Geliebt, verehrt, verachtet, missbraucht -
Preußenstiftung bereitet 300. Geburtstag Friedrichs des Großen vor und restauriert Schlösser in Berlin und Potsdam



Das Neue Palais im Park von Sanssouci wird mit Blick auf „Friedrich 300“ aufwändig saniert und restauriert. (Foto: Caspar)

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg bereitet sich auf ein wichtiges Datum vor – den 300. Geburtstag von König Friedrich II., genannt der Große. Er wurde am 24. Januar 1712 geboren, und demzufolge ist 2012 ein zumindest für Historiker, Kunstfreunde und Preußen-Fans wichtiges Jahr. Dann nämlich wird mit zahlreichen Ausstellungen, Tagungen und Publikationen massiv an den Monarchen erinnert, der 1740 als Friedrich II. den Thron bestieg und 1786 starb. Schon zu Lebzeiten war der „Alte Fritz“, wie man den früh zahnlos gewordenen, gebeugt reitenden oder am Stock gehenden Monarchen nannte, eine Legende, ein Mann, der polarisierte und an denen man sich rieb. Der König von Preußen wurde geliebt und verehrt, er wurde gehasst und verachtet, und er wurde für alle möglichen Zwecke ge- und missbraucht. Nach seinem Tod am 17. August 1786 begann eine massive Heldenverehrung, die sich in der Kaiserzeit und dann in der Nazizeit bis ins Unerträgliche steigerte. „Dass Friedrich der Große von allen möglichen Regimes in Anspruch genommen wurde, wird ebenso Gegenstand der Veranstaltungen im Jubiläumsjahr sein wie seine Taten als Heerführer, Landesvater, Gesetzgeber, Musiker, Kunstfreund und Bauherr“, erklärte Jürgen Luh, der in der Preußischen Schlösserstiftung für die Koordination von „Friedrich 300“ zuständig ist, so die Kurzbezeichnung der für 2012 geplanten Geburtstagsaktivitäten.

Königlicher Übermensch
Friedrich II. wurde von der borussischen Geschichtsschreibung als Übermensch dargestellt, den wuchtige Schicksalsschläge weder brechen noch beugen können. Der in der Kaiserzeit einflussreiche Direktor der Preußischen Staatsarchive Reinhold Koser verglich den König 1912 in einer Rede zu dessen 200. Geburtstag mit einem „Schiff in geradliniger Fahrt“ und beschrieb ihn als einen Mann, der „nicht immer gleich erfolgreich, nicht überall in der Wahl seiner Mittel und Werkzeuge“ war, aber immer selbstbewusst, zielbewusst und stetig seinen Weg ging. Dieser Eindruck wurde bald nach dem Tod des Monarchen durch populäre Biographien und Bilder, Anekdotenbücher und in Schulbüchern betont. So prägte ein mit Holzstichen von Adolph Menzel geschmücktes, in vielen Auflagen verbreitetes Buch von Franz Kugler aus dem Jahr 1840 die Vorstellungen breiter Kreise von den Leistungen des Monarchen, und in der Kaiserzeit sorgten weitere Werke, an denen unter anderem die Preußische Akademie der Wissenschaften Anteil hatte, für neues Wissen über den König von Preußen. Die Wahrheitsliebe ging in der Kaiserzeit allerdings nicht so weit, dass man brisante Aktenstücke und Bekenntnisse veröffentlichte, die ein wenig schmeichelhaftes Licht auf Friedrich den Großen hätten werfen können. Die Politischen Testamente von 1752 und 1768 etwa wurden erst 1920, zwei Jahre nach dem Abgang der Hohenzollern, vollständig veröffentlicht. Wilhelm II., der sich als Nachfolger und Vollender Friederichs des Großen betrachtete und auch schon mal in friderizianischer Uniform posierte, hätte niemals zugelassen, dass das Licht auf sein Idol durch ungünstige Aussagen verdunkelt wird. Dafür sorgte schon die deutsche Linke, die in der Gestalt etwa des führenden Sozialdemokraten und Historikers Franz Mehring die Schattenseiten in der Biographie des Preußenherrschers untersuchte und ihm die Maske vom Gesicht nahm.

Zu Beginn der Nazizeit wurde der „Alte Fritz“ von Hitler und Goebbels beim so genannten Tag von Potsdam am 21. März 1933 und bei anderen Gelegenheiten zur Legitimation der braunen Diktatur instrumentalisiert. Zwölf Jahre hoffte die NS-Führung vergeblich auf eine „wunderbare Wendung“ im nicht mehr zu gewinnenden Krieg analog einem „Mirakel“ im Siebenjährigen Krieg, das Friedrich aufgrund eines Thronwechsels in Russland vor dem drohenden Untergang bewahrte.

In der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR wurde der König von Preußen aus unterschiedlichen Gründen mit Militarismus und Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Erst mit wachsendem Abstand zum NS-Staat und zum Zweiten Weltkrieg wurde der Blick auf den Monarchen klarer. 1980 wurde Unter den Linden in Berlin sogar das Denkmal des Königsaufgestellt, und 1986 hat man in beiden deutschen Staaten Friedrichs des Großen durch repräsentative Ausstellungen gedacht. Laut Jürgen Luh würden nach wie vor Legenden und lieb gewordene Mythen, die sich zudem noch gut vermarkten lassen, den Blick auf den König von Preußen verstellen. Sie zu durchschauen und eine differenzierte Wertung seiner Person und Leistungen vorzunehmen, sei ein Anliegen von „Friedrich 300“.

Neues Hohenzollern-Museum
Das Festprogramm zu Ehren des „Alten Fritz“ sieht nicht nur kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen vor, sondern auch Bau- und Restaurierungsmaßnahmen in den ehemaligen Königsschlössern in Berlin, Potsdam und Umgebung vor. In diesem Jahr soll das Schloss Schönhausen im Berliner Bezirk Pankow, in dem die Königin Elisabeth Christine, die Gemahlin des Großen Friedrich, lebte, nach umfassender Sanierung für das Publikum zugänglich sein und museal genutzt werden. Und auch das Schloss Charlottenburg, eine der Lieblingsresidenzen Friedrichs des Großen neben dem Schloss Sanssouci, wird weiter renoviert. Geplant ist hier die Öffnung bisher unbekannter Schauräume fürs Publikum und die Einrichtung eines Hohenzollernmuseums, in dem Gemälde, Skulpturen, Bücher und Dokumente auch zum Leben Friedrichs II. gezeigt werden sollen. Die Dokumentation knüpft auf neue Art an ein in den Wirren des Zweiten Weltkriegs untergegangenen Museums an, das dem hohenzollernschen Herrscherhaus gewidmet und im Berliner Schloss Monbijou untergebracht war.

Die größte Baustelle der Stiftung ist das Neue Palais im Park von Sanssouci, das sich der König nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) als repräsentative Residenz und als fürstliches Gästehaus hat bauen lassen. Von den Hohenzollern als Sommersitz bis zum Ende der Monarchie (1918) genutzt, ist der Bau mit Riesenkuppel teilweise stark renovierungsbedürftig. Um bis zum Fridericus-Jahr 2012 voranzukommen, erhält die Stiftung Sondermittel vom Bund.

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