Tausend Tele Tips und die tausend kleinen Dinge -
In der sozialistischen Mangelwirtschaft der DDR eignete sich fast alles zum Kaufen und Tauschen



Der Weihnachtsmann bringt alles, was das Herz begehrt. Gegenüber der KONSUM-Werbung sah die Wirklichkeit ziemlich trist aus. (Repro: Caspar)

Sie waren für den Alltag in der DDR lebenswichtig, spielten in den großspurigen Plänen ihrer Führung aber nur eine untergeordnete Rolle – die tausend kleinen Dinge. Nach der Liquidierung des so genannten privaten Sektors, also von Handwerks- und kleinen Produktionsbetrieben im Zusammenhang mit der sozialistischen Umgestaltung der DDR, gab es erhebliche Probleme bei der Herstellung und Bereitstellung von Schrauben und Werkzeugen, Bekleidung und Spielzeug und vielen anderen dringend benötigten Erzeugnissen. Unzählige Eingaben und Beschwerden prasselten auf die Ministerien, das SED-Zentralkomitee und den Staatsrat herab, wo man sich regelmäßig mit dem Fehlen von „Nichtigkeiten“ wie bestimmten Kleidergrößen oder Kinderschuhen, von Toilettenpapier oder Ersatzteilen befassen musste. In regelmäßigen Abständen wurden Partei- und Regierungsbeschlüsse gefasst, um Abhilfe zu schaffen und so genannte Engpässe zu beseitigen.

Statt aber das Übel bei der Wurzel zu packen und private Betriebe wieder zuzulassen und die Wirtschaft so zu organisieren, dass auch Dinge des täglichen Bedarfs in genügender Menge und Qualität hergestellt und angeboten werden konnten, schwärmten Mitarbeiter der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) und andere Untersuchungsorgane aus, um angebliche oder wirkliche Unterschlagungen in Betrieben und im Handel aufzudecken und die Betriebsleiter und ihre Untergebenen wieder auf Kurs zu bringen.

Um die einmal vorgezeichnete „Linie“ nicht verlassen zu müssen, befahl die SED-Führung den Betrieben und Kombinaten, die so genannte Konsumgüterproduktion in ihr Sortiment aufzunehmen. Ganze Abteilungen wurden umorganisiert und mussten häufig „artfremde“ Erzeugnisse herstellen, um die größten Versorgungslücken füllen zu können. Das hatte vielfach zur Folge, dass die eigentlichen Pläne nicht erfüllt wurden und auf anderen Gebieten neue Lieferrückstände eintraten.

Zu den tausend kleinen Dingen, die doch so lebenswichtig waren, passten die Tausend Tele Tips (ttt), eine Werbesendung im DDR-Fernsehen. Das Thema Werbung war in der DDR eine heikle Angelegenheit, denn wofür sollte man in einem Land werben, das unter Mangelwirtschaft litt? Tapfer wurde für nicht oder schwer erhältliche Erzeugnisse geworben, sogar für Autos, die man nur nach jahrelangem Warten für einen deutlich überhöhten Preis erhielt. Die Fernsehwerbung ttt gaukelte so etwas wie eine heile Welt des Sozialismus vor. Darin wurden den Zuschauern Mopeds und Autos, Waschmittel und Zahnputz, Florena-Creme, dicke Wolldecken und manch anderes angepriesen. Die Werbespots wurden mit kleinen Zeichentrickfilmen kombiniert, um ihnen höhere Aufmerksamkeit zu verschaffen. Den ttt folgten praktische Hinweise zum Arbeitsschutz und Brandschutz sowie Erläuterungen zur Gesundheitsvorsorge, über die Folgen des Autofahrens unter Alkoholeinfluss und andere Dinge des Alltags. 1975 sahen die DDR-Oberen ein, dass es sinnlos ist, für Erzeugnisse zu werben, die man nur schwer oder gar nicht bekommt, weshalb die ttt aus dem Programm flogen.

Solange es die Werbesendung gab, lief sie wochentags von 18.30 Uhr vor dem Sandmännchen um 18.45 Uhr sowie am Sonnabend von 19 Uhr bis zum Wetterbericht um 19.25 Uhr kurz vor der Aktuellen Kamera. Seinerzeit gängige Werbesprüche reichten von „Eine flotte Biene ist die Teppichkehrmaschine“ und „Nimm ein Ei mehr“ (solange es Eier zu kaufen gab!) über „Weißkohl ist soooo gesund“ „Stets dienstbereit zu unserm Wohl / Ist immer der Minol-Pirol“ (Tankstelle) bis „Wartburg: Formschön und zuverlässig.“ Sprüche zum Thema Auto wurden von vielen DDR-Bewohnern als Provokation empfunden, da man bekanntlich nicht in einen Laden gehen und ein Auto kaufen konnte, sondern jahrelange Wartezeiten in Kauf nehmen musste, um einen fahrbaren Untersatz zu ergattern.

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