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Brandenburgischer Landeskonservator Detlef Karg hofft auf Feuerwehr-Fonds für gefährdete Bauwerke



Der brandenburgische Landeskonservator Detlef Karg wünscht sich für besonders gefährdete Bauten einen Rettungsfonds.



Das Schicksal der 1905/6 aus Stampfbeton gefügten Brücke über die Schwarze Elster zwischen Neudeck und Kleinrössen stand auf der Kippe, doch mit vereinten Kräften gelang die Rettung gelang. (Foto und Repro: Caspar)

Manchmal helfen schon ein paar tausend Euro, um das Dach eines gefährdeten Gebäudes zu schließen, alte Türen oder Fenster zu reparieren, dem Besitzer eines unter Denkmalschutz stehenden Hauses unter die Arme zu greifen, um zu verhindern, dass ein für unsere Kulturlandschaft wichtiges Objekt erhalten bleibt. Landeskonservator Detlef Karg, zuständig für Denkmalpflege und Denkmalschutz im Land Brandenburg, denkt, wenn das Gespräch auf Zuschüsse kommt, mitnichten an einen mit Milliardensummen ausgestatten staatlichen Rettungsschirm, unter den sich hierzulande ins Trudeln geratene Banken und Konzerne wie selbstverständlich begeben. Er denkt an einen Feuerwehrfonds von vier bis fünf Millionen Euro, bestimmt für besonders gefährdete Objekte. Mit diesem Geld könnte ohne bürokratisches und daher auch zeitraubendes Antrags- und Genehmigungsverfahren zahlreichen Bau- und Kunstwerken, technischen Denkmalen und anderen Objekten geholfen werden. Den Fonds gab es schon einmal, doch 1994, als im Rahmen der Aktion „Aufbau Ost“ bedeutende Mittel aus verschiedenen Töpfen flossen, wurde das Geld an die Kommunen und die Kreise abgegeben, und die haben es für Straßenbau und Abwasserleitungen, in seltenen Fällen aber für das bauliche Erbe verwendet.

Ernste Sparzwänge
Jetzt sei es höchste Zeit, so Detlef Karg unlängst in Potsdam bei der Vorstellung der Pläne des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege, diesen Notfall-Fonds wieder einzurichten, und bei seiner Forderung ist er sich darüber klar, dass er nicht der einzige im Land Brandenburg ist, der solche Wünsche hat. Auch das Landesdenkmalamt mit Sitz in Wünsdorf sei von „ernsten Sparzwängen bis hinein ins Personal“ betroffen, dabei nähmen die Aufgaben immer weiter zu. „Es geht nicht um die königlichen Barockbauten und die berühmten Zeugnisse der Backsteingotik“, betont der Landeskonservator, „es geht um vermeintlich kleine, bescheidene Objekte, deren Erhalt und Sicherung keine Riesensummen verschlingen. Ohne sie wären wir, um mit Schinkel zu sprechen, nackt und kahl wie eine unbewohnte Provinz, und das wäre überhaupt nicht gut so“.

Dass Denkmalpflege Kosten verursacht, ist jedem klar, der damit zu tun hat. Dass sie aber auch vielerlei Hinsicht Gewinn abwirft, etwa wenn Handwerksbetriebe Aufträge erhalten und Arbeitsplätze sichern, und es dem Tourismus angesichts einer gepflegten Kulturlandschaft gut geht, von den Bewohnern ganz abgesehen, muss anscheinend immer wieder von neuem betont werden. Welch Gewinn aus den angeblich „unrentierlichen Kosten“ erwächst, zeigt eine kleine Ausstellung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte im Kutschstall am Neuen Markt in Potsdam. Ob es eine vor über hundert Jahren aus Beton gefertigte, lange Zeit vom Verfall betroffene und nun wieder passierbar gemachte Brücke über die Schwarze Elster zwischen Neudeck und Kleinrössen (Landkreis Elbe-Elster) oder eine Kirche aus den frühen 1950-er Jahren in Schwarzheide (Oberspreewald-Lausitz), ein 1931/32 in Marquardt (Landkreis Potsdam-Mittelmark) erbautes Wochenendhaus mit Kupferblechverkleidung an der Außenfassade oder die so genannte Friedensstadt Weißenberg in Glau bei Trebbin (Teltow-Fläming) ist – mit viel Beharrlichkeit und Überzeugungsarbeit an der Basis sowie gezieltem Einsatz von Sanierungsmitteln war es möglich, diese Bauten der Moderne zu retten und ins öffentliche Bewusstsein zu heben. Detlef Karg freut sich über diese Erfolge und betont, bisher habe sich noch nie einer vor Ort beklagt, dass ein historisches Bauwerk wiederhergestellt sowie bewohn- und begehbar gemacht wurde. Wenn es aber zum Eid, sprich zu praktischen Maßnahmen und Freigabe von Mitteln, komme, sei die Zurückhaltung groß.

Jammern hilft nicht weiter
Der Landeskonservator sieht keinen Grund, in allgemeines Jammern über zu schmale Kassen und dünner werdende Geldströme von Sponsoren einzustimmen. Bisher seien alle Aufgaben erfüllt worden, und so werde es hoffentlich auch in Zukunft sein. Manche vom Landesamt initiierte und wissenschaftlich begleitete Projekte seien überregional zur Kenntnis genommen worden, etwa die denkmalgerechte Sanierung des Pauliklosters in Brandenburg an der Havel und seine Umwandlung in ein Archäologisches Landesmuseum oder der Einbau der mittelalterlichen Glasfenster in den Chorbereich der Marienkirche in Frankfurt an der Oder. Bundespräsident Horst Köhler habe sich anlässlich einer Ausstellung im Schloss Bellevue, seinem Amtssitz im Berliner Bezirk Tiergarten, lobend über die Arbeit der brandenburgischen Denkmalpfleger und Archäologen geäußert. Das alles seien Gründe zur Freude, keineswegs aber zur Selbstzufriedenheit, so Detlef Karg in seiner Bilanz von 2008, denn die Liste der gefährdeten Objekte sei lang und die Anträge zur Aufhebung des Denkmalschutzes für bestimmte Bauten nähmen zu. Im vergangenen Jahr habe man quer durch das Land zwölf Abrissanträgen zustimmen müssen, weil der Zustand der Wohnhäuser nachweisbar so schlecht war, dass die Sanierung einem Neubau gleich gekommen wäre. Auf der anderen Seite sei durch Nichtgenehmigung von Abrissanträgen der Weg für eine denkmalgerechte Sanierung frei gemacht worden. Unter den gefährdeten Bauten befänden sich die ehemalige Heeresversuchsstelle in Kummersdorf (Landkreis Teltow-Fläming), das aus der Barockzeit stammende so genannte Kettenhaus, Neustadt 39, in Prenzlau sowie der Park Montplaisir in Schwedt an der Oder (beide Landkreis Uckermark), die Eisenbahnfähre in Fürstenberg (Landkreis Oberhavel), ein Mittelflurhaus in Stangenhagen (Landkreis Teltow-Fläming), das Ende der 1920-er Jahre erbaute Stadtbad in Brandenburg an der Havel, die Alte Burg in Fürstenberg (Landkreis Oberhavel), eine ehemalige Schule in der Nähe des Schlosses Freyenstein (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) und das Herrenhaus in Heckelberg (Landkreis Märkisch Oderland), um nur einige Beispiele zu nennen.

Zwanzig Jahre Mauerfall
Für dieses Jahr haben sich die brandenburgischen Denkmalpfleger einiges vorgenommen; es gilt, 20 Jahre Mauerfall zu feiern, und das geschieht durch Konferenzen und Publikationen. Detlef Karg, 1989 im damaligen Institut für Denkmalpflege in Ostberlin für historische Gärten und Parks zuständig, wird bei dem Gedanken warm ums Herz, dass der laut Honecker fünfzig oder hundert Jahre haltende Betonwall durch die friedliche Revolution in der DDR zum Einsturz gebracht wurde. Zu seinem Leidwesen und gegen seinen Rat und dem anderer Denkmalpfleger seien die Mauer, die Wachtürme und all die anderen Anlagen viel zu schnell und mit mächtigem Rückenwind durch die Politik abgebaut und entsorgt worden. Diese Fehler nicht zu wiederholen und brisante Zeugnisse der DDR-Geschichte vor Vernachlässigung und Untergang zu bewahren, sei Aufgabe von Beratungen in diesem Jahr, in die breite Kreise der Bevölkerung einbezogen werden sollten.

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