmale in Berlin - Bezirk Treptow-Köpenick, Ortsteile Nieder- und Oberschöneweide“ wurde von Matthias Donath (Historische Einführung und Baudenkmale) sowie Gabriele Schulz (Gartendenkmale) verfasst und erschien im Michael Imhof Verlag, Petersberg 2003. Das Buch hat 158 Seiten und zahlreiche Abbildungen und kostet 24,80 Euro (ISBN 3-937251-10-3).

Helmut Caspar

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