Mit aller Macht zur Krone -
Vor 350 Jahren wurde der erste preußische König Friedrich I. geboren



Bronzedenkmal Friedrichs I. am Charlottenburger Tor in Berlin, das vor hundert Jahren errichtet wurde. (Foto: Caspar)

Der erste preußische König Friedrich I. war bei den Geschichtsschreibern und in der eigenen Familie nicht besonders beliebt. Der unmäßige Luxus an seinem Hof und die ruinöse Günstlingswirtschaft passten so gar nicht in das Bild, das die Hohenzollern von sich als treusorgende Landesväter und weitblickende Militärs malten. Besonders kritisch äußerte sich Friedrich II., der Große, über seinen Großvater. „Friedrich I. war prachtliebend und freigebig; aber um welchen Preis erkaufte er nicht das Vergnügen, seine Leidenschaften zu befriedigen?“ Bei seinem vernichtenden Urteil übersah der „Alte Fritz“, dass er es letztlich seinem Großvater verdankte, in der europäischen Königsklasse mitspielen zu können. Denn die Ende des 17. Jahrhunderts unter strenger Geheimhaltung vorbereitete „Erhöhung“ des brandenburgischen Kurfürsten zum König „in“ Preußen war die wohl wichtigste Leistung Friedrichs I., der 1688 nach dem Tod seines Vaters, des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, als Friedrich III. den Thron bestieg und sich nach seiner Königskrönung Friedrich I. nannte.

Als Friedrich vor 350 Jahren, am 11. Juli 1657, im Königsberger Schloss als Sohn des Großen Kurfürsten und seiner aus den Niederlanden stammenden Luise Henriette von Oranien, der Namensgeberin von Oranienburg, geboren wurde, wurde ihm prophezeit, eines Tages König zu werden. Allerdings gab es für diese Schmeichelei keinen realen Grund, war doch Friedrichs zwei Jahre älterer Bruder, der mit glänzenden Gaben ausgestattete Kurprinz Karl Emil, zur Thronfolge bestimmt. Nach dessen überraschendem Tod im Jahr 1674 rückte der wegen eines Unfalls in zartem Kindesalter etwas verwachsene, stets kränkliche Friedrich in der Thronfolge auf und erwies sich alsbald als machtbewusster und zielstrebig agierender Herrscher, dem Berlin einige Prachtbauten verdankt, und der auch die wirtschaftliche Konsolidierung seines Reiches voran trieb. Manches kann man diesem Kurfürsten und König nachsagen, aber eines steht fest: er verstand es, das arme Brandenburg-Preußen weitgehend aus den Kriegen seiner Zeit herauszuhalten. Vielleicht genoss er deshalb so wenig Achtung, weil er das Geld nicht für Kriegszüge verpulverte, sondern für rauschende Feste und prunkvolle Bauten.

Großen Einfluss als Erzieher hatte Eberhard von Danckelmann auf den jungen Prinzen, der wegen seiner Gebrechen alles andere als ein Draufgänger, sondern eher ein Stubenhocker und Bücherwurm und damit das ganze Gegenteil manch anderer Standeskollegen war, die sich als Kriegshelden, Waidmänner und Liebhaber schöner Frauen verausgabten. Danckelmann, der väterliche Freund, stieg unter Friedrich III. nach dem Thronwechsel 1688 zu höchsten Staatsämtern auf. Da er sich aber dem Wunsch seines Herren widersetzte und dessen Vorbereitungen für den Erwerb der Königskrone nur unwillig betrieb und ihm außerdem Sparsamkeit predigte, ließ ihn Friedrich III. fallen und verordnete ihm Festungshaft.

Der von den Berlinern wegen der Verwachsung aufgrund jenes Unfalls im Kindesalter auch „schiefer Fritz“ genannte Friedrich III. heiratete nach kurzer Ehe mit seiner Cousine Henriette von Hessen-Kassel, die schon 1683 starb, die braunschweigische Prinzessin Sophie Charlotte, die sich in der Lietzenburg, dem späteren Charlottenburg vor den Toren Berlins, einen Musenhof schuf. Nach ihrem Tod im Jahr 1705 ging Friedrich 1708 eine dritte Ehe mit Sophie Luise von Mecklenburg-Schwerin ein, die wenig glücklich verlief. Für den als Freund der Wissenschaften und Künste agierenden, als Kriegsheld aber unbedeutenden Kurfürsten von Brandenburg besaß die Erlangung der mit dem ehemaligen Ordensland Preußen an der fernen Ostseeküste verbundene königliche „Dignität“ (Würde) große Bedeutung. König im römisch-deutschen Reich zu werden, war für Friedrich nicht möglich, daher musste er sich außerhalb seiner Grenzen umtun - und hatte Glück. Preußen mit Königsberg als Hauptstadt war ein souveränes Herzogtum, das sich schon lange im Besitz der Kurfürsten von Brandenburg befand. Die Aufrichtung des neuen preußischen Königreichs sei eine der größten Begebenheiten dieser Zeit und eine Zierde des neuen Jahrhunderts, schrieb der Philosoph und Polyhistor Gottfried Wilhelm Leibniz, auf den auch die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften im Jahr 1700 zurückgeht. Das sahen andere Monarchen nicht so optimistisch, und so dauerte es längere Zeit, bis sie den Herrscher über die „Streusandbüchse“, wie man Brandenburg auch nannte, als König und als ihresgleichen anerkannten.

Die von Friedrich III. mit allen diplomatischen Mitteln betriebene Standeserhöhung lag im Trend, denn seit 1697 war der zum katholischen Glauben übergetretene sächsische Kurfürst August der Starke polnischer König, und Herzog Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg, seit 1708 Kurfürst von Hannover, strebte den englischen Thron an, den er 1714 als Georg I. bestieg, während der Herzg von Savoyen König von Sizilien und Sardinien wurde.

Um sein Ziel zu erreichen, beschäftige Friedrich ganze Stäbe von Rechtsgelehrten und Diplomaten, die das ehrgeizige Vorhaben nach allen Seiten abklopften und mit allerhand Tricks und Bestechungssummen beförderten. Denn letztlich musste Kaiser Leopold I. in Wien dem Vorhaben zustimmen, und dessen Votum war nicht für umsonst zu haben. Sicher hätte der Hohenzoller das Verfahren abkürzen können, wäre er wie sein sächsischer „Kollege“ zum katholischen Glauben übergetreten. Indes blieb Friedrich III. der reformierten Konfession seiner Väter treu. Für ihn stand fest, dass er seine Religion „umb alle Crohnen der Welt nicht verwechseln werde“. Lieber würde er das ganze „Werck“ fallen lassen und sich statt der irdischen mit der ewigen Krone begnügen.

Friedrich wusste die Schwierigkeiten für sich zu nutzen, denen sich das kaiserliche Reichsoberhaupt am Vorabend des Spanischen Erbfolgekrieg gegenüber sah. In diesem verlustreichen Ringen von 1701 bis 1714 ging es um die Besetzung des spanischen Throns durch einen Habsburger beziehungsweise einen Bourbonen. Friedrich stimmte den Kaiser gnädig, indem er ihm Soldaten „lieferte“. Und so verbluteten brandenburgische Bauern und Handwerker für ihren prestigesüchtigen Herrn auf fernen Schlachtfeldern oder zogen sich schwere Verletzungen zu, nur damit der sich mit „Majestät“ anreden lassen konnte. Natürlich wurde auch mit Bestechungsgeldern und teuren Geschenke politische Landschaftspflege betrieben. Und so bekam Friedrich III. vom Kaiser die Zusicherung „in Betracht des uralten Glanzes und Ansehens des Hauses Brandenburg und wegen der von dem jetzt regierenden Kurfürsten dem gemeinen Wesen bisher geleisteten großen Dienste .... eine solche wohlverdiente Dignität dem Kurfürsten beizulegen“. Der Kaiser verpflichtete sich auch im Namen seines Sohns, den Kurfürsten von Brandenburg „wegen des Herzogtums Preußen“ als König ehren zu wollen. So konnte am 18. Januar 1701 im fernen Königsberg die überaus pompöse und teure Krönungszeremonie stattfinden.

Die neue Würde war Friedrich wichtig, weil sie auch seine Stellung im römisch-deutschen Reich festigte. „Wan ich die Königliche Dignitet auf meine Brandenburgische Lande nehmen will, so bin ich kein souverainer König sondern ein Lehn König und werde ich deshalb mit dem gantzen reich zu thun haben und bekommen, wan Ich aber wegen Preußen die Königliche Dignitet annehme, so bin ich ein idepedanter" (unabhängiger) "König“, schrieb Friedrich. In Machtfragen unerbittlich, stellte er fest, solange er nicht mehr als Kurfürst ist, „opponiret man Mihr allemahl“. Die Königskrone würde demnach die Stellung ihres Trägers gegenüber etwaigen Kontrahenten außerhalb seiner Landesgrenzen, aber auch an seinem eigenen Hof erheblich stärken.

Der erste preußische König starb am 25. Februar 1713, knapp 56jährig. Er erlebte noch die Geburt seines Enkels Friedrich am 24. Januar 1712. Dieses Datum macht 2012 zu einem Jubiläumsjahr. Schon jetzt bereiten die Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Ausstellungen und Publikationen vor, in denen sicher auch von Friedrich I., dem vor 350 Jahren geborenen ersten Preußenkönig, die Rede sein wird.

Helmut Caspar

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