Auferstanden aus Ruinen -
Das von Schinkel gerettete Kloster Chorin
feiert 750-jähriges Bestehen


Ohne Schinkels Einschreiten wäre vom Kloster Chorin kaum etwas übrig. Heute finden hier gut besuchte Sommerkonzerte statt. Der Kreuzgang im Kloster ist ein besonders schönes Zeugnis zisterziensischer Baukunst.


Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) wacht, ganz aus Marmor, in der Friedrichswerderschen Kirche in Berlin-Mitte. Die Staatlichen Museen zeigen hier Bildhauerkunst der Schinkelzeit. (Fotos: Caspar)

Die Gemeinden des Amtes Britz-Chorin im Landkreis Barnim feiern in diesem Jahr das 750-jährige Jubiläum der Gründung des Klosters Chorin. Hätte nicht im frühen 19. Jahrhundert der preußische Baumeister Karl Friedrich Schinkel darauf gedrungen, die zur Ruine verkommene Anlage zu sichern, gäbe es vielleicht nur noch wenige Mauerreste des im Jahr 1258 von den brandenburgischen Markgrafen Johann I. und Otto III. gegründeten Klosters. Seit der Reformation hatte man in die von den Mönchen verlassenen Ziegelbauten wenig investiert. Eingestürzte Dächer und zerschlagene Fenster berichteten von mangelhaftem Unterhalt. Außerdem waren Teile der Anlage als Steinbruch verwendet wurden, ein damals übliches Verfahren, sich auf billige Weise Baumaterial zu verschaffen. In den geweihten Räumen hatte ein Pächter sein Getreide gelagert, aus allen Luken schauten Kühe, Schweine und Pferde den Besucher aus Berlin an.

Von einer Inspektionsreise zurückgekehrt, schickte Schinkel 1817 seinen Vorgesetzten eine Denkschrift, die man als Gründungsurkunde der Denkmalpflege in Preußen ansehen kann. „Bei der Seltenheit solcher Denkmäler in dieser Provinz wird die Erhaltung eines solchen zur Pflicht“, betonte er und regte an, die Regierung möge „gefälligst“ veranlassen, dass dem Amtmann zu Chorin die Erhaltung aller Klosterbauten zur Pflicht gemacht wird. Natürlich leistete der an seine Ehre als Patriot erinnerte Pächter Widerstand. Die Umbau- und Entrümpelungskosten waren zu hoch, andere Ställe waren nicht vorhanden. Ein neuer Pächter ruinierte sich finanziell, als er den Auflagen der noch jungen preußischen Denkmalpflege nachkommen wollte. Ein Denkmalpflegegesetz, wie wir es heute kennen, gab es noch nicht, und auch staatliche Beihilfen und Steuererleichterungen waren unbekannt. Dennoch blieb Schinkels Appell nicht ungehört. Die Bauakten verzeichnen für die Jahre 1831 bis 1834 Reparaturarbeiten und später erste Restaurierungsmaßnahmen.

Schinkels Mühen um die Choriner Klosterruine stehen am Anfang der staatlichen Denkmalpflege in Preußen. Die Bewegung stand im Zeichen tiefgreifender Reformen, die Preußen im frühen 19. Jahrhundert nach dem Debakel von Jena und Auerstedt 1807, dem Frieden von Tilsit 1807 und den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 durchmachte. Im Umgang mit vielen Bau- und Kunstwerken konstatierte der aus Neuruppin stammende Geheime Oberbaurat Willkür, Unkenntnis, Sorglosigkeit und mangelndes „Gefühl für das Ehrwürdige dieser Gegenstände“. In den zu bildenden Denkmalbehörden sollten Baumeister und Künstler tätig sein, kein Schritt dürfe mehr ohne Rückfrage unternommen werden. Die wichtigste Aufgabe der Schutzdeputationen wäre, Verzeichnisse all dessen anzufertigen, was sich in ihrem Bezirk vorfindet, verbunden mit Vorschlägen für Erhaltungs- und Nutzungsmaßnahmen. An König Friedrich Wilhelm III. schrieb er 1815: „Bisher waren diese Gegenstände als solche, die nicht unmittelbar dem Staate Nutzen schafften, keiner besonderen Behörde zur Verwaltung und Obhut zugeteilt, sondern es wurde von den Regierungen, von der Geistlichkeit, oder von den Magisträten und Gutsherren, je nachdem sich eine oder die andere Behörde das Recht darüber anmaßte, zufällig und meistentheils ohne weitere Rückfrage höheren Orts entschieden.“ Zu häufig habe sich niemand gefunden, der ein „Gefühl für das Ehrwürdige dieser Gegenstände“ hatte und sie gegen die „Stürmenden“ verteidigte, welche um eines eingebildeten augenblicklichen Vorteil willen auf den Untergang manches herrlichen Werks hinarbeiteten. So sei es geschehen, dass unser Vaterland von seinem schönsten Schmuck so unendlich viel verlor, und es sei höchste Zeit, diese Entwicklung zu hemmen.

Schinkels Plädoyer für das Kloster Chorin und all die anderen Hinterlassenschaften aus grauer Vorzeit lag im Trend der Zeit. Man baute da und dort Ruinen auf oder malte sie wenigsten, wie es Caspar David Friedrich tat. Man sammelte alte Figuren und Steine, Fenster und Gitter. Weitsichtige Künstler, Beamte und Bürger mühten sich, zu retten, was zu retten ist. Denkmalbehörden, Heimatverbände und wissenschaftliche Gesellschaften, die hätten Druck machen können, waren im Entstehen. Der 1841 verstorbene Architekt erlebte nicht mehr, wie die Denkmalpflege in Preußen langsam an Boden gewann. Zum ersten preußischen Konservator wurde 1843 Ferdinand von Quast berufen. Der 1807 nahe Neuruppin geborene Architekt forderte, der „Sorge für die Erhaltung der im öffentlichen Besitz befindlichen Kunstdenkmäler eine festere Grundlage zu geben, die Kenntnis des Wertes dieser Denkmäler immer zu verbreiten und die zu ihrer Konservation und Restauration erforderlichen Schritte auf bestimmtere, mehr übereinstimmende und umfassende Prinzipien zurückzuführen, als dies alles nach den bisherigen Einrichtungen möglich war.“ Auch für Schinkels Landsmann waren - wie heute - Unwissenheit, Gewinnstreben, falsche Verschönerungssucht und kurzsichtiges ökonomisches Denken, das auf schnelle Erfolge ausgerichtet ist, die größten Feinde von Denkmalschutz und Denkmalpflege.

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