Zuverlässiger Schild und scharfes Schwert der Partei –
„Krake Stasi“ wollte alles wissen, alles sehen und alles beherrschen,
doch am Ende konnte der DDR-Geheimdienst die DDR nicht retten



In Mielkes ehemaligen Amtsräumen im Haus 1 des Ministeriums an der Ruschestraße in Berlin-Lichtenberg erfahren heute Besucher die Wahrheit über die Verbrechen des DDR-Geheimdienstes und der Partei, die ihn "angeleitet" hat.



Nach sowjetischem Vorbild legte sich das MfS dieses Logo zu, ausgestellt in der Lichtenberger Stasiausstellung als Holzschnitzerei.



Das KGB-Symbol auf einem Feuerzeug, das man auf Berliner Trödelmärkten kaufen kann. (Fotos: Caspar)

Die Amtsräume des Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke, im Haus 1 der ehemaligen Stasizentrale auf einem riesigen Gelände an der Lichtenberger Ruschestraße gehören zu den wenigen noch authentischen Örtlichkeiten dieser Art in Berlin, denn viele andere Ministerbüros und Amtsgebäude wurden in den 1990-er Jahren bei Umbauten ihres originalen Interieurs beraubt. Die Ausstellung in der Mielke-Suite verbindet erschreckende Dokumente und Gerätschaften als Zeugnisse für die Terrorisierung und Überwachung der DDR-Bevölkerung mit Banalem und Alltäglichem. Ausgestellt sind Geburtstags- und Staatsgeschenke, Marx-, Lenin- und Dzierzinski-Büsten oder gewebte Teppiche mit Emblemen der Staatssicherheit. Der „verehrte Genosse Minister“ ist allgegenwärtig durch Fotos, Uniformen, Befehle und Aussprüche wie „Die Angehörigen des MfS haben sich ein für allemal der gerechtesten Sache der Welt, der Sache des Sozialismus und Kommunismus verschrieben. Wir sind bereit, dafür alles zu geben! Unser Sicherheitsorgan wird sich jederzeit als zuverlässiger Schild und scharfes Schwert der Partei und der Arbeiter-und-Bauern-Macht erweisen“.

Vor 20 Jahren noch waren die heute stillen Amtsräume angefüllt vom Gebrüll des jähzornigen Ministers, bei dessen Anwesenheit hohe Funktionäre und Stasigenerale Sprachhemmungen und Schweißausbrüche bekamen. Hinter der Maske des Biedermanns, Fußballfans, Familienvaters, Schnapstrinkers, Waidmanns und Ordnungsfanatikers verbarg sich ein von Zeitzeugen als verschlagen, skrupellos, machtbesessen, zwanghaft misstrauisch, stets um sich selbst besorgt und dabei ängstlich auf gutes Wetter bei seinen unmittelbaren Vorgesetzten Ulbricht und Honecker bedachter Machtmensch. Dass sich die SED- und DDR-Führung einen Geheimdienstchef wie Mielke leistete, der bei jeder sich passenden Gelegenheit forderte, mit Verrätern kurzen Prozess zu machen und sie „an die Wand“ zu stellen, sagt eigentlich alles. Es gehört zu den traurigen Kapiteln neuester Justizgeschichte, dass Erich Mielke wegen seiner Verbrechen aus Gesundheitsgründen nicht zur Verantwortung gezogen wurde.

Der Aufbau des DDR-Geheimdienstes erfolgte unter Anleitung sowjetischer Offiziere nach dem Vorbild der sowjetischen Geheimpolizei. Das MfS war der verlängerte Arm der SED, seine Aufgaben und Zuständigkeiten wurden nie klar definiert, es unterlag auch keinen gesetzlichen Beschränkungen und keiner parlamentarischen Kontrolle und war ein Staat im Staate. Im Oktober 1989 arbeiten 91 000 Menschen hauptamtlich für das MfS, hinzu kam die doppelte Zahl in Betrieben, Institutionen und Wohngebieten tätige Zuträger und Spitzel, die man Inoffizielle Mitarbeiter (IM) nannte.

Dem MfS oblag sowohl die Überwachung der Bevölkerung und insbesondere feindlich-negativer Kräfte, wie man im Stasijargon die Oppositionellen nannte, ferner der Kampf gegen die so genannte Republikflucht und die Kontrolle des Reiseverkehrs sowie von Kontakten von DDR-Bürgern mit dem Westen. Außerdem betrieb das Ministerium eine umfangreiche Auslandspionage. Es gab kaum einen Bereich in der DDR, der nicht von der Stasi durchsetzt war, den sie nicht im Blick hatte. Der Geheimdienst schreckte bei Fluchthelfern und Fahnenflüchtigen, ausdrücklichen Befehlen von Mielke folgend, vor Entführung und Mord nicht zurück. Trotz einer riesigen Datensammlung und ausgeklügelter Repressionsmaßnahmen gelang es dem MfS in den späten 80er Jahren nicht, die Gründung von Oppositionsgruppen zu verhindern und den ins Schlittern geratenen Staat zu retten. Am 7. November 1989 mussten Erich Mielke und die von Willy Stoph geleitete Regierung zurücktreten. Der Ausspruch des abgehalfterten Stasichefs ein paar Tage später vor der Volkskammer „Ich liebe doch alle, alle Menschen“ wurde zum geflügelten Wort.

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