„Gutes tun und nicht müde werden“ -
Unbekannte Facetten aus dem Leben der Königin Luise vorgestellt



Friedrich Wilhelm III. und Zar Alexander von Russland schwören 1805 am Sarg Friedrichs des Großen in der Potsdamer Garnisonkirche im Beisein von Königin Luise einander ewige Freundschaft. Bald schon gab es reichlich Gelegenheit, die Gültigkeit dieser Bekundungen unter Beweis zu stellen. Für Preußen begann damals eine Zeit der Niederlage und des Neubeginns. (Repro: Caspar)

Unlängst war beim Berliner Geschichtsfestival „Historiale“ viel von den Chancen die Rede, die preußische Reformpolitiker vor 200 Jahren nach der Niederlage im Krieg gegen Frankreich ergriffen haben, um den verknöcherten Staat von feudalen Fesseln zu befreien und ihm ein modernes, menschenfreundliches Gesicht zu geben. Bei den Bestrebungen, verkrusteten Strukturen aufzubrechen und der Mitmenschlichkeit mehr Raum zu geben, spielte die aus Mecklenburg-Strelitz stammende Königin Luise, die Gemahlin des recht zögerlichen und ängstlichen Königs Friedrich Wilhelm III., eine nicht unerhebliche Rolle. Im Jahre 1807 war sie an der Gründung einer nach ihr benannten Stiftung, dem Luisenstift, beteiligt. Heute ist das in Berlin-Dahlem ansässige Luisenstift die älteste Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung der Region Berlin-Brandenburg.

Nur vier Jahre später, 1811, gründeten Berliner Bürger im Angedenken an die ein Jahr zuvor gestorbene Königin die Königin-Luise-Stiftung, die sich mit der Erziehung von Jugendlichen bis auf den heutigen Tag beschäftigt. Ein Team junger Forscher arbeitet nun seit einiger Zeit – bis dato ohne finanzielle Unterstützung der Stadt Berlin oder privater Förderer – an der Aufarbeitung der Geschichte beider Stiftungen und hat unlängst im Archiv der Königin-Luise-Stiftung „fantastische Quellen“ gefunden, die noch nicht ausgewertet sind, wie Arne Krasting und Marcel Piethe, die Geschäftsführer vom „Zeitreisen - Veranstaltungs- und Projektmanagement Berlin“ erklären. „Die Briefe von Humboldt, Schadow und Iffland, aber auch Autographen von Friedrich Wilhelm III. und seiner Tochter, Zarin Alexandra Fjodorowna von Russland, vermitteln ein beeindruckendes Bild vom Gemeinsinn und Patriotismus in dieser schwierigen Zeit und zeigen, welchen Anteil die leider schon 1810 mit nur 36 Jahren verstorbene Monarchin daran hatte. Wir wollen diese in der Königin-Luise-Stiftung verwahrten Dokumente aufarbeiten, doch dafür fehlen der Stiftung die finanziellen Mittel, weshalb wir noch Förderer suchen.“ Es gehe um ein wichtiges Stück preußischen Kulturerbes, das es wert ist, der Forschung erschlossen zu werden, und es geht darum, dem Wissen um die Königin Luise weitere interessante Facetten hinzuzufügen, so Krasting.

Zu dem Thema liegt eine von Erik Lehnert und Marcel Pinthe unter dem Titel „Lasset uns Gutes thun und nicht müde werden - 200 Jahre Luisenstift“ herausgegebenes und mit vielen interessanten Fachbeiträgen versehenes Buch vor, das sich sowohl mit „Preußens Madonna“, wie man die Monarchin im Überschwang der Gefühle bisweilen nannte, als auch mit ihrem „Hang zum Wohltun“ befasst. Anhand von Archivunterlagen wird aufgezeigt, wie sich, gefördert auch von der nach der populärsten Preußenkönigin benannten Stiftung, in Preußen die Sorge um Arme, Kriegerwitwen und Waisenkinder entwickelte und welche Gebäude und Einrichtungen dazu eingerichtet wurden und heute genutzt werden. Der gut illustrierte Band vermittelt darüber hinaus Einsichten in das Innenleben des 1807 als „Institut der Liebe“ der Öffentlichkeit bekannt gemachten Luisenstifts. Es bietet einen Überblick über die Entwicklung der Jugendhilfe vom frühen 18. Jahrhundert bis heute und zeigt auch, welch Schindluder spätere Generationen mit der früh verstorbenen Königin von Preußen trieben. Das mit Geleitworten des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, des Bischofs Wolfgang Huber, des Berliner Bildungssenators Jürgen Zöllner und des Bezirksbürgermeisters von Steglitz Zehlendorf Norbert Kopp versehene Buch erschien im Lukas-Verlag Berlin, hat 169 S., zahlreiche Abbildungen und kostet 39,80 Euro (ISBN 978-3-86732-008-5).

Helmut Caspar

Mit "Zurück" zur Themenübersicht "Berlin und das Land Brandenburg"