Vergnügungen und Ehrgeiz -
Hatte August der Starke wirklich 300 Kinder?



August der Starke als „goldener Reiter“ in der Dresdener Neustadt. (Foto: Caspar)

Ende des 17. Jahrhunderts und im frühen 18. Jahrhundert gelangen deutschen Fürsten spektakuläre „Standeserhöhungen“. Drei Kurfürsten erreichten königliche Würden, und auch andere Potentaten schmückten sich mit neuen Titeln. Den Anfang machte Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen, als er sich 1697 zum polnischen König wählen ließ. Er war ein Bonvivant, wie er im Buche steht – lebenslustig, freigebig, ein Liebling der Frauen und in dieser Hinsicht nicht sehr wählerisch, und ausserdem sehr kreativ, was die Beschaffung von Geld für seine Mätressen, Schlossbauten und Juwelen betrifft.

August der Starke verfügte über außergewöhnliche Körperkräfte, war ein guter Reiter und sportlichen Spielen und Turnieren immer aufgeschlossen. Er soll sogar Hufeisen mit einer Hand zerdrückt und silberne Teller zusammen gerollt haben. Einer der engsten Vertrauten, Jakob Heinrich von Flemming, beschrieb seinen Herrn so: „Der König ist ein gut aussehender Fürst, der zu gefallen versteht und die Herzen jener gewinnt, die ihn sehen. Er ist kräftig und gesund geartet, und wenn er sich nicht allzu viel zumuten würde, so könnte er auch ein hohes Alter erreichen…. Vergnügungen und Ehrgeiz sind die ihn beherrschenden Leidenschaften, aber nach dem Vergnügen verlangt er doch wohl noch stärker. Nur zu oft haben ihm seine Vergnügungen einen Erfolg verwehrt, aber noch nie hat er sich durch die Ambition bei einem Vergnügen stören lassen“.

Da August der Starke wohl auch als Liebhaber große Qualitäten besaß und nebeneinander und nacheinander etliche Damen seines Hofes oder besser gesagt seines Harems zu beehren pflegte, blieben Kinder nicht aus. Angeblich sollen es 300 Söhne und Töchter gewesen sein, sagt der Volksmund. Doch sind sich Historiker einig, dass es wohl nicht einmal ein Dutzend waren. Alles andere ist üble Nachrede vor allem von preußischer Seite, um den starken August als Sexmonster zu diskreditieren. Kinderreichtum war in Augusts Zeit nichts Ungewöhnliches. Zwanzig Nachkommen und mehr waren an der Tagesordnung, Doch da die Mütter- und Säuglingssterblichkeit sehr hoch war, erreichten viele Kinder das erste Lebensjahr nicht.

Mit seiner Gemahlin Elisabeth Christine zeugte August der Starke lediglich seinen legitimen Nachfolger; darin erschöpfte sich auch die spannungsreiche Ehe der beiden. Dieser Sohn Friedrich August trat 1733 das Erbe seines Vaters an und wurde sächsischer Kurfürst und polnischer König. Die anderen, mit adligen Damen und einfachen Bürgerstöchtern gezeugten Kinder waren von der Thronfolge ausgeschlossen. Zeitzeugen und Historiker loben, dass August der Starke seinen illegitimen Kindern, wie man sagte, eine ordentliche Erziehung zukommen ließ und sie auch gut verheiratet wurden. Einige Söhne glänzten auf hohen militärischen Kommandoposten.

Die Liaison Augusts des Starken mit der Gräfin Cosel wurde zum Politikum, denn die ebenso schöne wie raff- und machtgierige Dame, die ihrem Liebhaber zwei Mädchen und einen Jungen gebar, hatte es auf den sächsischen Thron abgesehen, und auch sonst mischte sie sich allzu sehr in Staatsgeschäfte ein. Anna Constanze von Hoym, genannt Gräfin Cosel, soll von August ein Heiratsversprechen bekommen haben. Doch als sie versuchte, es einzufordern, wurde sie zur Gefahr. August der Starken verbannte sie 1716 auf die Burg Stolpen, die sie bis zu ihrem Tod im Jahre 1765 nicht mehr verlassen sollte, obwohl ihr das nach Augusts Tod angeboten wurde.

Helmut Caspar

Mit "Zurück" zur Themenübersicht "Mythen der Geschichte"