Wer die Totenruhe stört, wird erschlagen -
Waren Archäologen vom Fluch des Pharao betroffen,
oder starben sie eines natürlichen Todes?



Eine goldene Maske bedeckte über 3200 Jahre
den Kopf des Tut-ench-Amun. (Repro: Caspar)

Im November 1922 ging eine Sensationsmeldung um die Welt. Ein unversehrtes Pharaonengrab, das des jung verstorbenen Tut-ench-Amun, sei im ägyptischen Tal der Könige von dem britischen Archäologen Howard Carter (1873-1939) entdeckt worden, angefüllt mit Goldschmuck und vergoldeten Wagen, aber auch Alltagsgegenständen, die ein solcher Herrscher für seine Reise ins Jenseits benötigt. Bald wurden die ersten Fotografien verbreitet, etwa wie sich Carter an der versiegelten Tür zur Grabkammer zu schaffen macht und vom Gewölbe, in dem der von 1358 bis 1349 vor Christus regierende Herrscher bestattet war. Offenbar waren Grabräuber hier vor langer Zeit gewesen sein und hatten die Vorkammer durchwühlt. Doch waren sie wohl nicht ins Allerheiligste, den Raum mit dem Sarg des von einer prächtigen Goldmaske geschützten Königs, vorgedrungen.

Um ein Haar hätte Carter das Grab nicht gefunden, denn sein Auftrag- und Geldgeber, Lord George Edward Carnarvon (1866-1923), hatte angesichts der bisher erfolgreichen Grabsuche die Geduld verloren. Die Fahndung sollte schon eingestellt werden. Carter erhielt eine letzte Frist - und wurde fündig.

Hätten Carter und Carnavon doch die Finger von dem toten König gelassen! Denn angeblich ging von ihm der „Fluch des Pharao“ aus. Das wenigstens wollte man aus unerklärlichen Todesfällen nach jener sensationellen Entdeckung heraus lesen. Mindestens dreizehn Personen, die mit der Entdeckung im Tal der Könige mittelbar oder unmittelbar zu tun hatten, sollen jenem Fluch zum Opfer gefallen sein, behauptete die damalige Sensationspresse und zitierte die Warnung auf einem in der Vorkammer des Grabes gefundenen Tontäfelchen „Der Tod wird mit seinen Schwingen erschlagen, der die Ruhe des Pharaos stört“. Dass die Inschrift nach ihrer Katalogisierung aus unerfindlichen Gründen verloren ging, erhöhte ihre geheimnisvolle Bedeutung.

Insgesamt waren zwanzig Personen bei der Graböffnung zugegen, dreizehn starben bald darauf eines scheinbar unnatürlichen Todes. Als erstes musste Lord Carnavon dran glauben. Er erlag bereits am 6. April 1923 an den Folgen einer wohl durch einen Fliegenstich verursachten Infektion. In seinen Fieberträumen soll er gemurmelt haben „Ich habe seinen Ruf vernommen, ich folge ihm“, womit wohl der tote Pharao gemeint war. Ein anderer Archäologe, der Amerikaner Arthur C. Mace, der Carter bei der Graböffnung geholfen hatte, klagte über zunehmende Schwäche, fiel in Ohnmacht und wachte nicht mehr auf. An hohem Fieber starben auch der amerikanische Milliardär George Jay-Gould und der englische Industrielle Joel Woolf, die sich die Grabkammer hatten zeigen lassen. Auch andere Todesfälle wurden mit dem Mythos vom rachsüchtigen Pharao in Verbindung gebracht. Dazu passt übrigens nicht, dass Carter erst 1939 starb. Forscher glauben, dass einige Opfer des angeblichen Pharaonenfluchs sich nicht vor giftigen Pilzsporen geschützt haben, als sie das Grabgewölbe betraten, und an den Folgen starben.

Helmut Caspar

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