Jetzt fehlt noch der Name des Architekten -
Neue Dauerausstellung erzählt die wechselvolle Geschichte von Schloss und Park Biesdorf direkt an der B 1



Wiederhergestellt nach alten Vorlagen ist die Freitreppe hinab zum Bisdorfer Schlosspark. (Foto: Caspar)

Wer von Ostbrandenburg über die Bundesstraße 1 nach Berlin fährt, kommt in Alt Biesdorf, einem Ortsteil des Bezirks Marzahn-Hellersdorf, an einem Park mit uralten Bäumen vorbei. Selten ist Zeit um auszusteigen. Doch wer es tut, lernt nicht nur den prächtigen Landschaftsgarten, sondern auch ein Schloss kennen, das es im wahrsten Sinne des Wortes in sich hat. Eine neue Dauerausstellung macht mit der Geschichte des Anwesens vertraut, welches eng mit der bekannten Industriellenfamilie Siemens verbunden ist. Seit 1994 wird das Schloss Verein BALL e. V. (Betreuung arbeitsloser Leute und Lebenshilfe in Berlin-Lichtenberg und Umgebung) genutzt. Als Kulturstandort mit Ausstellungen, Lesungen und Konzerten hat es im Bezirk und darüber hinaus einen guten Ruf.

Der Berliner Historiker Bernd Maether hat die mit vielen historischen Fotos und Dokumenten, Lageplänen und Bauzeichnungen versehene Ausstellung erarbeitet. Trotz langen Suchens in der einschlägigen Literatur und in Archiven ist es dem Spezialisten für brandenburgische Schlösser und Herrenhäuser bisher nicht gelungen herauszufinden, wer der Architekt des 1867/68 für den Rittergutsbesitzer Hans-Hermann von Rüxleben erbauten Schlosses war. Maether vermutet den Königlichen Baurat Heino Schmieden, kann es aber nicht beweisen, weil die alten Baupläne für die in der Art italienischer Turmvillen errichtete Anlage fehlen. Nach dem Fund mehrerer Fotos von der 1873 erbauten und in den 1950-er Jahren abgerissenen Villa Griebenow in Vetschau kann er stilistische Verbindungen zu Biesdorf ziehen und eine neue Spur verfolgen. Bei der Recherche tauchte auch das älteste bekannte Foto des Schlosses Biesdorf auf. Vermutlich entstand es um 1875 und zeigt zum ersten Mal die Westseite, die bis dahin unbekannten Architekturelemente und Teile der ersten Parkanlage. Selbstverständlich wird diese seltenen Bilddokumente in der neuen Ausstellung gezeigt und erläutert.

Ungeachtet vielfältiger Eingriffe ist das aus Schloss und Park Biesdorf bestehende Ensemble noch weitgehend im Urzustand erhalten. Was fehlte, konnte durch die Mühen der Berliner Bau- und Gartendenkmalpflege zurück gewonnen werden. Die Ausstellung zeigt, in welchen Etappen die Rekonstruktion verlief und was man dabei so gefunden hat. „Wir wollen mit der Dokumentation für diese Perle märkischer Schlossbaukunst und Gartengestaltung werben, denn es hat sich gezeigt, dass selbst Marzahner und Hellersdorfer sowie Bewohner des Umlandes kaum etwas davon wissen“, stellt der Historiker fest.

Um 1887 erwarb der Erfinder und Industrielle Werner von Siemens das Rittergut für 1,2 Millionen Mark, zwei Jahre später überließ er es seinem Sohn Wilhelm. Der veranlasste umfangreiche Umbauten und bewohnte das Schloss mit seiner Familie in den Sommermonaten. Wilhelm von Siemens führte ein Tagebuch, in dem wichtigen Besucher seines Schlosses genannt sind. Der jetzt von der B 1 zerschnittene Gutshof wurde nach neuester Landwirtschaftstechnik eingerichtet, überall gab es, wie konnte es bei einem Siemens anders sein, elektrisches Licht. Dass der Schlossbesitzer in seinem Park elektrische Fahrzeuge getestet habe, ist laut Maether ein Märchen. Verbürgt hingegen sind Flüge, die von einem nahe gelegenen Platz mit dem Ballon unternommen wurden.

In den vergangenen Jahren wurde das Schloss Biesdorf, das die Familie Siemens 1927 an die Stadt Berlin verkauft hatte, innen und außen renoviert und restauriert. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligte sich finanziell an der ehrgeizigen Aufgabe, ebenso die Stiftung Klassenlotterie, das Berliner Landesdenkmalamt und weitere Sponsoren. Es gelang, den klassizistischen Eingangsportikus, die Loggia mit der repräsentativen Treppe zum Garten hin und den Turm nach alten Bauplänen und Fotografien wiederherzustellen. In ferner Zukunft liegt noch der Aufbau des ehemaligen Obergeschosses, das nach dem Zweiten Weltkrieg bei einem Brand verloren ging. Mit ihm erhielte der ehemalige Sitz derer von Siemens sein repräsentatives Aussehen zurück, ist Maether überzeugt, doch sei das wegen der hohen Kosten noch Zukunftsmusik.

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"Märkische und Berliner Schlössergeschichten"