Von Michelangelo bis Einstein -
Wertvolle Handschriften in der Staatsbibliothek ausgestellt


In einem Brief dankte der Astronom Nikolaus Kopernikus 1541 einem Freund für Unterstützung seiner Forschungsarbeit.


Ulrich Bollert, der Urenkel von Ludwig Darmstaedter, und Ausstellungskuratorin Jutta Weber freuen sich über die bis 12. April laufende Handschriften-Ausstellung. (Fotos: Caspar)

Die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz erinnert mit einer kleinen, aber feinen Ausstellung an der Potsdamer Straße 33, nicht weit vom Kulturforum, an einen ihrer großen Freunde und Förderer, den Chemiker und Sammler Ludwig Darmstaedter. Vor genau einhundert Jahren hatte der Berliner Wissenschaftler und Fabrikant der damaligen Königlichen Bibliothek eine aus 280 000 Dokumenten bestehende Autographensammlung geschenkt und diesen wertvollen Bestand als dessen „erster Diener“ bis zu seinem Tod im Jahr 1927 betreut und publiziert, wie der Urenkel des Stifters, Ulrich Bollert, bei einem ersten Rundgang berichtete. Aus diesem wissenschafts- und kulturgeschichtlich hochbedeutsamen Fundus wurden für die bis 12. April laufende Ausstellung „Sternstunden eines Mäzens“ Briefe, Zeichnungen und andere Schriftstücke von 60 herausragenden Persönlichkeiten der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte aus fünf Jahrhunderten ausgewählt und in einem Katalog vorgestellt. In der Ausstellung sind zwar Darmstaedter fachlich nahe stehende Naturwissenschaftler und Techniker vertreten, doch da der Sammler auch Hinterlassenschaften von Potentaten und Politikern, Dichtern, Malern und Musikern erwarb, als diese noch preiswert zu haben waren, liegt diese Spezies ebenfalls in den milde beleuchteten Vitrinen aus.

In der in der Ausstellung sind unter anderem der Maler und Konstrukteur Michelangelo vertreten, der 1513 eine Quittung über den Erhalt von 100 Dukaten ausstellte, der Astronom Galilei mit einer 1634 geschriebenen Rechentabelle und der Weltumsegler Cook mit Bericht von 1776 über die Besichtigung von Schiffen für seine letzte Expedition und James Watt mit der Bitte an den an den englischen König um das Patent für seine verbesserte Dampfmaschine. Interesse verdienen auch ein Brief des französischen Kaisers Napoleon I. vom 12. Oktober 1806 über die Situation kurz vor der Schlacht bei Jena und Auerstedt oder die von Luigi Galvani im Jahr 1790 verfasste und mit Zeichnungen garnierte Schilderung seiner berühmten Froschschenkelversuche. Das von Wilhelm II. in schwungvoller Schrift verfasste Motto „Gott mit uns!“ erinnert daran, dass der Kaiser einer der großen Förderer der Berliner Museums- und Wissenschaftslandschaft und speziell der Staatsbibliothek war. Was sein Zeitgenosse Albert Einstein 1916 über den Ersten Weltkrieg dachte und welche Grundsätze Darmstaedters Unternehmerkollege Robert Bosch vertrat, ist in der Ausstellung ebenso nachzulesen wie man sich in Handschriften von Macchiavelli, Kopernikus, Kepler, Galilei, Wallenstein, Newton, Kant und Hegel, Alexander von Humboldt, Schinkel, Engels, Lassalle, Darwin, Schliemann, Nobel und vielen anderen vertiefen kann.

Die Ausstellung verdeutlicht nach Worten der Kuratorin Jutta Weber, wie wichtig privates Sammeln und bürgerschaftliches Mäzenatentum für die Entwicklung der 1661 vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm gegründeten und daher bald 300 Jahre alten Bibliothek war und ist. Darmstaedters Schenkung habe 9000 Namen und 23 000 Schriftstücke umfasst, sei aber Dank großzügiger Unterstützung des Sammlers nach 1908 auf 200 000 Schriftstücke und 45 000 Namen angewachsen und werde heute durch Übernahme von Nachlässen weiter ausgebaut.

Den Zweiten Weltkrieg hatte die Kollektion Darmstaedter im Kloster Banz überstanden. Während aber die Handschriften bis zur Wiedervereinigung in West-Berlin lagerten, befanden die dazu gehörigen Katalogunterlagen im Ostteil der Stadt. Erst nach der Zusammenführung der Staatsbibliothek Ost und West konnte der Bestand zusammengeführt und wissenschaftlich genutzt werden. Die Ausstellung ist montags bis samstags von 11 bis 19 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet; der Katalog kostet 15 Euro.

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