Petrikirche unterm Asphalt
Archäologen graben Reste des mittelalterlichen Berlin aus



Die Heilige Gertrude auf der Gertraudenbrücke ein paar Schritte vom Petriplatz labt einen durstigen Wandersmann. In den kommenden Jahren soll der öden Gegend neues Leben eingehaucht werden.



Der Archäologe Wilfried Menghin erwartet von den Ausgrabungen auf dem Petriplatz interessante Aufschlüsse über das mittelalterliche Berlin. (Fotos: Caspar)

Die Gegend um die Breite Straße und die Brüderstraße ist, obwohl mitten in der Stadt gelegen, ein ziemlich trister Ort. Der Autoverkehr rauscht vorn vom Mühlendamm in die Getraudenstraße und die Leipziger Straße beziehungsweise umgekehrt, und im Vorbeifahren nimmt man den Petriplatz nur als ödem Parkplatz wahr. Dabei handelt es sich bei dem mehrere Fußballfelder großen Geviert um allerältesten Berliner Grund und Boden, viel zu wertvoll, um weiterhin mit Asphalt bedeckt zu werden.

In den kommenden Jahren soll der nur durch ein Straßenschild erkennbare Petriplatz im Rahmen des Planwerks Innenstadt mit neuen Wohngebäuden und Geschäftshäusern besetzt werden. „Hier entsteht ein attraktiver öffentlicher Raum mit urbanen Qualitäten. Er ist bestens geeignet, um Daten und Fakten Berliner Stadtgeschichte wieder erlebbar zu machen, und er wird die ganze Gegend aufwerten und spürbar beleben“, sagte die neue Senatsbaudirektorin Regula Lüscher beim ersten Spatenstich für die Ausgrabungen, die immer solchen Baumaßnahmen vorgeschaltet sind. „Die Dimensionen der neuen Wohn- und Geschäftshäuser werden sich nach den umliegenden dreigeschossigen Gebäuden richten. Keineswegs sollen sie Nachbildungen mittelalterlicher oder barocker Bürgerhäuser sein, wie man sie im Nikolaiviertel auf der anderen Seite der Spree findet“, so Lüscher.

Nach Beseitigung der Asphaltdecke werden Archäologen vom Landesdenkmalamt im Erdreich die Fundamente der im Zweiten Weltkrieg zerbombten und danach abgerissenen Petrikirche freilegen, die dem Platz den Namen gab. Sie erwarten wie schon auf anderen Grabungsstätten in der Umgebung mittelalterliche Keller und Gewölbe. „Goldschätze“ werden nicht dabei sein, dazu waren die Leute vom Petriplatz denn doch zu arm. Wohl aber hoffen sie auf stadtgeschichtlich aufschlussreiche Reste von Mauern und Brunnen, aber auch auf jede Menge Scherben und Metallgegenstände. Da es im Mittelalter üblich war, die Toten in und an der Kirche zu bestatten, rechnen sich die Ausgräber von der Auswertung der Bestattungen neue Informationen über Krankheiten und Lebensalter, auch über die von den Gräbern ablesbare soziale Zusammensetzung der Bewohner des Petriplatzes aus. „An dieser Stelle stand die Wiege Berlins, und das wollen wir zeigen, indem wir einige Fundamente und Fundstücke auch öffentlich präsentieren“, kündigte Manfred Kühne vom Landesdenkmalamt an. Wer will, könne bei den Grabungen zuschauen oder sich anhand einer am Bauzaun angebrachten Freiluftausstellung über das Werden und Vergehen des Petriplatzes sowie über die Pläne für seine Wiedergeburt vertraut machen.

Helmut Caspar

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