Edle Einfalt, stille Größe -
Heimatzeitschrift würdigt märkische Landbaukunst um 1800



Das zur Preußischen Schlösserstiftung gehörende Schloss in Paretz ist ein bemerkenswertes Zeugnis für die Blüte preußischer Schlossbaukunst um 1800. (Foto: Caspar)

Das preußische Königspaar Friedrich Wilhelm III. und Luise mochte es schlicht, doch elegant. Wenn sich die Hohenzollernfamilie vom höfischen Trubel in Berlin und Potsdam in das nahe gelegene Paretz zurück zog, stand dort ein im Vergleich zu ihren barocken Riesenschlössern bescheidenes Herrenhaus mit einigen Nebengebäuden zur Verfügung. Nach der Übernahme und Restaurierung des Anwesens im Landkreis Havelland durch die Preußische Schlösserstiftung kann man vor Ort erfahren, wie der König und die Königin samt Kindern vor 200 Jahren Erholung von der strapaziösen Etikette fanden und einfaches Landleben zelebrierten.

Beim Besuch des Paretzer Schlosses und weiterer Bauten ist viel von David Gilly die Rede. Der vor 200 Jahren, am 5. Mai 1805, verstorbene Geheime Oberbaurat und Lehrer an der Berliner Bauakademie hatte dieses berühmte Ensemble arrangiert, doch wird sein Name außerhalb der zu Ketzin gehörenden Gemeinde leider nur wenig genannt. Die Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ gibt Nachhilfeunterricht und schildert, was wir Gilly und einigen anderen mit Landbaukunst befassten Zeitgenossen zu verdanken haben.

Schon Friedrich der Große verlangte von den auf dem platten Land tätigen Baumeistern, sie mögen keine Paläste bauen, sondern brauchbare Schafställe und Wirtschaftsgebäude. Der Monarch stellte ihnen, wie Uwe Michas schildert, erfahrene Handwerksmeister an die Seite. Spätere Generationen fanden Arbeitsanleitungen im „Handbuch der Land-Bau-Kunst“, das David Gilly 1797 veröffentlichte, sowie in der 1799 gegründeten Berliner Bauakademie.

Von den seinerzeit überall in Preußen und speziell in der Mark Brandenburg errichteten so genannten Ökonomiebauten haben einige die Zeiten überdauert – Bauern- und Forsthäuser, Mühlen, Scheunen, Brauereien. Dazu kommen Kanäle und Brücken, aber auch Kirchen, Gutshäuser und Schulen. Sie wurden errichtet, als das Winckelmannsche Prinzip von „edler Einfalt und stiller Größe“ en vogue war. Nachfolgende Generationen allerdings haben die baulichen Werte verschmäht und vieles wieder abgerissen, deshalb stellen die erhalten gebliebenen Bauten wahre Raritäten dar, die gehegt und gepflegt werden müssen.

Die alle drei Monate erscheinende Heimatzeitschrift stellt bemerkenswerte Zeugnisse märkischer Landbaukunst vor und würdigt Baumeister, die heute kaum noch jemand kennt. Hans-Jürgen Rach etwa befasst sich mit dem Werk des Bauinspektors Johann Friedrich Colberg, von dem ein riesiger, schon lange leer stehender Getreidespeicher in Fürstenwalde im Landkreis Oder-Spree auf Erlösung aus dem Dornröschenschlaf wartet, und noch manch andere Bauten in der Gegend, in ihrem Wert verkannt, stehen. Speziell mit den baulichen Schönheiten und gestalterischen Raffinessen in Paretz befasst sich Marcel Piethe, und Karl Friedrich Hinkelmann macht mit den überregional kaum bekannten Bauten des preußischen Hofes in Bad Freienwalde bekannt. Von David Gilly errichtet, suchten in ihnen erst Friederike Luise, die Gemahlin des in zahlreiche Amouren verwickelten Königs Friedrich Wilhelm II., und nach 1900 der spätere Walther Rathenau Erholung. Von der ursprünglichen Ausstattung des Freienwalder Schlosses ist wenig erhalten, Rathenau hatte es innen und außen umgestaltet, den Rest erledigten Plünderungen nach 1945, aber immerhin blieb der Gilly-Bau stehen. Überdauert hat auch ein urtümlich anmutender Gutshof in Jühnsdorf im Landkreis Teltow-Fläming, dessen Bauten aus Feldsteinen gefügt sind. Dazu passend ruft Jan Feustel Anweisungen in Erinnerung, die Gilly für die Bearbeitung dieser Findlinge in jenem Handbuch von 1797 gegeben hat. Wer sich nach ihnen richtete, konnte sich selbst harten Granit gefügig machen und erhielt billiges Baumaterial, das nicht nur gut aussieht, sondern auch unvergänglich ist.

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