Erst freuen, dann belehren -
Lesebuch zum 50-jährigen Bestehen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz



Klarer Publikumsmagnet ist das Pergamonmuseum auf der Berliner Museumsinsel mit den Resten des einst zu den Weltwundern gezählten Pergamonaltars.



Das vor einem Jahr nach langer Sanierung wieder eröffnete Bode-Museum auf der Museumsinsel zeigt frühchristliche Kunst und kostbare Bildhauerarbeiten vom Mittelalter bis zum späten 18. Jahrhundert. (Fotos: Caspar)

Als die Stiftung Preußischer Kulturbesitz vor 50 Jahren gegründet wurde, ahnte niemand, dass sie eines Tages in ganz Berlin zu Hause sein, ja dass ihre Bauten auf der Museumsinsel zum Weltkulturerbe erklärt werden würden. Mit dem jüngst vom Präsidenten der Stiftung, Klaus-Dieter Lehmann, herausgegebenen Jubiläumsband „Vogel Phoenix“ hat sich die Stiftung 2007 ein würdiges Geburtstagsgeschenk gemacht. Reich illustriert, gewährt der ausdrücklich als Lesebuch deklarierte Band interessante Einsichten in das Innenleben der Museen, Sammlungen, Bibliotheken und Archive und macht Lust, sie in natura kennenzulernen. Kunst- und Kulturhistoriker, Museologen, Archivare und Bibliothekare nehmen die Leser auf eine Reise durch die Ausstellungen und Depots und stellen ihre schönsten, manchmal auch mit vielen Sorgen behafteten Sammlungsstücke vor. Politiker, die das Geld für die Stiftung geben müssen, kommen zu Wort, und auch Förderer und Mäzene, die solches gewähren und einwerben, sind vertreten. Verschiedene Beiträge widmen sich der Stellung des Preußischen Kulturbesitzes im deutschen Kulturföderalismus, befassen sich mit Fragen der Hauptstadtkultur sowie der Pflege und Bewahrung des nationalen oder europäischen Kulturbesitzes. Breiten Raum nehmen in dem Buch die Entwicklung der Stiftung ein, die nach dem Zweiten Weltkrieg wie jener sagenhafte Vogel Phoenix aus der Asche aufstieg und zunächst mit dem Wiederaufbau beziehungsweise dem Neubau ihrer Häuser zu tun hatte und die aus alliierten Sammellagern zurückgekehrten Bestände neu ordnen musste. Wie nach der Wiedervereinigung 1990 die über die beiden Stadthälften verteilten Kulturgüter zusammen kamen und wie es aktuell mit der Rekonstruktion der einzelnen Bauten und Sammlungen voran geht, wird ebenso geschildert wie die Planung für das Humboldt-Forum, das in ein paar Jahren in Gestalt des alten Stadtschlosses die bisher im Berliner Ortsteil Dahlem befindlichen Sammlungen außereuropäischer Kulturen als Pendant zu den Schätzen der Museumsinsel aufnehmen soll.

Unter Hinweis auf die Maxime der Gründerväter der Berliner Museen und Sammlungen „Erst erfreuen, dann belehren“ stellt Stiftungspräsident Lehmann fest, sie seien keine ruhenden Inseln, sondern höchst produktive Widerstände im Strom der Zeit. „Ihre Glaubwürdigkeit beziehen sie aus ihrer Unabhängigkeit, ihre Innovation aus ihrer gewachsenen Tradition und ständig erneuerten Expertise, ihre Wirkung aus dem vitalen öffentlichen Interesse.“ Was die Brüder Humboldt im frühen 19. Jahrhundert nur als Konzept formuliert hätten, werde heute realisiert – Weltort für Kunst und Kultur zu sein. Es sei das Publikum, so Lehmann weiter, das die Aura der Kunst erleben will, die Widerstandskraft gegen das Triviale, etwas, das Bestand hat. Etwas, das es wert ist, hochgehalten zu werden, etwas, das Beachtung findet. In dem Schlusssatz des aus Altersgründen aus seinem Amt scheidenden Stiftungspräsidenten schwingt die Hoffnung, mit den Schätzen des über Jahrhunderte gebildeten preußischen Kulturbesitzes auch etwas gegen Verflachung und Mutlosigkeit zu unternehmen. Mit den auch in diesem prächtigen Jubiläumsband ausgebreiteten Informationen, den Zahlen und Fakten und auch den Bildern wird es noch mehr Gewinn bringen, sich auf eine Reise in ferne und doch so nahe Lebens- und Kulturwelten zu begeben, wie sie in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz versammelt sind.

Vogel Phoenix. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin University Press, Berlin 2007, 397 S., 48 farbige und 120 schwarzweiße Abbildungen, 48 Euro.

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