Südländisches Flair am Bebelplatz -
Denkmalstiftung weihte Pergola am ehemaligen Palais
Kaiser Wilhelms I. ein




In frischen Farben strahlt die rekonstruierte Pergola, schon im kommenden Jahr soll sie mit Weinlaub begrünt werden. (Fotos: Caspar)

Sehnsucht nach dem Süden war ein Grund, weshalb die Hohenzollern in Berlin, Potsdam und anderen Residenzstädten italienisch bauen ließen. Neuerdings kann man diesen Hang im Herzen der Hauptstadt, am Bebelplatz, erleben. Dort hat die Stiftung Denkmalschutz Berlin die Pergola des ehemaligen Palais von Kaiser Wilhelm I. nach alten Fotos und Bauplänen originalgetreu rekonstruiert. Die Übergabe an die Humboldt-Universität, die den früheren Hohenzollernsitz sowie das frühere Bibliotheksgebäude nebenan, auch „Kommode“ genannt, als Juristische Fakultät nutzt, fand bei Musik und Feuerwerk am Vorabend des Tags der deutschen Einheit statt. In der Feierstunde betonte Christian Melcher, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stiftung, dass der 14 Meter breite, acht Meter hohe und sechs Meter tiefe Anbau ein Geschenk an die Humboldt-Universität ist. Die Holzkonstruktion verleihe der steinernen Strenge des früheren Opern- und heutigen Bebelplatzes südländisches Flair. Dieser Eindruck werde verstärkt, wenn die durch klassizistische Terrakottaköpfe verzierte Pergola im kommenden Jahr von wildem Wein begrünt wird.

An den Rektor der Humboldt-Universität, Christoph Markschies, gewandt, regte Melcher an, in einem der Räume hinter der bis in die zweite Etage des Alten Palais reichenden Pergola eine Ausstellung einzurichten. Sie könnte an die wechselvolle Geschichte des Gebäudes und an seinen prominentesten Bewohner, den preußischen König und ab 1871 deutschen Kaiser Wilhelm I., erinnern, der hier von 1837 bis zu seinem Tod 1888 gelebt und gearbeitet hat. Das Alte Palais, das in der Revolution von 1848 zum Nationaleigentum erklärt und so vor Schaden bewahrt wurde, sei ungeachtet der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und der völligen Neuorganisation der Innenräume in DDR-Zeiten ein einzigartiges Architektur- und Geschichtsdenkmal. In der kaiserlichen Residenz seien Entscheidungen von nationaler und internationaler Bedeutung getroffen worden, die es wert seien, dass man sich ihrer erinnere.

Christoph Markschies nahm mit großer Freude die Pergola von der Denkmalstiftung entgegen und reichte sie symbolisch an die Juristische Fakultät weiter. Der Vorschlag, das nun durch den mediterran anmutenden Anbau aufgewertete Eckgebäude Unter den Linden/Bebelplatz als Geschichtsort wieder ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, stoße in der Universität auf offene Ohren und werde demnächst Gegenstand eines Symposiums sein.

Helmut Caspar

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