Von der Provinz in die Zentrale -
Ausstellung in Potsdam über wechselvolle Beziehungen zwischen Berlin und dem Land Brandenburg seit 1871


Im spätbarocken Kutschstall am Neuen Markt in Potsdam ist bis zum 17. August die Ausstellung „Mark und Metropole“ zu sehen


Märkische Hinterlassenschaften sind gleich zu Beginn der Ausstellung aufgebaut. (Fotos: Caspar)

Die Beziehung zwischen Brandenburg und Berlin, zwischen Provinz und Zentrale war und ist wie jede Beziehung nicht frei von Spannungen und Rivalitäten, von Missverständnissen und Eifersüchteleien. Was sich auf diesem Gebiet seit der Reichseinigung von 1871 abspielte und wie die Dinge heute aussehen, schildert eine sehenswerte Ausstellung, die bis zum 17. August 2008 im Potsdamer Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte unter Titel „Mark und Metropole – Berlin-Brandenburg 1871 bis heute“ gezeigt wird.

Anlass der mit 500 Exponaten bestückten Schau im ehemaligen königlichen Kutschstall am Neuen Markt ist die Eröffnung des Märkischen Museums in Berlin vor genau einhundert Jahren. Die mit hochkarätigen Kunstwerken und manchem Kitsch, mit Alltagsdingen, Dokumenten, Gemälden, Grafiken, Plakaten und vielen anderen Stücken ausgestattete Präsentation beginnt denn auch mit einer Hommage an das Märkische Museum und einem Mann, dem man dort vor hundert Jahren einen speziellen Gedenkraum eingerichtet hat – Theodor Fontane. Mit seinen Romanen und den zunächst in der Presse, dann in dicken Büchern veröffentlichten „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ hat der Schriftsteller und kritische Zeitbeobachter wesentlich das Bild von märkischer Geschichte und den dort lebenden Adelsfamilien geprägt und vor über einhundert Jahren Heimatfreunde und Touristen animiert, sich, sozusagen auf seinen Spuren wandelnd, jene Bauten und Denkwürdigkeiten durch eigenen Augenschein neu zu erschließen.

Zwischen Berlin und der Mark Brandenburg gab es, so zeigt die Schau im Kutschstall, ein wechselseitigen Geben und Nehmen. Dargestellt werden die Gründe für die rasante Abwanderung der Bevölkerung aus dem platten Land in Richtung Berlin, denn da gab es für Männer und Frauen reichlich Arbeit und Wohnraum, wenn auch meist schlecht bezahlt und von miserabler Qualität. Ausführlich werden die Probleme der Versorgung der Reichshauptstadt durch das Umland mit Lebensmitteln und Baumaterial dargelegt, denn ohne diese schier unerschöpfliche Quelle hätte sich Berlin kaum zu seiner bereits um 1900 stattlichen Größe und Bedeutung entwickeln können. Da dergleichen viel Bürokratie erforderte, veranschaulicht die Ausstellung auch die Rivalitäten und Reibungsverluste der Verwaltungen untereinander.

Dass die Mark Brandenburg viele interessante Ausflugsziele für die Hauptstädter hatte und diesen Status heute unter anderen Bedingungen weiter hat, verdeutlicht die Schau am Potsdamer Neuen Markt ebenfalls. Zu ihren Höhepunkten gehören Dokumente für die keineswegs konfliktfreie, weil auch mit manchen Nachteilen und finanziellen Verlusten für die betroffenen Kommunen verbundene Bildung von Groß-Berlin am 1. Oktober 1920. Dabei wird deutlich, dass die Eingemeindung der bis dahin selbstständigen Städte Charlottenburg, Köpenick, Lichtenberg, Neukölln, Schöneberg, Spandau und Wilmersdorf sowie zahlreicher Landgemeinden und Gutsbezirke im Umland erst nach dem Ende der Monarchie 1918 möglich war und auch nicht ohne Blessuren vonstatten ging, Berlin mit seinen 4,3 Millionen Einwohnern aber hinsichtlich der Bevölkerungszahl nach New York und London den dritten Platz unter den größten Städten der Welt verschaffte.

Der letzte Teil der Ausstellung führt in die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs über die vom Kalten Krieg bestimmten Beziehungen zwischen Ost und West zu den neuen Chancen, die sich mit dem Fall der Mauer 1989 und der Wiedervereinigung für beide Bundesländer ergaben. Hier werden auch die Gründe aufgelistet, die für und gegen eine Fusion von Berlin und Brandenburg sprechen.

Zur Schau im Kutschstall erschien eine Begleitpublikation (104 S., zahlreiche Abb., 7,90 Euro). Die Ausstellung ist Dienstag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 5, ermäßigt 4 Euro. Anmeldungen zu Führungen unter 0331/6208550 und weitere Informationen im Internet unter www.hbpg.de.

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