Heute arbeiten und morgen leben -
Neue Ausstellung des Deutschen Historischen Museums schildert den Alltag in der DDR



Zum Alltag in der DDR gehörte auch Staatskitsch wie dieser Porzellanteller mit Honecker-Bildnis. (Foto: Caspar)



Nach dem Ende der DDR hatten auch deren Symbole nur noch Schrottwert. (Repro: Caspar)

Die DDR hatte etwa 17 Millionen Einwohner und ebenso viele Schicksale. Eine neue Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin unter dem Titel „Parteidiktatur und Alltag in der DDR“ mit Bildern und Dokumenten hält belustigende und makabre Erinnerungen an den zweiten deutschen Staat wach. Die bis 29. Juli laufende Ausstellung im Pei-Bau hinter dem Zeughaus Unter den Linden geht anhand von Bildern, Dokumenten und vielen Sachzeugen der Frage nach, wie es den Bewohnern der DDR gelang, ihren Alltag zu bewältigen und mit den politischen und ideologischen Zumutungen umzugehen.

In zwei Ebenen aufgebaut, schildert die Dokumentation, dass es neben der wirklichen, 1961 errichteten Mauer noch einen zweite, unsichtbaren Wall gab, den der Vorgaben und Forderungen durch die Politik, an die man sich mehr oder weniger genau hielt oder die man zu umgehen versuchte, was zu schweren persönlichen Konsequenzen führen konnte. Deutlich wird, dass die von Walter Ulbricht geführte SED bald nach Staatsgründung (1949) mit dem Versuch scheiterte, in der DDR nach sowjetischem Vorbild die Diktatur des Proletariats zu errichten. Die Folge dieser rigiden Politik waren der gescheiterte Volksaufstand 1953 und der sich anschließende Neue Kurs mit dem Versuch, die so genannten Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern und, später unter Honecker, die elende Wohnungssituation durch massiven Plattenbau zu verbessern.

Da die SED mit Heilsversprechen und massiver Hetze gegen den Westen bei ihren Untertanen keinen Blumentopf gewinnen und schon gar nicht die Fluchtbewegung stoppen konnte, wurde 1961 die Mauer erbaut. Auch zu diesem traurigen Kapitel wie überhaupt zum Thema Staatssicherheit und Grenzregime sind in der Ausstellung interessante Exponate vom Metallschrank mit Stasiakten über eine Sammlung von Uniformen bis zu einem Stück Mauer, zu sehen. Als Kontrapunkt wird das Kinderbetreuungs- und Erziehungssystem vorgestellt, und es wird auch geschildert, wie man Arbeit und Privates unter einen Hut brachte und dabei ganz gut zu leben verstand, vorausgesetzt man kam nicht den totalitären Ansprüchen von Partei und Staat ins Gehege.

Die Ausstellung verdeutlicht die große Schere zwischen den tagtäglich in den Medien, Schulen und den Betrieben verkündeten Utopien auf der einen Seite und dem Alltagsleben und der miesen Versorgung auf der anderen Seite, und sie zeigt auch, wie vor allem junge Leute die Frage nach dem Sinn des Spruches „Wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben“ dadurch beantworteten, dass sie der DDR den Rücken kehrten. Mutig geworden, gingen im Herbst 1989 Tausende auf die Straße und skandierten erst „Wir sind das Volk“ und bald auch „Wir sind ein Volk“. Was sich daraus ergab, ist allgemein bekannt.

Öffnungszeiten täglich 10 bis 18 Uhr, Eintritt 4 Euro, für Besucher unter 18 Jahre freier Eintritt; der Katalog mit 244 Seiten und zahlreichen Bildern kostet 14 Euro. Weitere Informationen im Internet unter www.dhm.de.

Helmut Caspar

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