Langbärtiger Herr über Meere und Flüsse -
Der Neptunbrunnen war ein Geschenk der Stadt Berlin an den Kaiser



Der 1891 aufgestellte Neptunbrunnen ist zu jeder Tages- und Nachtzeit sehenswert.



Die auf dem Brunnenrand sitzende Symbolfigur des Rheins ist am Fischernetz und Weintrauben zu erkennen. (Fotos: Caspar)

Wer dieser Tage Eislaufrunden um den bunt angestrahlten Neptunbrunnen gegenüber dem Roten Rathaus dreht oder im Vorweihnachtsgetümmel dort vorbei kommt, wird sich vielleicht fragen, wer dieses figurenreiche Kunstwerk geschaffen hat, und wann es entstanden ist. Ein Blick in die Berlin-Chronik ergibt, dass der Neptunbrunnen ein Geschenk der Stadt Berlin an Kaiser Wilhelm II. ist.

Schöpfer der Bronzefiguren mit dem antiken Meeres- und Flussgott Neptun in der Mitte, war der am Kaiserhof hoch angesehene und mit vielen Staatsaufträgen betraute Bildhauer Reinhold Begas. Das Werk stand ursprünglich zwischen Marstall und Stadtschloss, dessen Ruine 1950 abgerissen wurde und in den nächsten Jahren als Humboldt-Forum wieder auferstehen soll, zumindest was die barocke Fassade und die aus dem 19. Jahrhundert stammende Kuppel betrifft. Mit seinem Brunnen-Geschenk schmeichelte sich der Magistrat der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt beim Monarchen ein.

Doch Wilhelm II., der ein großer Förderer der Marine war und einmal sagte, des Reiches Zukunft liegt auf dem Wasser, war von dem Geplätscher wenig angetan und fühlte sich von dem in Richtung Schloss schauenden Neptun beobachtet. Deshalb wurde eine Drehung veranlasst, weshalb der Meeresgott in die Breite Straße blickte. Wilhelm II. revanchierte sich für den Neptunbrunnen ein paar Jahre später mit der aus 33 Marmorfiguren bestehenden Siegesallee. Die marmornen Standbilder von brandenburg-preußischen Herrschern sowie von Büsten, die an Minister, Militärs, Kirchenmänner, Künstler und Gelehrte, deren Reste sich nach etlichen Zwischenstationen seit einigen Monaten in der Spandauer Zitadelle befinden, kamen bei den spottlustigen Berlinern nicht gut an und nannten die stocksteif stehende Fürstengalerie schlicht „Puppenallee“.

Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde der im Stil des Neobarock gestaltete Neptunbrunnen in seine vielen Einzelteile zerlegt und auf der Museumsinsel eingelagert. Nachdem fehlende Teile nachgegossen worden waren, hat man den Neptunbrunnen auf einer leer geräumten Fläche gegenüber dem Roten Rathaus neu aufgestellt. Der Neptunbrunnen gehört zu den größten Anlagen dieser Art weltweit und ist eines der Hauptwerke von Reinhold Begas. Nach seinem Willen thront der mit einem Dreizack bewaffnete Meeresgott auf einer riesigen Muschel, die auf einem felsenförmigen Unterbau liegt. Neptun zur Seite und zu Füßen erkennt man Putten und fischleibige Meeresgötter, die Tritonen, die als Wasserspeier und Dekoration fungieren. Auf dem Brunnenrand aus rotem Granit haben Frauenfiguren Platz genommen. Sie symbolisieren die Flüsse Rhein (mit Fischernetz und Weintrauben), Elbe (mit Ähren und Früchten), Oder (mit Ziege und Fellen) und Weichsel (mit Hölzern) und bilden, wie der ganze Brunnen, zu jeder Jahreszeit ein beliebtes Fotomotiv.

Da die Berliner für alles gern Spitznamen erfanden, nannten sie den Neptunbrunnen „Forckenbecken“ in Anspielung auf den Dreizack in Neptuns Hand und den Namen des damaligen Berliner Oberbürgermeisters Max von Forckenbeck. Außerdem lief die Behauptung als geflügeltes Wort um, die vier schweigsamen Flussfiguren seien die einzigen Berlinerinnen, „die den Rand“ halten.

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