Raffinesse & Eleganz -
Königliche Porzellane im Schloss Charlottenburg und im Potsdamer Neuen Palais



Aus der Manufaktur im französischen Sèvres stammt dieser im „griechischen Geschmack“ gestaltete Teller – zu sehen bis zum 4. November im Schloss Charlottenburg Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. (Foto: Ben Cohen)

Gleich zweimal kann man in Berlin und in Potsdam in die Wunderwelt historischer Porzellane eintauchen: Die Preußische Schlösserstiftung präsentiert bis zum 4. November im Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg Kostbarkeiten aus dem 19. Jahrhundert, die der amerikanische Sammler Richard Baron Cohen in mühevoller Sucharbeit zusammengetragen hat. Hingegen wird im Potsdamer Neuen Palais auf einer festlich gedeckten Tafel ein aus dem Besitz des preußischen Königs Friedrich II. stammendes Meißner Service gezeigt, das unlängst angekauft werden konnte.

Die von Cohen nach Charlottenburg entliehene Sammlung enthält Spitzenstücke aus den berühmtesten Manufakturen - Teller, Vasen, Schalen, Tassen, Kannen und andere prächtig bemalte, zum Teil auch vergoldete Schöpfungen aus der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin (KPM) sowie aus Sèvres und Wien. Sie waren, wie der für die Schau zuständige Kunsthistoriker Samuel Wittwer sagt, nicht für den allgemeinen Hausgebrauch bestimmt, sondern dienten als kaiserliche und königliche Staatsgeschenke an befreundete Herrscher. „Die Ausstellung zeigt, wie die Berliner Porzellane als eine Art Botschafter in alle Himmelsrichtungen geschickt wurden und für die von Friedrich dem Großen begründete Manufaktur warben. Umgekehrt macht die Auswahl aus der Sammlung Cohen deutlich, welche Einflüsse von außen auf die Gestaltung der Berliner Porzellane wirkten.“ Dieses auch durch Archivdokumente und Reiseberichte belegte gegenseitige Geben und Nehmen könne in der Ausstellung, aber auch in dem Katalog gut nachvollzogen werden, der im Hirmer-Verlag München erscheint.

Deutlich wird in der Schau mit dem verheißungsvollen Titel „Raffinesse & Eleganz“ der Stilwandel, den die europäische Porzellankunst um 1800 durchgemacht hat. Damals wurden antikisierende Motive beliebt, man experimentierte mit ungewöhnlichen Formen und Farben, imitierte kostbare Steine und Mineralien, orientierte sich an Skulpturen, antiken Vasen sowie Gemmen und Kameen der Griechen und Römer. Aufgrund internationaler Reisetätigkeit brachten die „Porzelliner“ neuartige Motive und Gefäßformen nach Berlin, und Besucher der KPM setzten die an der Spree gewonnenen Eindrücke in ihren eigenen Manufakturen genial um.

Wer Zeit und Muße hat, kann die Unterschiede zwischen dem Porzellan des Rokoko in der Zeit Friedrichs II. und dem aus der Zeit um 1800 und danach im Vergleich zwischen der Charlottenburger Ausstellung und dem Tafelservice und weiteren Schaustücken im Potsdamer Neuen Palais gut studieren. Das aus 155 Einzelteilen bestehende Ensemble stünde nicht in den Repräsentationsräumen des „Alten Fritzen“ sondern in einem anderen Museum oder bei einem Privatsammler, wären nicht Sponsoren helfend eingesprungen, denn die Stiftung hätte den Beitrag allein nicht aufbringen können. So aber wurde ein seinerzeit von Friedrich dem Großen inspiriertes Porzellanservice für den ursprünglichen Bestimmungsort, das Neue Palais, dauerhaft gesichert, und das allein ist ein Besuch in Potsdam wert.

Helmut Caspar

Mit "Zurück" zur Themenübersicht "Märkische und Berliner Schlössergeschichten"