Gelehrte Pflanzstätte in der Uckermark -
Vor 400 Jahren wurde das Joachimsthalsche Gymnasium als brandenburgische Fürstenschule gegründet



Im Joachimsthalschen Gymnasium wurden junge Männer auf das Studium an der Universität vorbereitet. Der Stich aus dem frühen 17. Jahrhundert zeigt die um eine Kirche gruppierten Schul-, Wohn- und Wirtschaftsbauten. (Repro: Caspar)

Vor 400 Jahren wurde im uckermärkischen Joachimsthal vom brandenburgischen Kurfürsten Joachim Friedrich ein Gymnasium gegründet, das jungen Leuten eine gediegene humanistische und musische Bildung bot und ihnen den Weg zu einem Studium an der Landesuniversität Frankfurt an der Oder und an anderen Hochschulen ebnete. Hier ein vierteiliger Rückblick auf die wechselvolle Geschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums.

Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg, der 1598 auf den Thron gelangte, fasste 1601 den Plan, in Brandenburg nach dem Vorbild der berühmten sächsischen Fürstenschulen in Meißen und Pforta (Schulpforta) sowie dem Gymnasium Casimirianum in Coburg eine Eliteschule für begabte Knaben aus evangelischen Familien zu gründen. Mit Geistlichen und Gelehrten entwickelte der mit einer guten klassischen Bildung ausgestattete und um das Fortkommen seines Reiches besorgte Landesherr ein Konzept für die Schule, die von ihm persönlich am 23. und 24. August 1607 unter dem Namen „Gymnasium Electorale Brandenburgium in valle Joachimica“ im uckermärkischem Joachimsthal (Landkreis Barnim) eingeweiht wurde.

Das akademische Gymnasium, an dem die alten Sprachen, vor allem das Lateinische, sowie Theologie und Philosophie gelehrt wurden und an dem auch Musik und Gesang zu ihrem Recht kamen, sollte als gelehrte Pflanzstätte die zumeist aus bürgerlichen Familien stammenden Schüler auf ein Studium vorbereiten, das sie zu fähigen Dienern in Staat und Kirche macht. Die Zöglinge sollten „in Gottes Furcht, christlicher Wahrer Religion undt dan den vornehmsten nützlichsten Sprachen und freyen Künsten“ unterwiesen werden, um als grundgelehrte Leute in geistlichen und weltlichen Ämtern tätig zu werden, wie es in den Gründungsdokumenten für das Gymnasium hieß. Ziel war die „erhaltung und fortpflantzung reiner Lehr, und das heyl. Wort Gottes, auch heylsamer Justitz u. Gottseeligen ruhigen Ehrbahren Wehsens“. Wichtig war dem kurfürstlichen Stifter auch, „allerley Irrthum der Papistischen und Calvinischen Religion“ gegenzusteuern.

Standort der aus mehreren Gebäuden rund um eine Kirche bestehenden Schule in der Nähe eines kurfürstlichen Jagdschlosses war eine nicht mehr gebrauchte Glashütte mit einigem Nebengelass. Der reichliche Landbesitz, der der Schule und einem ihr angeschlossenen Alumnat, also einem Internat, zur Verfügung stand, sowie Legate und andere Zuwendungen bildeten die wirtschaftliche Grundlage für den Lehrbetrieb, die Unterbringung der Zöglinge sowie für die Bezahlung der Professoren und der anderen Bediensteten und nicht zuletzt für den Aufbau einer eigenen Bibliothek, die im Laufe der Jahrhunderte große Bedeutung erlangte.

Ein Kupferstich aus dieser Zeit zeigt die großzügige Anlage, zu der nicht nur die Kirche sowie Schul-, Wohn- und Amtsgebäude gehörten, sondern auch ein Badehaus, ein Spielplatz, Schulgärten sowie eine Meierei und eine Brauerei. Deutlich wird außerdem, dass das von Palisaden eingezäunte kurfürstliche Gymnasium, zu dem auch ein Weinberg gehörte, von Morästen umgeben war.

Die 120 Schüler erhielten kostenlose Wohnung, Kleidung und Essen. Hinzu kamen 50 Pensionäre, die für ein mäßiges Schulgeld an den Unterweisungen teilnehmen konnten. Unterrichtet wurde nur in den oberen drei Klassen Tertia, Sekunda und Prima. Demzufolge mussten die Gymnasiasten bereits gediegene Vorkenntnisse mitbringen, um aufgenommen zu werden, ein Grundsatz, der auch die Zulassungsregeln bestimmte, als das Gymnasium in Berlin beziehungsweise Wilmersdorf bei Berlin tätig war. „Dem Studium und der erzieherischen Arbeit kam das stille und vom städtischen Lärm unberührte Joachimsthal doch wohl entgegen“, schrieb Siegfried Joost in seinem inhaltsreichen Buch „Das Joachimsthalsche Gymnasium“ (1982), „denn die Vorstellung von der Ruhe und Abgeschlossenheit der einstigen Klosterschulen wirkte noch lange nach“. Das Leben im Schulbezirk sei einer strengen, die klösterlichen „horae“ nachvollziehenden Tageseinteilung gefolgt, an deren Einhaltung unablässig und pünktlich die Glocke vom Kirchturm mahnte.

Nach den Statuten nahm die Schule nicht nur Begüterte, sondern mit Absicht armer Leute Kinder im Alter von zwölf oder 13 Jahren auf, die dann vier bis fünf Jahre in Joachimsthal bleiben sollen. Unter ihnen sollten stets auch einige sein, die der „wendischen“ und polnischen Sprache mächtig sind, um sie später in den Kirchen der entsprechenden Landesteile verwenden zu können.

Helmut Caspar

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