Münzschätze als Geschichtsbücher -
Im Brandenburger Paulikloster kann man archäologische Fundstücke bewundern


Das wieder aufgebaute Brandenburger Paulikloster ist seit wenigen Wochen Archäologisches Museum des Bundeslandes Brandenburg.


In kleine Tücher sind Münzen eingewickelt, die mit Resten eines Tonkruges in der Ausstellung gezeigt werden. (Fotos/Repro: Caspar)

Zwei Jahre war es überfällig, doch jetzt sind die 14 Millionen Euro teuren Bauarbeiten im Paulikloster zu Brandenburg an der Havel beendet. Ein großartiges Archäologisches Landesmuseum, eingerichtet von Experten des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege, hat in dem mittelalterlichen Gemäuer seine Pforten eröffnet, und die öffentliche Aufmerksamkeit für diesen neuen Stern am deutschen Museumshimmel ist groß. Vergessen ist, dass die Eröffnung schon für 2006 geplant war. Doch sie verzögerte sich, weil die Ende des Zweiten Weltkriegs halbzerstörte und seit 2002 wieder aufgebaute Anlage, ein Highlight mittelalterlicher Backsteingotik, erst noch trocken gelegt werden musste, damit die kostbaren Exponate nicht leiden. Die nun fürs Publikum frei gegebene, chronologisch gegliederte Ausstellung wirkt wie ein aufgeschlagenes Geschichtsbuch. Etwa 50 000 Jahre Siedlungsgeschichte zwischen Elbe und Oder umfassend, beginnt sie mit den Hinterlassenschaften spätsteinzeitlicher Menschen vom Typ Neandertaler, die in der wald- und wasserreichen Gegend siedelten, und endet bei Fundstücken, die die Archäologen bei Ausgrabungen auf nationalsozialistischen Konzentrationslagern gemacht haben.

In der Mittelalter- und Neuzeit-Abteilung der neuen Ausstellung sind wertvolle Münzschätze ausgelegt, die in den vergangenen Jahren bei systematischen Ausgrabungen in den Altstädten, aber auch beim Bau von Straßen und Versorgungsleitungen entdeckt wurden. Nach der Wiedervereinigung erlebten Brandenburg und die anderen ostdeutschen Bundesländer einen großen Bauboom, der den Archäologen viel Arbeit bereitete und ihre Depots mit großartigen Funden versah. Wie alle anderen freigelegten Hinterlassenschaften unserer Vorfahren sind die Münzen aussagestarke Zeugnisse der Geschichte. Sie erzählen vom Zusammenleben unserer Vorfahren, vom Umgang mit Geld und Gütern, auch von Handelsverbindungen in ferne Länder. Hinter den oft in Töpfen und Krügen aufgefundenen, manchmal auch im Boden verstreuten Schätzen verbergen sich manche tragischen Schicksale. Häufig hatten die meist unbekannten Besitzer keine Gelegenheit, ihr über einen langen Zeitraum angespartes Vermögen zu heben, vielleicht weil sie krank waren und ihr Geheimnis mit ins Grab nahmen, oder weil sie einem Unglück oder Mord zum Opfer fielen. Besuchern der Ausstellung bleibt es überlassen, sich beim Anblick der sorgfältig restaurierten Münzen aus Silber und manchmal sogar aus Gold solche Schicksale auszumalen.

Zu den spektakulären Exponaten der Ausstellung gehört ein kleiner Goldfund, der Anfang September 2008 bei Ausgrabungen am Marktplatz zu Fürstenberg (Landkreis Oberhavel) ans Tageslicht kam. Wem die 18 aus den Niederlanden, England, Venedig, Spanien und aus Pommern stammenden Geldstücke und die sechs Goldringe gehörten, ist nicht bekannt. Da die jüngste Münze die Jahreszahl 1633 trägt, wird angenommen, dass der kleine Schatz im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) dem Boden anvertraut wurde. Besitzer könnte einer der damals marodierend durch die Lande ziehender Söldner gewesen sein, der sich in Fürstenberg klammheimlich seines Raubguts entledigt hat, aber nicht mehr dazu kam, es wieder an sich zu nehmen. Einige Goldmünzen sind zusammengerollt und könnten, auf einen Faden aufgereiht, Teil einer Halskette gewesen sein.

Der Fürstenwalder Münzfund, zu dem einige Fingerringe gehören, muss noch genauer bestimmt werden, hingegen sind andere in der Ausstellung präsentierte Schätze bereits erforscht und publiziert. Dazu gehören jene 143 in Lübben (Landkreis Dahme-Spreewald) vergrabenen Prager Groschen aus der Zeit der böhmischen Könige Wenzel II. und Johann. Für die nach 1300 in der königlichen Münze zu Kuttenberg (Kutna Hora) geprägten Silberstücke konnte man fünf Mastschweine kaufen. Weitaus größer ist der innere Wert eines Fundes, der je in der Prignitz gehoben wurde. Der Schatz von Dossow (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) besteht aus einem Doppeldukaten, 15 Dukaten, 198 ganzen Talern, 19 halben Talern und einem lübischen Halbstück. Während des Dreißigjährigen Kriegs und danach trieben marodierende Söldner ihr Unwesen. Sie betrachteten Mecklenburg und Kurbrandenburg als Durchzugsgebiet und richteten einen unbeschreiblichen Schaden an. Da im Dossower Fund als jüngste Münzen ein Zwoller Dukaten von 1652 liegt, muss er in einer Zeit versteckt worden sein, als heimkehrende Schweden nach dem Frieden von Münster und Osnabrück (1648) die Gegend unsicher machten. Erstaunlich ist es schon, dass jemand in der recht abgelegenen Prignitz ein solches Vermögen ansammeln konnte. Zusammengerechnet repräsentiert der größte bisher in der Prignitz entdeckte Schatzfund einen Wert von 242 Talern und vier Groschen. Wenn man bedenkt, dass ein Zimmermann zur Vergrabungszeit am Tag sieben Groschen verdiente und ein Paar Schuhe ab 18 Groschen zu haben war, stellt er ein beachtliches Vermögen dar. In der Ausstellung wird betont, dass jene 242 Taler das Vierfache des Jahresgehalts darstellen, das damals ein Organist erhielt. Ein recht bescheidenes Vermögen wurde unter einer Treppe der Marienkirche zu Herzberg (Landkreis Elbe-Elster) gefunden. Es besteht im Wesentlichen aus sächsischen Kippermünzen aus den frühen 1620-er Jahren und repräsentiert mit etwa 14 Talern den Lohn, den ein Zimmermann für zwei Monate Arbeit erhielt.

Eine aus fast 1400 Münzen bestehende Barschaft hatte ein sparsamer Bürger in Templin (Landkreis Uckermark) zusammengespart, doch genießen konnte er es nicht. Die Taler, Groschen und Pfennige sowie einige Goldmünzen waren im Dreißigjährigen Krieg vermutlich unter der Schwelle eines Wohnhauses versteckt worden, als die Stadt von fremden Truppen belagert und geplündert wurde. Alles in allem repräsentiert der aus Münzen aus den habsburgischen Landen, aus Sachsen und aus verschiedenen Hansestädten bestehende Schatz einen Wert von 55 Talern, 15 Groschen und vier Pfennigen. Zum Vergleich ist in der Ausstellung zu erfahren, dass die Stadt Templin 1632 einem Uhrmacher den Auftrag gibt, eine neue Kirchturmuhr zu bauen. Das kostete 55 Taler, hinzu kamen zwei Taler Trinkgeld.

Da man vor einigen hundert Jahren noch keine Sparkassen kannte, hat man sein Erspartes in Beuteln, Kästen oder Krügen gehortet und in unsicheren Zeiten aus Furcht vor Räubern und Soldaten, die oft beides in einer Person waren, vergraben oder eingemauert. Bisweilen gelangen Krüge und Münzen in die Hände der Archäologen, und wie solche Ensembles aussehen, wird in der Ausstellung am Beispiel eines 1999 in Hermsdorf (Landkreis Oberspreewald-Havel) entdeckten Münzfundes demonstriert, und auch bei anderen Schätzen blieben Behälter und Krüge beisammen. Ein Unbekannter hatte den Steinzeugkrug mit 933 groschenartigen Silbermünzen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in der Hermsdorfer Dorfkirche versteckt. Für das kleine Vermögen musste ein Handwerker ein Jahr lang arbeiten. In einem anderen Fall kann man gut erkennen, dass die Geldstücke in Stofflappen eingewickelt waren, Reste davon haben sich noch erhalten. Gut zu erkennen ist, dass die Silberstücke grün korrodiert sind.

Intensive Erdarbeit bringt bares Geld, das weiß jeder Bauer. Und manchmal kommen wahre Schätze ans Tageslicht. Diese Erfahrung machten Archäologen in der Nähe des Dorfes Plänitz (Landkreis Ostprignitz-Ruppin), als sie ungewöhnlich helle Erde untersuchten, die sich auf der dunklen Ackerkrume verteilte. Der Sand war an die Oberfläche gelangt, nachdem ein Bauer tiefer als sonst gepflügt hatte. Wie sich bei näherem Hinsehen zeigte, enthielt er zunächst nur wenige Silbermünzen. Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum (BLDAM) veranlassten nach dieser Entdeckung eine Notbergung und suchten das Gelände systematisch ab. So konnten insgesamt 601 Silbermünzen aus dem 11. Jahrhundert und weitere Metallgegenstände geborgen werden. Die mit Kreuzen und Punkten geschmückten Münzen, die vermutlich in einem schon lange vergangenen Leinenbeutel verpackt waren, sind so genannte Sachsenpfennige. Eine Sorte wurde vermutlich ab etwa 1060 in der Mark Meißen geprägt, eine andere Sorte dieser auch als Randpfennige bekannten Münzen entstand ab etwa 1065 im mittleren Saalegebiet. Nach Information des Berliner Münzfundexperten Burkhard Schauer konnte man für das Geld etwa 20 Schweine oder zwei Pferde kaufen. Da es in der damaligen Zeit in der Region, man möchte es kaum glauben, auch Sklavenhandel gab, entspricht der Wert des Plänitzer Schatzes etwa drei bis vier Sklaven. Die Rechnung ergibt, dass die Gefangenen nur halb so viel wert wie Pferde waren. Im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum wird der Fund als Glücksfall der Mittelalterarchäologie bezeichnet, wirft er doch neues, interessantes Licht auf eine über tausend Jahre alte Siedlung in der Prignitz. Wie die Münzen aus Mitteldeutschland in die entfernte Prignitz gelangten, ist nicht bekannt, wird aber mit intensiver Handelstätigkeit in Verbindung gebracht. Der Fund ist zudem ein interessanter Hinweis für die sich entwickelnden Ware-Geld-Beziehungen. Vor tausend Jahren musste man sich in der Prignitz noch mit fremder Münze behelfen, eigene Prägungen wurden erst zweihundert Jahre später hergestellt.

Etwas jünger als die in Plänitz entdeckten Sachsenpfennige sind die 1027 ganzen und 916 zerschnittenen Brakteaten, die 1965 und 1998 in einem Bauernhof in Pfaffendorf-Lamitsch (Landkreis Oder-Spree) freigelegt wurden. Von einigen brandenburgischen Denaren abgesehen, besteht die Fundmasse aus Niederlausitzer Brakteaten. Die jüngsten dieser silbernen Hohlpfennige wurden 1275 bis 1280 geprägt. Nicht nur das Mittelalter und die beginnende Neuzeit ist im Paulikloster durch Münzschätze vertreten, auch das 18. Jahrhundert ist durch jene 24 in Berlin, Breslau und Magdeburg geprägten Halbtaler mit dem Bildnis des preußischen Königs Friedrich II., des Großen, präsent. Die Silberstücke mit den Jahreszahlen 1750, 1751 und 1764 kamen bei Bauarbeiten im Kloster Chorin (Landkreis Barnim) ans Tageslicht und entsprechen dem damaligen Monatssold eines Infanterie-Leutnants der friderizianischen Armee. Die Gepräge entsprechen dem Graumannschen Münzfuß, den der Preußenkönig 1750 im Rahmen einer Münzreform einführte.

Das Archäologische Landesmuseum im Paulikloster, Neustädtische Heidestraße 28, 14778 Brandenburg an der Havel, ist täglich außer Montag von 10 bis 18 Uhr geöffnet, weitere Informationen unter www.paulikloster.de.

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