Archäologische Fenster im Neubaugebiet -
Architekten müssen sensationelle Funde bei ihren Planungen berücksichtigen


Fundstücke wie diese Keramiken sollen künftig mit einem Stadtmodell und anderen Schaustücken auf dem Petriplatz in einem kleinen Archäologiemuseum gezeigt werden.


Die vor dem Staatsratsgebäude entdeckten Fundamente des Dominikanerklosters sind es nach Meinung der Archäologen wert, dass man sie in das Untergeschoss des Humboldt-Forums einbezieht. (Fotos: Caspar)

Die derzeit auf dem Petriplatz nahe der Leipziger Straße und am Schlossplatz laufenden Grabungen übertreffen alle Erwartungen. Die Funde sind so sensationell und aussagestark, dass Architekten ihre Baupläne ändern müssen. Bei einem Besuch beider Grabungsflächen erklärte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, dass die Gewölbe und Mauern, die bei den Ausgrabungen zwischen Fischerinsel, der Breiten Straße und Scharrenstrasse beziehungsweise direkt vor dem Staatsratsgebäude freigelegt wurden, in die zu errichtenden Bauten einbezogen werden sollen. Geschichte soll mit Hilfe so genannter archäologischer Fenster erlebbar gemacht werden. Deshalb werden die Pläne für das neue Wohn- und Geschäftsviertel am Petriplatz, den die Berliner jahrzehntelang nur als unwirtlichen Parkplatz kannten, neu gezeichnet. Außerdem sollen die archäologischen Schichten des ehemaligen Dominikanerklosters, die die Ausgräber derzeit zwischen Staatsratsgebäude und Schlossplatz ausgraben, in den Bau des Humboldt-Forums einbezogen werden. An beiden Standorten sollen Besucher künftig direkt auf den Grund der Stadt, auf alte Gemäuer und Keller blicken können. „Unser Ziel ist es, im historischen Zentrum bisher verdeckte Schichten erlebbar zu machen. Auch wenn die Grabungen noch längst nicht abgeschlossen sind, ist schon jetzt klar, dass in beiden Flächen bauliche Zeugnisse von außerordentlicher stadtgeschichtlicher Bedeutung liegen, deren Erhaltung ein besonderes Anliegen von Stadtpolitik und -planung ist“, so Regula Lüscher.

Der Petriplatz, auf dem sich einst die mittelalterliche Petrikirche, eine Lateinschule und zahlreiche heute nur noch durch Mauerresten nachweisbare Wohnhäuser der ältesten Berliner erhoben, wird laut Senatsbaudirektorin in seinen historischen Konturen und begrenzt durch neue Baufelder als attraktiver öffentlicher Raum neu entstehen. So weit erhalten, sollen die archäologischen Spuren in die Platzgestaltung beziehungsweise in die Randbebauung einbezogen werden. An der Stelle des bisherigen Schnellstraßenkorridors noch aus DDR-Zeiten soll Schritt für Schritt wieder ein räumliches Gefüge aus Straßenräumen, Plätzen und Grünflächen sowie neuen Gebäuden entstehen, „das an die historischen Qualitäten des Ortes anknüpft, ohne historische Stadt zu simulieren“.

Durch Absenkung von Teilen des Petriplatzes sollen Besucher künftig direkt auf die Fundamente der Kirche blicken können, außerdem werden die Grundmauern der früheren Lateinschule in einen Neubau integriert. Gedacht wird außerdem an die Errichtung eines Turms oder eines turmartigen Zeichens an der Stelle, wo sich die Petrikirche erhob, um darauf hinzuweisen, dass hier die Wiege Berlins stand. Immerhin erfolgte die erste urkundliche Erwähnung der Doppelstadt Berlin-Cölln anno 1237 durch einen Geistlichen namens Symeon, der an der Petrikirche gewirkt hat. Schließlich ist beabsichtigt, in einem kleinen Museum eine Auswahl der archäologischen Funde – bunt glasierte Keramik, Glasreste, Werkzeuge, Metallgegenstände und Überbleibsel von dem im frühen 18. Jahrhunderts aufgelassenen Friedhof – zu zeigen.

Da auch die Grabungen zwischen Staatsratsgebäude und Schlossplatz neue Einsichten in die älteste Stadtgeschichte erlauben, werden die Planer für den Wiederaufbau des Humboldt-Forum mit der historischen Stadtschlossfassade nicht umhin kommen, in dessen Untergeschoss ebenfalls archäologische Fenster einzurichten. Das Landesdenkmalamt hat dafür aufgrund der aktuellen Funde interessante Vorschläge ausgearbeitet und hofft, dass diese bei den Planungen und dem vielleicht schon in drei Jahren beginnenden Aufbau des 1950 abgerissenen Stadtschlosses berücksichtigt werden.

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