Heldentum und Untergang –
Neue Wache Unter den Linden in Berlin erhielt restauriertes Giebelrelief aus Schinkels Zeiten zurück



Restaurator Alexander Löwe sorgte für den sicheren Transport der Reliefteile zum Giebel der Neuen Wache.



Nicht zu sehen ist, dass das Relief der Neuen Wache aus Zinkguss besteht. Die Farbe ahmt Sandstein nach. (Fotos: Caspar)

Die nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erbaute Neue Wache Unter den Linden war in DDR-Zeiten Mahnmal für die Opfer des Faschismus und des Krieges und ist seit 1993 Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland. In der vergangenen Woche erhielt sie nach 250 000 Euro teurer Sanierung und Restaurierung ihr Giebelrelief zurück. Der klassizistische Giebelschmuck symbolisiert Heldentum und Untergang im Krieg, Kampf und Sieg „Eine Victoria entscheidet in der Mitte für den rechts kämpfenden Helden; links ist dargestellt: letzte Anstrengung, Aufmunterung zum Kampf, Flucht, Raub und Schmerz der Familie, die ihr Schicksal erwartet; rechts sieht man Überwältigung und Trauer um einen gefallenen Helden“, beschrieb Schinkel das Relief, das im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und danach mehrfach ergänzt und restauriert wurde.

Da das Bildwerk inzwischen manche Schäden erlitten hatte, wurde es vor einiger Zeit abgenommen und in der Weißenseer Restaurierungswerkstatt Haber & Brandner umfassend gereinigt, gefestigt und konserviert. Zink sei im 19. Jahrhundert als billiges, allerdings auch sehr empfindliches Material für Kunstwerke und Bauplastik verwendet worden, erklärt Diplomrestaurator Alexander Löwe, der den Transport der Reliefteile mit Hilfe eines Krans vom Erdboden in das Giebelfeld überwacht. „Bei früheren Restaurierungen wurden die Hohlräume auf der Rückseite des Reliefs mit Blei vergossen oder Kunstmörtel verfüllt. Das und andere Maßnahmen führten zu statischen Problemen und zu Brüchen und Rissen, die wir jetzt geschlossen haben.“ An einigen Stellen seien beschädigte Zinkgussteile durch neue Gussstücke ersetzt worden. Was nicht gelötet werden konnte, habe man verklebt oder mit Spachtelmasse geschlossen. Ganz zum Schluss habe das Relief einen neuen Anstrich aus Epoxidharz bekommen, der aussieht, als handle es sich um Sandstein. „Jetzt sieht der Giebelschmuck aus wie zu Schinkels Zeiten“, freut sich Alexander Löwe.

Zwischen 1816 und 1818 als Gebäude für die Soldaten errichtet, die für die Sicherheit des Königs und seiner Familie zu sorgen hatten, erinnert die Neue Wache an die Toten der beiden Weltkriege sowie die Millionen von den Nationalsozialisten ermordeten Juden, aber auch an die Opfer des stalinistischen Terrors in der DDR und an die an der Mauer erschossenen Flüchtlinge. Jeweils am Volkstrauertag im November, bei Staatsbesuchen und zu anderen wichtigen Anlässen finden im Innenraum Kranzniederlegungen statt. Dort ist eine um ihren gefallenen Sohn trauernde Frau aufgestellt. Diese Pietà aus Bronze ist eine vergrößerte Nachbildung einer Skulptur, die die Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz nach dem Ersten Weltkrieg geschaffen hat. Eine Tafel am Eingang der Wache erzählt die wechselvolle Geschichte des Hauses, eine zweite Tafel erinnert an die Völker, die durch Kriege und ihre Folgen gelitten haben, und an die Menschen, die Opfer des nationalsozialistischen Völkermords an den europäischen Juden wurden oder die in Gefangenschaft und bei der Vertreibung gelitten haben und ums Leben kamen. Ausdrücklich wird der von den Nazis ermordeten Sinti und Roma sowie der Kranken und Schwachen gedacht, deren Recht auf Leben geleugnet wurde. Erinnert wird an die ebenfalls von diesen verfolgten und ermordeten Homosexuellen sowie an die Menschen, die um ihrer religiösen oder politischen Überzeugungen willen sterben mussten. „Wir gedenken der Frauen und Männer, die im Widerstand gegen die Gewaltherrschaft ihr Leben verloren. Wir ehren alle, die eher den Tod hinnahmen, als ihr Gewissen zu beugen“.

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