Abriss des Schlosses ist unvergessen –
Ehemalige fürstliche Residenz Putbus auf Rügen wird 2010 zweihundert Jahre alt


Malte zu Putbus wurde 1817 vom preußischen König mit der Fürstenwürde begnadet. Das Marmordenkmal wurde 1859 von Friedrich Drake geschaffen.


Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg hat provisorich im Herzen von Putbus Aufstellung genommen. (Fotos: Caspar)

Putbus, die ehemalige Fürstenresidenz im Süden der Insel Rügen, bereitet sich auf seine Zweihundertjahrfeier 2010 vor. Es wird besondere Feierlichkeiten, Ausstellungen, Konzerte, Theatervorstellungen, Lesungen und andere Veranstaltungen geben, und es wird auch das eine oder andere über die Entwicklung des Ortes publiziert. In den ehemaligen fürstlichen Bauten im Schlosspark ist manches über die Geschichte der einheitlich mit weiß getünchten Häusern besetzten Stadt zu erfahren. Eine lange Allee, zwei große Plätze mit sternförmig abgehenden Straßen, ein klassizistischen Theater, das frühere Pädagogium als höhere Schule für die Söhne des rügenschen Landadels, zahlreiche Villen, Hotels, ein zur Kirche umgebauter ehemaliger Kursalon und andere Bauten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmen das Gesicht der Stadt, für deren Gestaltung der vom mecklenburgischen Großherzog Friedrich Franz I. geschaffene Badeort Heiligendamm bei Bad Doberan vorbildlich war.

Wer durch die Straßen von Putbus geht, findet an vielen Häusern Hinweise auf ehemalige Besitzer und Bewohner. Da und dort ist der Name des Stadtgründers, Wilhelm Malte zu Putbus(1783-1854), zu lesen. Aus einem dänisch-rügenschen Adelsgeschlecht stammend, hatte er zahlreiche Häuser in einheitlichem Stil errichten lassen. Etliche dieser klassizistischen Bauwerke wurden an Hofbeamte, Händler und Fabrikanten verkauft. Die gezielte und auch in den damaligen Gazetten mit der Aussicht auf manche Vergünstigungen propagierte Ansiedlungspolitik brachte der aufblühenden Stadt einigen Wohlstand. Doch damit nicht genug, die fantastische Lage machte Putbus zu einem beliebten Erholungsort. Dazu trug bei, dass Wilhelm Malte zwischen 1817 und 1830 im nahe gelegenen Lauterbach ein Badehaus mit kolossalen Säulen davor errichten ließ. Der Bau war notwendig geworden, nachdem ein ähnliches Haus in Putbus nicht mehr die vielen Erholungssuchenden aufnehmen konnte. In schneller Folge entstanden entlang der Küste weitere Ostseebäder, und jedes Mal hatten Mitglieder der Fürstenfamilie dabei ihre Hände durch Erteilung von Konzessionen und Überlassung von Grundstücken im Spiel. Dass diese Unternehmungen nicht uneigennützig, sondern gegen Pachten und Abgaben unterstützt wurden, wie man etwa beim Besuch des Ostseebades Sellin erfährt, versteht sich von selbst.

Schmerzlicher Verlust
Schmerzlich wird in Putbus der Verlust des fürstlichen Schlosses vor über 40 Jahren vermerkt. Die traurigen Umstände, die nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst zur Vernachlässigung und Ruinierung und dann zum Abriss des überaus prächtig eingerichteten Palastes mitten im Park führten, sind in Putbus auch heute präsent, denn der kommunistische Bildersturm nahm der ehemaligen Residenz die historische Mitte und Hauptattraktion. Offenbar passte das Schloss nicht in die politische Landschaft der frühen DDR, wo die Parole „Friede den Hütten, Krieg den Schlössern“ galt. Offiziell wurde die Maßnahme mit fehlenden Mitteln für Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten am Schloss begründet; in Wirklichkeit aber waren sie politisch motiviert. 1957 hatten der Rat des Bezirkes Rostock und das Ministerium für Kultur die Beseitigung beschlossen, erst 1964 war die Vernichtungsarbeit abgeschlossen. Proteste von Kunst- und Heimatfreunden sowie von Denkmalpflegern wurden von der SED-Führung unter Walter Ulbricht, auf deren Konto damals weitere Schloss- und Kirchenabrisse quer durch die DDR gingen, ignoriert. Was vor über 40 Jahren bis auf geringe Fundamentreste aufgegeben wurde und nicht mehr wiederkommt, wird auch beim Putbus-Jubiläum in zwei Jahren eine bedeutende Rolle spielen.

Erhebung in den Fürstenstand
Die offizielle Gründung des Residenzortes durch Wilhelm Malte zu Putbus im Jahr 1810 erfolgte in einer höchst unsicheren Zeit. Sie war geprägt durch die französische Fremdherrschaft, die auch in Norddeutschland ihre Spuren hinterließ. Graf Wilhelm Malte zu Putbus hatte 1807 als Untertan der schwedischen Krone erreicht, dass ihm König Gustav IV. Adolph die Fürstenwürde verlieh und damit seine Stellung in der damaligen Feudalhierarchie betonte. Erst 1817 wurde ihm von König Friedrich Wilhelm III. die preußische Fürstenwürde verliehen. Die Erhebung in den Fürstenstand war Ausdruck der Dankbarkeit, die der preußische König für Verdienste, die sich Wilhelm Malte als Militär und Politiker um die Krone erworben hatte. Die „Erhebung“ war für Wilhelm Malte und seine Familie so wichtig, dass sie auf dem Sockeldenkmal dargestellt wurde, auf dem das von dem Bildhauer Berliner Bildhauer Friedrich Drake geschaffene Standbild Wilhelm Maltes steht. Zu sehen ist, wie der Wilhelm Malte kniend vom König die Fürstenkrone erhält. Die beiden anderen Reliefs zeigen den Herrn zu Putbus als Militär in den Befreiungskriegen hoch zu Ross sowie den Architekten Karl Friedrich Schinkel mit seinen Künstlerkollegen, dem Bildhauer Bertel Thorwaldsen und den Maler Carl Wilhelm Kolbe. Schinkel weist auf eine Zeichnung des Jagdschlosses Granitz und deutet damit an, dass der Bau des Schlosses und seines Mittelturms von ihm, Preußens bedeutendstem Architekten, wesentlich beeinflusst wurde.

Wer Putbus besucht, sollte die wenige Kilometer entfernt gelegene Kirche in Vilmnitz nicht verpassen. Das gotische Gotteshaus unter dunklen Bäumen hat Bedeutung als Grablege des Putbusser Grafen- und Fürstengeschlechts. Großartige Grabmäler aus Sandstein mit stehenden Figuren hochadliger Damen und Herren erinnern an die Vorfahren von Wilhelm Malte zu Putbus, der nach seinem Tod am 26. September 1854 in der Fürstengruft zu Vilmnitz bestattet wurde. Weitere Mitglieder der Fürstenfamilie fanden im Mausoleum im Putbusser Schlosspark ihre letzte Ruhe.

Kurfürst hält Wache
An der Alleestraße in Putbus, dem Schlosspark mit den uralten Bäumen gegenüber, hat der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg – er regierte von 1640 bis 1688 – auf einem unbebauten Grundstück Aufstellung genommen. Bewohner und Besucher der ehemaligen Residenz werden sich fragen, was die riesige Sandsteinfigur eines brandenburgischen Herrschers auf der Insel Rügen sucht, doch gibt ein Blick in die Geschichtsbücher schnell Aufklärung. Denn überlebensgroße Sandsteinfigur bekrönte eine Granitsäule, die 1857 in der Gemeinde Neukamp ein paar Kilometer von Putbus entfernt zur Erinnerung an den Sieg der von Friedrich Wilhelm geführten Truppen über die Schweden im Jahr 1678 und die Eroberung der Insel Rügen aufgestellt wurde.

Dass der brandenburgische Kurfürst in der Tracht des 17. Jahrhunderts an der Hauptverkehrsstraße in Putbus Wache hält, hängt mit bisher noch nicht realisierten Plänen zusammen, das eindrucksvolle Denkmal zu restaurieren und wieder am alten Ort aufzustellen. Schaut man die Figur genauer an, so erkennt man ihren maroden, aber nicht hoffnungslosen Zustand. Beim Sandstein müssen umfangreiche Ausbesserungen vorgenommen werden, an vielen Stellen sind Substanzverluste zu bemerken, aber sie sind zu ersetzen. Das dem Kurfürsten aus der hoch erhobenen Hand gerissene Schwert wird sich erneuern lassen, und auch andere Schäden können von Steinrestauratoren kunstvoll behoben werden.

Das in der Art einer trajanischen Säule im Auftrag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. von dem Berliner Bildhauer Wilhelm Ludwig Stürmer nach Plänen des Architekten Friedrich August Stüler geschaffene Denkmal erinnert nicht nur an einen Krieg, den Kurbrandenburg zusammen mit Dänemark gegen Schweden führte und der 1678 zur zeitweiliger Vertreibung der schwedischen Soldaten von der Insel Rügen führte. Es unterstreicht auch den Machtanspruch Brandenburg-Preußens über Teile der norddeutschen Ostseeküste. In jenem Krieg konnten die relativ schwachen Besatzungen, die die Schweden auf der Insel Rügen stationiert hatten, zurück gedrängt und in die Flucht geschlagen werden. Allerdings währte die Freude an der Eroberung nicht lange, denn schon 1679 musste Kurbrandenburg im Frieden von Saint-Germain Vorpommern, und damit auch Rügen, an Schweden zurückgeben. Ungeachtet dessen blieb die Insel stets im Blickfeld der brandenburg-preußischen Dynastie, wie spätere Militäraktionen beweisen.

Die über 15 Meter hohe Säule mit der überlebensgroßen Kurfürstenfigur auf der Spitze konnte erst aufgestellt werden, nachdem Rügen samt Vorpommern mit Stralsund und Greifswald im Ergebnis des Wiener Kongresses 1814/15 dem Königreich Schweden abgenommen und Preußen zugeschlagen worden war. Von nun an wurde in Berlin bestimmt, was auf dem neu erworbenen Eiland und an der pommerschen Ostseeküste zu tun und zu lassen ist.

Das Säulendenkmal des Großen Kurfürsten bei Neukamp hat ein Pendant in Groß Stresow, das an die norddeutschen Eroberungen durch den preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. im Jahr 1715 während des Nordischen Kriegs erinnert. Die Königsfigur existiert, doch befindet sie sich in einem weitaus schlechteren Zustand als der Große Kurfürst. In Groß Stresow kann man zur Zeit nur den Sockel für die noch in stark beschädigten Einzelteilen zerlegte Säule betrachten, und es steht wie im Falle der Kurfürstenfigur in den Sternen, wann der Soldatenkönig seinen alten Platz wieder einnehmen kann.

Beide Ortschaften, Neukamp und Groß Stresow, sind Ortsteile von Putbus. Die Plätze, die beide Herrschersäulen einnehmen, markieren nicht nur Orte eines kriegerischen Geschehens vor langer Zeit, sie sind auch eine Reverenz an das in Putbus residierende Fürstenhaus, das mit den Hohenzollern befreundet war und als dominierende politische Kraft auf Rügen mithalf, preußische Politik zu verwirklichen.

Jede Spende ist willkommen
Wie aus der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Rügen zu erfahren ist und wie man auch auf einer Informationstafel an der Parkallee in Putbus lesen kann, gehören die Kurfürstensäule von Neukamp und das ähnlich gestaltete Königsmonument in Groß Stresow zu den herausragenden Zeugnissen preußischer Bildhauerkunst des 19. Jahrhunderts. Die mit Inschriften versehenen Granitsäulen und die Herrscherfiguren waren 1991 wegen ihres schlechten Zustands abgebaut und in einer Berliner Steinrestaurierungswerkstatt eingelagert worden. Beim Abbau der Figuren und ihm Transport in die Hauptstadt sowie später bei der Rückführung auf die Insel Rügen gab es manche Schwierigkeiten und Beschädigungen, die die geplante Restaurierung und Neuaufstellung weiter verkomplizieren und verteuern. Dennoch sind sich Fachleute über den historischen und künstlerischen Wert der Monumente einig.

Da sich beide Denkmäler in einem wenig vorzeigbaren Zustand befinden, wird für ihre Wiederherstellung um Spenden gebeten. Insgesamt werden die Restaurierungskosten für beide Säulen auf 800 000 Euro geschätzt, eine Summe, die die Möglichkeiten des Landkreises übersteigt. Denkmalpfleger sind zuversichtlich, dass der Plan gelingt und hoffen auf private Zuwendungen. Jede Spende, ob groß oder klein, ist willkommen. Wer den Wiederaufbau der beiden Preußensäulen unterstützen soll, kann dies auf die Kontonummer 3000 1636 Sparkasse Rügen, BLZ 130 510 42 (Kennwort Preußensäule), tun. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat zugesagt, für jeden Spenden-Euro einen weiteren aus ihrem Fonds zu legen.

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