Die Habseligkeiten der Exilanten -
Was uns der „Hausball“ auf dem Bethlehemskirchplatz zu sagen hat





Für den bunt bemalten Hausball aus Kunststoff gibt es in Neukölln ein historisches Vorbild. (Fotos: Caspar)

Tausende Touristen bevölkern die Berliner Innenstadt, suchen entlang ausgetretener Pfade die bekannten Sehenswürdigkeiten auf. Wer durch die Seitenstraßen geht, kann manche Merkwürdigkeiten entdecken. Auf dem Bethlehemskirchplatz an der Mauerstraße im Bezirk Mitte steht, um ein Beispiel zu nennen, ein seltsames Gebilde, das zu Fragen herausfordert. Die elf Meter hohe, bunt bemalte Skulptur erinnert, so erfährt man auf einer Informationstafel nebenan, an die böhmischen Auswanderer, die aus Glaubensgründen im frühen 18. Jahrhundert aus dem katholisch geprägten Habsburgerreich nach Brandenburg-Preußen flohen und vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. mit offenen Armen aufgenommen wurden.

Die Künstler Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen ließen sich bei ihrem „Houseball“ (Hausball) von einem Relief auf dem Sockel eines 1912 enthüllten Bronzedenkmals dieses Monarchen im Böhmischen Dorf in Rixdorf, dem heutigen Neukölln, inspirieren. Dort trägt eine Frau ihre Habseligkeiten, zu einem Bündel geschnürt, auf dem Rücken. Das überdimensionierte Fluchtgepäck besteht aus Kunststoffmaterial und enthält allerhand Hausrat und Möbel. Es markiert jenen Platz, auf dem Friedrich Wilhelm I. die Böhmische Bethlehemskirche für die Einwanderer hatte errichten lassen. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, wurde die Kirchenruine 1963 beseitigt. Ihre in das Straßenpflaster eingelassenen Umrisse erinnern am ehemaligen Standort an das unscheinbare Gotteshaus für die Zuzügler, die sich nicht nur im damaligen Rixdorf, sondern auch in der preußischen Haupt- und Residenzstadt Berlin niederlassen durften und von den Hohenzollernkönigen mit manchen Privilegien ausgestattet wurden.

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