Der Arme Poet ganz aus Silber -
Maler Carl Spitzweg wird 2008 durch ein silbernes Zehn-Euro-Stück geehrt



Die skurrile Bilderwelt von Carl Spitzweg erfährt 2008 eine numismatische Ehrung. (Fotos: Klaus Kindermann/BBR)

Eigentlich war er gelernter Pharmazeut und Mitarbeiter einer Apotheke in Straubing, doch zog es ihn so sehr zur Malerei, dass er schon mit jungen Jahren seinen Beruf aufgab und sich ganz dieser Kunst widmete. Franz Carl Spitzweg (1808-1885), von dem hier die Rede ist, gilt als „der“ Maler des deutschen Biedermeier. Wenn an den Münchner Künstler im kommenden Jahr anlässlich seines 200. Geburtstages erinnert wird, dann stehen volkstümliche Bilder wie „Der Arme Poet“, „Der Bücherwurm“, „Ein Hypochonder“, „Der Briefbote im Rosenthal“ und viele andere meist kleinformatige Genreschilderungen, aber auch seine großartigen Landschaften im Mittelpunkt des Interesses. Und man wird Anlass haben, sein etwa 1500 Bilder umfassendes Oeuvre zu durchleuchten und es mit vielen neuen Erkenntnissen über den Maler und sein Werk der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Das 1839 gemalte Bild vom armen Poeten, der mit der Nachtmütze auf dem Kopf in seiner ärmlichen Dachkammer im Bett liegend vor sich hin dichtet, umgeben von einem Stapel Büchern und vor eindringendem Regen durch einen Schirm geschützt, ist das wohl bekannteste Bild dieses Künstlers. Für das silberne Zehn-Euro-Stück, das 2008 Spitzweg zu Ehren in München geprägt werden soll, gab es verschiedene Einsendungen, die die liebevoll-ironische Darstellung des sein eigenes Werk deklamierenden Dichters zum Vorbild nahmen. Das Preisgericht wählte das Modell von Hannes Dauer aus und bescheinigte ihm, er habe die Brüchigkeit der scheinbar heilen Welt des Biedermeier in zeitgemäßer Bildsprache künstlerisch herausragend erfasst. „Formal überzeugt die nach links offene dreieckige Freifläche mit Namen und Lebensdaten, die auch die Wertseite mit dem Adler auszeichnet. Der wie auf einer Bühne stehende Adler ist nicht nur ebenso originell wie würdevoll, sondern verstärkt auch die Aussage der Bildseite“. Weitere Einsendungen griffen das Motiv des „armen Poeten“ auf oder befassten sich mit Spitzweg, indem sie ihn malend an der Staffelei oder in Verbindung mit Gestalten aus seiner Bilderwelt darstellten.

Carl Spitzweg war Autodidakt; er eignete sich seine Fertigkeiten etwa durch das Studium der alten Holländer in der Münchner Pinakothek, aber auch auf ausgedehnten Reisen an. In jungen Jahren arbeitete er vor allem als Illustrator für satirische Zeitschriften wie die „Fliegenden Blätter“ oder „Nürnberger Trichter“. Unermüdlich malend und zeichnend, schilderte er mit seinen vordergründig ins Liebliche, ja manchmal fast Kitschige tendierenden Bildern sehr präzise und detailreich, dabei mit viel Humor die Welt der deutschen Kleinbürger vor und nach der 1848er Revolution ab. Dabei machte es ihm eine besondere Freude, das Tun und Treiben von Sonderlingen und Hagestolzen satirisch, aber nie verletzend aufs Korn zu nehmen. Bedeutende Persönlichkeiten oder geschichtliche Themen auf die Leinwand zu bringen und damit großen Ruhm zu ernten, wie es etwa seinem Zeitgenossen Adolph Menzel widerfuhr, war nicht seine Sache.

Bei seinen Reisen nach Prag, Venedig und Paris setzte sich Spitzweg mit Bildern und Malweisen von Eugène Delacroix und anderen Zeitgenossen auseinander und entwickelte einen unverkennbaren Stil weiter. Verwinkelten Gässchen, malerischen Häuschen und unaufgeräumte, mit Büchern voll gestellte Zimmer, aber auch Straßenszenen in fahlem Mondlicht oder Landschaften kurz vor dem Sonnenaufgang beweisen seinen virtuosen Umgang Themen und Farben, unterstreichen seine Phantasie und Beobachtungsgabe.

Spitzwegs Sache war es nicht, die Zeichen der Zeit, gar revolutionäre und umstürzlerische Themen auf die Leinwand zu bringen. Der ewige Junggeselle bevölkerte seine Bilder mit skurrilen Typen in den unglaublichsten Situationen und Ausdrucksweisen. Spitzweg liebte abgeschlossene Räume, aus denen seine Gestalten mit sich selbst beschäftigt sind oder auch sehnsüchtig hinaus ins Leben schauen Für seine Bilder brauchte er kein großes Atelier, für sie hatte er ein kleines Arbeitszimmer in seiner Wohnung. Als Bildträger verwendete der starke Raucher gern das Holz seiner Zigarrenkisten. Käufer seiner meist kleinformatigen Bilder waren gutbürgerliche Sammler, aber auch Kunstvereine und Galerien. Nach der 2007 geprägten Zehn-Euro-Münze zur Erinnerung an den Verfasser humoristischer Bildergeschichten und Maler Wilhelm Busch erinnert in kurzem Abstand ein zweites, Carl Spitzweg gewidmetes Silberstück an einen weiteren Künstler, dessen Werk noch mache Überraschung bereit hält.

Helmut Caspar

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