Nackte Helden wurden verspottet -
Marmorfiguren auf der Schlossbrücke werden gereinigt
und restauriert


Die 1847 bis 1854 aufgestellten Helden waren nicht jedermanns Sache und mussten sich manchen Spott gefallen lassen. (Foto: Caspar)

Eingerüstet und umhüllt von Plastikplanen, erleben die acht Figurengruppen auf der Berliner Schlossbrücke derzeit eine Verjüngungskur. Die fachlich vom Landesdenkmalamt begleiteten Reinigungs- und Restaurierungsarbeiten sollen Anfang Dezember abgeschlossen sein und kosten etwa 42 000 Euro. Die Maßnahme ist nötig, weil der carrarische Marmor, aus dem die acht Doppelfiguren bestehen, von saurem Regen und schädlichen Ablagen, aber auch von Mikroorganismen angegriffen ist. Die zwischen 1847 und 1854 geschaffenen Standbilder müssen mit Bürsten beziehungsweise unter Wasserstrahlen von Ablagerungen befreit, an einigen Stellen auch ergänzt werden, erklärt Restaurator York Riefel. Ist das geschafft, erhalten sie eine konservierende Schutzschicht, die auch die Oberfläche des Steins festigt. Da das nicht unter freiem Himmel geschehen kann, wurden die Figuren eingehaust. Zum Restaurierungsprogramm gehört ferner die Sanierung der Sockel, deren Fugen geschlossen werden müssen. Damit wollen die Steinrestauratoren verhindern, dass Regen- und Schmelzwasser in das Innere der Sockel dringt. Da die Schlossbrücke und ihr Figurenschmuck immer wieder von Sprayern attackiert wird, erhält das unter Denkmalschutz stehende Ensemble einen Anti-Graffiti-Schutz.

Von Karl Friedrich Schinkel konzipiert, ehren die Schlossbrückenfiguren die Helden der Befreiungskriege von 1813 bis 1815. Der Architekt sah in ihnen nach eigenen Worten eine „herrliche Erinnerung an den Kampf für Freiheit und Selbstständigkeit“, erlebte aber die Aufstellung der Marmorgruppen nicht, da er schon 1841 starb. In seinem Sinne haben namhafte Berliner Bildhauer jeweils vier eindrucksvolle Doppelstandbilder für die Postamente auf der nördlichen und südlichen Seite der Brücke geschaffen.

Als sie standen, mokierten sich Moralapostel darüber, dass einige der von antiken Siegesgöttinnen bekränzen Helden nackt sind. Angeblich würden solche Darstellungen der Moral der Berlinerinnen nicht zuträglich sein, behaupteten selbsternannte Kunstrichter und riefen wie der Historiker Leopold von Ranke dazu auf, das Nackte und Unsittliche und alles, was der Geschichte zuwiderläuft hinauszuwerfen. Zu dem Bildersturm kam es nicht, die Berlinerinnen und Berliner gewöhnten sich an den Anblick.

In den Jahren 1983 und 1984 kamen die seit dem Zweiten Weltkrieg abgebauten und deponierten Figuren im Rahmen eines Kulturgüteraustauschs aus dem damaligen Westteil der Stadt nach Ost-Berlin, wurden restauriert auf die Marx-Engels-Brücke aufgestellt, die seit 1990 wieder Schlossbrücke heißt. Im Wendejahr 1989 erhielten die Sockel ihre runden Reliefs zurück. Sie stellen Adler im Kampf mit Schlangen dar und symbolisieren die Befreiungskriege, mit denen die französische Fremdherrschaft beendet wurde.

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