„Schaut auf diese Stadt“ –
Osnabrücker Auktionshaus Künker eröffnete Repräsentanz in Berlin / "Medaillenbelustigungen" warben für Auktion und Ausstellung


Zu den Spitzenstücke Berliner Medaillenkunst der Barockzeit gehört die im Jahr 1700 von Raimund Faltz geschaffene Medaille auf die Erweiterung und Verschönerung der Haupt- und Residenzstadt von Berlin. (Foto: Katalog Künker 120, Nr. 2153)

Unmittelbar vor der World Money Fair Berlin, der weltweit größten Messe für alte und neue Münzen, Medaillen, Geldscheine und andere numismatische Zeugnisse, hat die Osnabrücker Münzenhandlung Künker Anfang Februar 2007 im Haus Poststraße 22 in Berlin-Mitte eine Niederlassung eröffnet. Firmeninhaber Fritz Rudolf Künker begrüßte zu der Feierstunde im historischen Nikolaiviertel gleich neben der Nikolaikirche und in Sichtweite des Ephraimpalais Geschäftsfreunde und Sammler, Mitarbeiter des Berliner Münzkabinetts, Mitglieder der Berliner Numismatischen Gesellschaft und viele andere Gäste. Vor 40 Jahren habe er an der Spree studiert, jetzt freue er sich, durch die Eröffnung einer Repräsentanz in der ersten Etage des 1845 gegründeten Kunsthauses Lempertz sagen zu können „Ich bin ein Berliner“, sagte der Auktionator und verwies auf die langjährigen guten Verbindungen zwischen seiner Firma und dem Berliner Münzkabinett, zu vielen in der Hauptstadt lebenden Sammlern sowie zur Berliner Numismatischen Gesellschaft, der er seit langer Zeit angehört.

Festredner des geselligen Abends war Dr. Wolfgang Steguweit, der am Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz für die Medaillen zuständig ist. Sein Thema „Berliner Medaillenkunst in Brandenburg-Preußen von der Renaissance bis zum Barock“ spielte in der von der Münzenhandlung Künker während der World Money Fair veranstalteten Auktion der Sammlung Hans-Wilhelm Wiebe eine Rolle, deren schönste Stücke in der Poststraße 22 für ein paar Stunden besichtigt werden konnten.

Indem Steguweit eingangs den legendären Satz von 1948 „Schaut auf diese Stadt“ des damaligen Berliner Bürgermeisters Ernst Reuter zitierte, warb er für einen Besuch der neuen ständigen Ausstellung des Münzkabinetts im Bode-Museum, ehemals Kaiser-Friedrich-Museum, in der brandenburg-preußische Münzen und Medaillen eine bedeutende Rolle spielen. In Berlin und Brandenburg-Preußen sei Medaillenkunst drei Jahrhunderte lang Fürstenkunst gewesen, abhängig vom Interesse oder Desinteresse des jeweiligen Monarchen an diesem Genre. Steguweits „Historische Medaillenbelustigung“, um den Titel einer numismatischen Zeitschrift der Barockzeit abzuwandeln, begann bei prächtigen, von Friedrich Hagenauer und Hans Schwarz geschaffenen Medaillen mit den Bildnissen der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts herrschenden brandenburgischen Kurfürsten Joachim I. Nestor und Joachim II. Hektor und endete bei Arbeiten des frühen 19. Jahrhunderts.

Die reich emaillierten, zu Auszeichnungs- und Geschenkzwecken verwendeten goldenen Gnadenpfennige mit Bildnissen weiterer brandenburgischer Kurfürsten aus dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundert, wie sie im Bodemuseum gezeigt werden, kamen im Barock aus der Mode, und statt ihrer ließ Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, seit seiner Thronbesteigung 1640 in wachsender Zahl großartige Medaillen auf wichtige Ereignisse aus dem Leben seiner Familie und zur Verherrlichung seiner militärischen und zivilen Leistungen prägen. Der durch seine Aufenthalte in den damals sehr fortgeschrittenen Niederlanden geprägte Monarch, eine „Lichtgestalt unter den Regenten des 17. Jahrhunderts“, wie Steguweit sagte, interessierte sich für Altertümer und für antike Münzen, und das mag ein Grund gewesen sein, weshalb er die „Histoire métallique“ förderte und talentierte Stempelschneider beschäftigte.

Auch der Sohn und – ab 1688 – Nachfolger des Großen Kurfürsten, Friedrich III., der sich nach seiner Krönung 1701 zum König „in“ Preußen den Namen Friedrich I. gab, wusste um die großartigen Möglichkeiten ausdrucksstarker Medaillen und holte den in Paris ausgebildeten Stempelschneider und Medailleur Raimund Faltz an seinen Hof. Dessen fein gearbeiteten Wachsmodelle mit Bildnissen meist gekrönter Häupter, die Medaillen mit Berliner Gebäuden und die im Jahr 1700 geschaffene großartige Ansicht der von einem Festungsgürtel umschlossenen Doppelstadt Berlin-Cölln mit ihren Vorstädten aus der Vogelperspektive gehören zweifellos zum Besten, was der 1703 leider viel zu früh verstorbene „Medailleur des Königs“, so Faltz’ offizieller Titel, hinterlassen hat. Nach dem Tod des prachtliebenden Königs Friedrich I. (1713) fiel unter seinem sparsamen und nur aus Militär orientierten Sohn, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., die Berliner Medaillenkunst auf den Stand von vor einhundert Jahren zurück und brachte nur Porträt- und Soldatenstücke zustande, die nur durch ihre ungewöhnlichen Dimensionen auffallen.

Erst unter Friedrich II., dem Großen, gab es bei den Medaillen einen gewissen Aufschwung. Sie wurden im Stil der Zeit vor allem zu propagandistischen Zwecken hergestellt, ohne dass der König an diesem Genre allzu großes Interesse gezeigt hätte, weil er sich mehr der Musik, Malerei und Baukunst hingezogen fühlte und in Medailleuren und Stempelschneidern nur Handwerker sah, die nicht mehr zu tun hatten, als seine Befehle wortgetreu auszuführen.

Wolfgang Steguweit schloss seinen mit viel Beifall aufgenommenen Lichtbildervortrag mit einem Blick auf die durch Künstler wie Abramson und Loos, Brandt und Posch geprägte Berliner Medaillenkunst des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, die in der neuen Ausstellung des Münzkabinetts, aber auch in der jetzt versteigerten Sammlung Wiebe eine große Rolle spielen. Dem Gastgeber des Abends, Fritz Rudolf Künker, und seinen Mitarbeitern wünschte der Redner einen guten Start in der Hauptstadt. Durch Verlagerung eines „Spielbeins“ von Osnabrück nach Berlin werde dort das numismatische Leben neue Impulse erhalten. Künker lud Sammler und solche, die es werden wollen, ein, sich im Rahmen von so genannten Expertentagen, deren Daten noch bekannt gegeben werden, in der neuen Dependance zu numismatischen Fragen beraten zu lassen.

Helmut Caspar

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