Den Opfern der T4-Aktion -
Gedenktafel in der Tiergartenstraße reicht nicht aus und soll ergänzt werden



Seit 1989 erinnert eine bronzene Gedenktafel unweit der Philharmonie an die Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie. Im Haus Tiergartenstraße 4 wurde der Mordplan ausgearbeitet und seine Erfüllung streng überwacht. (Foto: Caspar)

Sie galten den Nationalsozialisten als lebensunwert und wurden daher in abgelegenen Kliniken ermordet – unheilbar Kranke, Versehrte, Alte und Schwache, aber auch politisch missliebige Menschen. Hinzu kamen Menschen, die die Nazis für „rassisch minderwertig“ hielten und denen sie den so genannten Gnadentod gaben. An die Opfer der Euthanasie, einem griechischen Wort für „schönen Tod“, erinnert in unmittelbarer Nähe der Philharmonie im Berliner Bezirk Tiergarten eine in den Boden eingelassene Bronzetafel. An dieser Stelle stand das Haus Tiergartenstraße 4, die Zentrale des unter der Tarnbezeichnung T 4 geplanten und durchgeführten Massenmordes. Ihm fielen von 1939 bis zum Kriegsende 1945 fast 200 000 kranke und wehrlose Männern, Frauen und Kindern zum Opfer. Nach Protesten von katholischen und protestantischen Geistlichen wurde der von den Nazis als „Gnadentod“ bezeichnete Aktion an Erwachsenen eingestellt, bei Kindern aber bis Kriegende fortgeführt.

Die Bronzetafel am Platz der Philharmonie berichtet, dass die Opfer in den Gaskammern von Grafeneck, Brandenburg, Hartheim, Pirna, Bernburg und Hadamar starben oder durch Exekutionskommandos, Hunger und Gift ums Leben kamen. Täter seien Wissenschaftler, Ärzte, Pfleger, Angehörige der Justiz, der Polizei, der Gesundheitsverwaltungen gewesen. „Die Opfer waren arm, verzweifelt, aufsässig oder hilfsbedürftig. Sie kamen aus psychiatrischen Kliniken und Kinderkrankenhäusern, aus Altenheimen und Fürsorgeanstalten, aus Lazaretten und Lagern.“ Die Inschrift endet mit der für die deutsche Nachkriegsgeschichte beschämenden Feststellung, dass die Zahl der verurteilten Täter gering war.

In jüngster Zeit mehren sich Stimmen, die verlangen, dass der Euthanasieopfer nicht nur durch 3,16 mal 3,16 Meter große Gedenktafel gedacht wird, sondern ergänzend auf eine andere, besser sichtbare und eindringlichere Weise. Zudem wird betont, dass die von Volker Bartsch geschaffene und am 1. September 1989 eingeweihte Tafel immer wieder beschmiert und dadurch unleserlich gemacht wird. Erste Schritte für eine bessere Erkennbarkeit wurden bereits unter Federführung der Stiftung Topographie des Terrors unternommen. So wurden die Umrisse jenes Hauses mit blauer Farbe markiert, in dem die Mörder in der schwarzen SS-Uniform die T4-Aktion planten und brutal durchsetzten. Demnächst soll laut Topographie-Geschäftsführer Andras Nachama eine zusätzliche Tafel „mindestens in zwei Sprachen“ darüber informieren, was Euthanasie in der Nazizeit bedeutete und wer die Opfer des Massenmordes und die Täter waren. Zusätzlich will die Firma Wall AG ein Wartehäuschen mit weitergehenden Informationen aufstellen. Der Senat hat seine Unterstützung für die Ergänzungen zu der T4-Platte mit der Inschrift „Ehre den vergessenen Opfern“ zugesagt.

Helmut Caspar

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