Der Löwe war sein Markenzeichen
Landesausstellung in Braunschweig würdigt Otto IV., den einzigen Kaiser aus dem Welfenhaus



Aus der Münze zu Braunschweig stammen diese mit dem welfischen Löwen geschmückten Brakteaten Kaiser Ottos IV. (Repro aus dem erwähnten Katalog)

„Otto IV. – Der Traum vom welfischen Kaisertum“ ist der Titel einer großartigen Landesausstellung, die bis zum 8. November 2009 im Braunschweigischen Landesmuseum, im Dom Sankt Blasii und in der Burg Dankwarterode gezeigt wird. Anlass der Dokumentation ist die Kaiserkrönung von Otto IV. vor 800 Jahren in Rom durch Papst Innozenz III. Der 1175 oder 1176 geborene Imperator war der dritte Sohn des braunschweigischen Herzogs Heinrichs des Löwen, seine Mutter war die englische Prinzessin Mathilde. Herzog Heinrich scheiterte an seinen hochfahrenden Herrschaftsplänen, stand unter Acht und Bann und musste zeitweilig nach England ins Exil gehen. Bei seinem Onkel, dem legendären König Richard Löwenherz, erhielt Otto eine höfische Erziehung. Als 1197 der deutsche König Heinrich VI. starb, wurde der Welfenprinz in Köln zum Gegenkönig des Staufers Philipp von Schwaben gewählt. Es kam zum jahrelangen Streit um die Königsherrschaft, der erst durch die Ermordung Philipps von Schwaben im Juni 1208 erledigt war. Bevor sich Otto zum römisch-deutschen Kaiser krönen ließ, hatte er in einem Geheimabkommen gegenüber dem Papst auf seine italienischen Besitzungen verzichtet. Allerdings fiel der neue Imperator beim Papst in Ungnade, weil er versucht hatte, das Königreich Sizilien zu erobern, und weil er sich nicht an Abmachungen hinsichtlich der Erweiterung des Kirchenstaates gehalten hatte. Unter päpstlichem Bann stehend, zog sich Otto IV. auf seine braunschweigischen Besitzungen zurück; sein Traum vom welfischen Kaisertum ging nicht in Erfüllung. Nachdem Otto IV., der einzige römisch-deutsche Kaiser aus dem welfischer Herzogshaus am 19. Mai 1218 mit etwas über 40 Jahren auf der Harzburg gestorben war, wurde er wie seine Eltern im Braunschweiger Dom Sankt Blasii beigesetzt.

Die Braunschweiger Ausstellung und das dazu gehörende Katalogbuch, das im Michael Imhof Verlag Petersberg erschien (520 Seiten, 481 Seiten, 29,95 Euro, ISBN 978-3-86568-500-1) würdigen umfassend Leben, Persönlichkeit, Werk und Wirken Ottos IV. und zeigen, dass die braunschweigischen Herzöge, die nach Otto IV. niemals mehr in den Besitz einer Königs- oder Kaiserkrone gelangten, außerordentlich stolz auf ihre erlauchten Vorfahren waren. Kein Geringerer als Gottfried Wilhelm Leibniz, von dem unter anderem die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften ausging, widmete sich intensiv der Geschichte des welfischen Herrscherhauses. Als er 1716 starb, hinterließ er seine Welfengeschichte unvollendet. Die ereignisreiche Zeit Ottos IV. mit Hilfe von Urkunden und Chroniken zu würdigen, blieb dem berühmten Gelehrten versagt.

Wer sich für Münzen interessiert, findet in der Ausstellung und im Buch dazu zahlreiche interessante Schaustücke. Von Wolfgang Leschhorn, dem Bearbeiter der numismatischen Hinterlassenschaften Ottos IV., ist zu erfahren, dass das Münzwesen in dessen Zeit verwirrend und unübersichtlich war. Zwischen 1140 und 1197 wurden beachtliche 215 Münzstätten gezählt, bis 1260 waren es sogar schon 412, von denen 152 durch geistliche und 277 durch weltliche Fürsten und Herren betrieben wurden. Lediglich 37 waren in königlicher Hand. Zu diesen Geldschmieden traten alsbald solche in städtischem Besitz hinzu.

Die aus dünnem Silber in Braunschweig geprägten Pfennige Heinrichs des Löwen und seines Sohns Otto IV. sind gut an dem Wappentier und Markenzeichen der Welfen, dem Löwen, zu erkennen. Wegen ihrer ungewöhnlichen Form nannte man die einseitig geprägten Silberstücke in der Barockzeit Brakteaten nach dem lateinischen Wort für Blech, und als solche sind sie bei Sammlern sehr beliebt. Aus Schatzfunden geht hervor, dass diese Löwenpfennige in einem begrenzten Raum umliefen, allerdings wurden manche auch in größeren Entfernungen gefunden. Da die Brakteaten einen hohen Wert repräsentierten, hat man sie, um kleine Beträge bezahlen zu können, halbiert oder geviertelt. Auf den Münzen werden die Löwen zumeist ohne Beiwerk dargestellt. Besonders prächtige Ausführungen zeigen den König der Tiere in architektonischer Umrahmung – zu betrachten in der Braunschweiger Ausstellung gemeinsam mit Miniaturen, Urkunden, Skulpturen, Insignien und anderen Hinterlassenschaften aus der Zeit um 1200 und danach. Die Ausstellung an drei Standorten über Otto IV. und das welfische Kaisertum schließt sich an eine großartige Schau von 1995 über Heinrich den Löwen ebenfalls in Braunschweig an. Die Dokumentation über Otto IV. ist Montag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und stets am Donnerstag von 10 bis 20 Uhr geöffnet, weitere Informationen unter www.braunschweig.de/otto/landesausstellung.html.

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