„Durch des Königs Gnade“ -
Heimatzeitschrift durchstreift die märkische Schlösserlandschaft



Im Pückler-Schloss in Branitz bei Cottbus ist die Ausstattung aus dem 19. Jahrhundert noch weitgehend erhalten. Ausgestellt sind hier auch zahlreiche Werke des Malers Carl Blechen.



Fürst Hermann zu Pückler-Muskau war ein großer Verehrer der Sängerin Henriette Sonntag. Ihr zu Ehren errichtete er im Muskauer Park eine vergoldete Büste: (Fotos: Caspar)

Brandenburg besitzt mehr als die königlich-preußischen Schlösser in Potsdam, Charlottenburg, Caputh, Glienicke, Königs Wusterhausen, Paretz und Rheinsberg. Wer das Land durchstreift, lernt weitere hochkarätige Adelssitze kennen, die aller Ehren wert sind. Die neueste Ausgabe der Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ macht neugierig auf die Vergangenheit und Gegenwart der Herrenhäuser in Baruth, Branitz und Muskau, Fürstlich Drehna und Neuhardenberg.

Marcel Piethe hat sich in der Residenz des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg in Neuhardenberg (Märkisch-Oderland) umgesehen. „Gratia Regis – Durch die Gnade des Königs“ steht in großen Buchstaben über dem Giebel, und in der Tat hatte Friedrich Wilhelm III. allen Grund, dem Namensgeber der Stein-Hardenbergschen Reformen vor 200 Jahren zu danken. Der König verlieh Hardenberg den Schwarzen Adlerorden und den Fürstentitel, und er „begnadete“ ihn mit dem Rittergut Quilitz samt weiteren Ländereien. Das in Neuhardenberg umbenannte Dorf hieß in DDR-Zeiten Marxwalde. Erinnerungen an den Staatskanzler und Reformpolitiker wurden aus ideologischen Gründen unerwünscht, sogar das fürstliche Wappen mit dem Eberkopf hat man zugebrettert. Jene Inschrift über dem Schloss wurde ebenfalls abgenommen. Marxwalde entwickelte sich zu einer Art sozialistisches Musterdorf mit einem NVA-Flugplatz nebenan. Piethe schildert, wie aus Quilitz erst Neuhardenberg und nach dem Zweiten Weltkrieg Marxwalde wurde und wie das Dorf, inzwischen ein Touristenmagnet der Extraklasse, wieder in Neuhardenberg umbenannt wurde. Zu erfahren ist, wer die wichtigsten Vertreter der Familie Hardenberg waren und was der Hitler-Attentäter Stauffenberg mit dem Grafen Carl-Hans von Hardenberg zu tun hatte..

Uwe Michas stellt das in den letzten Jahren sanierte und restaurierte Renaissanceschloss in Fürstlich Drehna (Dahme-Spreewald) vor und geht auf die Baugeschichte und die ehemaligen Bewohner ein. Zu ihnen gehörten die aus Italien stammenden Grafen zu Lynar. Einer von ihnen, Rochus Guerrin zu Lynar, war im 16. Jahrhundert Architekt und Schöpfer der Spandauer Zitadelle, ein anderer, Wilhelm Friedrich Graf zu Lynar, gehörte zum Widerstand gegen Hitler und starb am Galgen für Freiheit und Recht, wie eine Tafel in der Spandauer Nikolaikirche erinnert. Fast wäre das Schloss in Fürstlich Drehna nach 1945 kommunistischer Bilderstürmerei zum Opfer gefallen, wie viele andere märkische Schlösser auch. Man ließ es stehen, tilgte aber den Zusatz „Fürstlich“ aus dem Ortsnamen. Nach 1990 wurden erst der Name und dann mit großem Aufwand durch die Brandenburgische Schlösser GmbH das Schloss, ein Glanzstück in der brandenburgischen Kulturlandschaft, wiederhergestellt.

Wie Karl August von Hardenberg wurde auch Hermann von Pückler vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. in den Fürstenstand erhoben. Er war ein bunter Vogel in der Adelswelt des 19. Jahrhunderts und ein begnadeter Gartenkünstler und Schriftsteller dazu. Sein Wappen mit der Devise „Amor et Virtus – Liebe und Tugend“ ziert den Giebel des Pücklerschen Marstalls neben dem Schloss zu Branitz bei Cottbus, und mit diesem Herrensitz inmitten eines prächtigen Parks befasst sich Jürgen Walther. Der Fürst scheute keine Kosten und Mühen, um aus der Sandwüste ein Paradies zu machen. Sowohl in Branitz als auch in Muskau nördlich von Görlitz wird ausführlich an den fürstlichen Lebenskünstler und Gartengestalter erinnert. Die Schlösser und Landschaftsgärten sind so wertvoll und für die Architektur und Gartenkunst des 19. Jahrhunderts so wichtig, dass ihnen ein Platz auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO zuerkannt wurde.

Bliebe noch die ehemals sächsische Herrschaft Baruth (Teltow-Fläming), Sitz eines Grafengeschlechts, das 1888 vom 99-Tage-Kaiser Friedrich III. in den Fürstenstand erhoben wurde. Indem Jan Feustel den „Fürstensitz im Westentaschenformat“ vorstellt, erinnert er daran, dass die Herrschaft Baruth 1815 wie das halbe Königreich Sachsen an Preußen fiel, einen der Siegerstaaten im Krieg gegen das napoleonische Frankreich. Das hat den Neu- oder Beutepreußen wegen höherer Steuern und anderer Misslichkeiten überhaupt nicht gefallen. Fürst Friedrich zu Solms-Baruth und seine Nachkommen veranlassten Um- und Ausbauten am Schloss und in dem kleinen Städtchen Baruth. Dass einer aus der Familie zu den Widerstandskämpfern gegen Hitler wie Hardenberg und Lynar gehörte, hinderte die Bodenreformer nach dem Zweiten Weltkrieg nicht, sie zu enteignen und ihre baulichen Hinterlassenschaften zu missachten. Feustel rät, sich in der kleinen Residenz umzuschauen, deren Flair trotz mancher Verluste noch gut erkennbar ist. Wir dürfen hinzufügen, dass sich ein Abstecher in die nahe gelegene Glashütte lohnt. Der schon lange still gelegte Betrieb ist als technisches Denkmal erhalten und erinnert an einen ehemals hier florierenden Industriezweig, der in alle Welt lieferte. Im Übrigen bietet der Verlag ein Sonderheft mit Orts- und Personenverzeichnis der Ausgaben 1 bis 50 der Heimatzeitschrift „Die Mark Brandenburg“ für 7,50 Euro an.

Die Mark Brandenburg Heft 70: Fürstensitze, Marika Großer Verlag Berlin 2008, 40 Seiten, zahlr. Abb., 4 Euro (ISSN 0939-3676)

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"Märkische und Berliner Schlössergeschichten"