Stadtschloss, Palast, Humboldt-Forum -
Neues Buch über die Geschichte der 1950 abgerissenen Hohenzollernresidenz



Bei gutem Willen hätte die Kriegsruine – hier ein Foto aus dem Jahr 1947 – aufgebaut werden können. Nach dem Abriss kam auf die Freifläche eine Tribüne, an der Demonstration- und Festzüge an Ulbricht und Genossen vorbei liefen. (Repro: Caspar)

Die letzten Reste des 1976 eröffneten Palastes der Republik fallen; an seiner Stelle wird in den kommenden Jahren das Humboldt-Forum mit der Fassade des ehemaligen Stadtschlosses errichtet. Ausgangspunkt eines neuen, von Hartmut Ellrich verfassten Buches über Glanz und Elend des 1950 auf Befehl des damaligen SED-Chefs Walter Ulbricht und gegen Proteste von Kunst- und Architekturhistorikern, Denkmalpflegern und ganz einfachen Bürgern abgerissenen Schlosses ist ein Beschluss des Deutschen Bundestags von 2002, es wieder aufzubauen. Versehen mit der wiederhergestellten Barockfassade, jedoch mit neuen Innenleben, soll es als neuer Kulturstandort der Hauptstadt ihre „Seele“ zurückgeben. Diesem ebenso ehrgeizigen wie umstrittenen Vorhaben wurde der Palast der Republik geopfert, von dem nur noch wenige Betonbrocken stehen.

Ellrich stellt seinen Darlegungen eine bis zum Ende der Hohenzollernherrschaft 1918 reichende Chronik des Stadtschlosses voran und beschreibt, was sonst noch in der Umgebung der Residenz stand, die aus einer Mitte des 15. Jahrhunderts angelegten kurfürstlichen Burg hervor ging. Anhand von zahlreichen Fotos, Grafiken und Plänen veranschaulicht das Buch, wie das Schloss und einzelne seiner Wohn- und Repräsentationsräume aussahen, und wer die am Ausbau und der Ausgestaltung beteiligten Architekten, Maler und Bildhauer waren.

Das ebenso lesens- wie sehenswerte Buch geht im zweiten Teil auf die schweren Kriegsschäden und den Untergang des Schlosses ein und rekapituliert die bald nach der Wiedervereinigung begonnene Diskussion über das die Zukunft des Palasts der Republik und die Wiedergeburt des Stadtschlosses. In diesem Prozess spielte die Installation von 1993/4 eine große Rolle, mit der Wilhelm von Boddien und sein Schlossbauverein für den Wiederaufbau warben, und die den Betrachtern ein eindrucksvolles Bild vermittelte, wie das Stadtschloss in der Mitte der Stadt wirkt, wenn es denn aufgebaut werden sollte. Ellrich beendet das Buch mit Impressionen vom Abriss des Palastes der Republik ab 2006 und gibt einen Ausblick auf die künftige Nutzung der Humboldt-Forum genannten Rekonstruktion durch die Staatlichen Museen, die Humboldt-Universität und die Landesbibliothek. Computersimulationen geben eine Vorstellung von dem neuen Kulturstandort mit einer riesigen Kuppel obenauf. Ob der vom Autor genannte Baubeginn 2010 ist und das Werk bereits fünf Jahre später mit einem rauschenden Volksfest beendet sein wird, ist fraglich, schlittern wir doch gerade in eine schwere Wirtschaftskrise, die ein solches Projekt kaum unberührt lassen dürfte.

Hartmut Ellrich: Das Berliner Schloss. Geschichte und Wiederaufbau. Michael Imhof Verlag Petersberg 2008, 204 S., 220 Abb., 9,95 Euro (ISBN 978-3-86568-397-7).

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"Märkische und Berliner Schlössergeschichten"