Stalin bleibt nicht unkommentiert -
Erklärende Tafeln für „goldene Worte“ im Treptower Ehrenmal geplant



Erklärungsbedürftig sind Stalins „goldene Worte“ zu Füßen des Rotarmisten im Treptower Ehrenmal. (Foto: Caspar)

Das Treptower Ehrenmal, das seit 1949 an die Befreiung Berlins und Deutschlands von der Naziherrschaft durch die Sowjetunion erinnert, zeigt nicht nur auf einem Grabhügel den stehenden Bronzesoldaten mit dem geretteten Mädchen auf dem Arm, sondern ist auch mit weiteren Skulpturen sowie Aussprüchen des sowjetischen Diktators Josef Stalin geschmückt. Jahrzehntelang hat kaum jemand an den in die Steinstelen eingemeißelten Zitaten aus Stalins „Reden über den Großen Vaterländischen Krieg“ Anstoß genommen. Erst seit dem Ende des zweiten deutschen Staates kann man kritisch über die Sinnhaftigkeit von Stalins Lobeshymnen auf die Partei – und damit auf sich selbst – und das von ihr zu Opferbereitschaft und Patriotismus angespornte Volk sprechen.

Vertreter von Opfern der stalinistischen Willkürherrschaft fordern seit Jahren die Entfernung der Sprüche des Diktators, der Millionen Menschen auf dem Gewissen hat. Da jedoch die im wahrsten Sinne „goldenen Worte“ in russischer und deutscher Sprache nicht entfernt werden können, weil das der Denkmalschutz nicht zulassen würde und das auch ein Abkommen zwischen der Bundesrepublik und der Russischen Föderation verbietet, sollen sie wenigstens im historischen Kontext erklärt werden, ist aus der für den Denkmalschutz zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zu erfahren. Das das Deutsch-Russische Museum in Karlshorst sei gebeten worden, bei der Abfassung der Texte behilflich zu sein. Museumsleiter Peter Jahn bereitet erklärende Tafeln sowohl zu den Aussprüchen als auch über das Bildprogramm der Gedenkstätte sowie über ihre Nutzung als Staatsdenkmal in der DDR und Bundesrepublik Deutschland vor. „Die Steinstelen sind in Wirklichkeit Sarkophage, ihre Reliefs und die Aufschriften bedürfen unbedingt der Erklärung, und die wird in den kommenden Monaten auch in Absprache mit der Botschaft der Russischen Föderation vorbereitet“, sagt Jahn und weist darauf hin, dass das Ehrenmal an der Straße des 17. Juni schon seit drei Jahren ergänzende Hinweistafeln besitzt, die von Besuchern gern gelesen werden.

Auch Berlins stellvertretender Landeskonservator Klaus von Krosigk, der unter anderem für die Ehrenmale für die Toten der Roten Armee an der Straße des 17. Juni, in Treptow und in Schönholz zuständig ist, hält es für sinnvoll und geboten, Stalins Sprüche und überhaupt die russischen Ehrenmale und Gräberfelder besser als bisher bekannt zu machen. Eine Absage erteilt der Denkmalpfleger allen jenen, die diese Erinnerungsstätten 60 Jahre nach Kriegsende für überholt halten und nicht mehr sehen wollen. Durch diese Art Entsorgung werde Geschichte weder erklärt noch bewältigt, ganz abgesehen davon, dass es sich um eingetragene Denkmäler handelt, die uneingeschränkt staatlichen Schutz genießen.

Helmut Caspar

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