Gedenken am Ort der Täter –
Topographie des Terrors an der Wilhelmstraße nimmt Gestalt an



An der ehemaligen Mauer sind entlang der Niederkirchnerstraße Fundamente der früheren Gestapozentrale freigelegt; in den kommenden Monaten erhalten sie ein neues Dach.



Über die Verbrechen, die in der ehemaligen SS- und Gestapozentrale geplant und begangen wurden, berichtet eine Freiluftausstellung. Das neue Ausstellungshaus (rechts) soll im Mai 2010 eröffnet werden. (Fotos: Caspar)

Wenn es nach Plan gegangen wäre, stünde schon seit Jahren auf dem ehemaligen Gestapogelände an der Wilhelmstraße und Niederkirchnerstraße das Informations –und Dokumentationszentrum der Gedenkstätte „Topographie des Terrors“. Für Mai 2010 ist die Eröffnung einer neuen Ausstellungshalle vorgesehen. Das Haus ist ein Bindeglied zwischen dem Jüdischen Museum und dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Da es bei der Realisierung des ursprünglichen Entwurfs des Schweizer Architekten Peter Zumthor manche Pannen gab und die Kosten in die Höhe schossen, ließ der Senat die schon aufgerichteten Betonelemente abreißen. Damit waren 15 Millionen Euro für Planung und erste Baumaßnahmen in den Sand gesetzt. Das Land Berlin stieg aus dem Projekt aus, und der Bund übernahm die Bauträgerschaft für eine neue Ausstellungshalle.

Es fällt schwer sich vorzustellen, welche Gebäude an der ehemaligen Prinz-Albrecht-Straße standen, die nach der 1944 ermordeten Widerstandskämpferin Käthe Niederkirchner benannt ist, und welchen Verbrechen dort geschahen. Von den repräsentativen Palais und Museumsbauten, in denen die Zentrale des KZ-Staates untergebracht war, ist bis auf wenige von Archäologen ausgegrabene Mauerreste nichts übrig geblieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es im damaligen West-Berlin wenig Interesse, den durch Beschuss und Bombentreffer beschädigten Sitz der Geheimen Staatspolizei (Gestapo), das Hauptquartier des Reichsführers SS Heinrich Himmler sowie weitere Dienstgebäude des SS und der SA zu erhalten oder gar zu rekonstruieren. Abräumen und Erde drüber war die Parole, und so geriet das Gelände in unmittelbarer Nähe zur Mauer in Vergessenheit. Erst im Vorfeld der 750-Jahrfeier Berlins 1987 entsannen sich Historiker, NS-Opfer und andere Bürger der Tatsache, dass auf dem inzwischen von Pflanzen und Unkraut überwucherten Areal nicht weit von Hitlers Reichskanzlei und dem früheren Reichsluftfahrtministerium schreckliche Geschichte geschrieben wurde. Um die Erinnerung wachzuhalten, wurde am 1. September 1989, dem 50. Jahrstag der Entfesselung des Zweiten Weltkriegs, von Geschichts- und Bürgerinitiativen ein Grundstein für ein „Aktives Museum“ gelegt. Auf einer Tafel liest man die nach wie vor aktuelle Forderung „Aus dem damaligen Ort der Täter muss heute ein Denkort werden, damit für die Zukunft gilt: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“.

Eine Freiluftausstellung auf dem Gelände der Topographie des Terrors berichtet nicht nur über die an dieser Stelle organisierten Verbrechen im Deutschen Reich und den von der Wehrmacht okkupierten Ländern. Sie dokumentiert auch das, was sich im so genannten Hausgefängnis der Gestapo ereignet hat. Unter unmenschlichen Bedingungen waren hier 15 000 Regimegegner inhaftiert, um ihnen mit Drohungen und Folter Informationen über den Widerstand abzupressen oder sie auf Verfahren vor dem nationalsozialistischen Volksgerichtshof vorzubereiten. Viele Menschen überlebten die Torturen nicht.

Mit etwa einer halben Million Besuchern gehört die Ausstellung unter freiem Himmel zu den am meisten beachteten Dokumentationen in Berlin über die Zeit des Nationalsozialismus und seine Verbrechen. Ein ähnlich großer Zuspruch wird für die neuen Ausstellungshalle erwartet, in der Dokumente und Fotos zur NS-Geschichte und zum Widerstand gezeigt werden, aber auch Diskussionen, Lesungen und Konzerte stattfinden und die Opfer der Nazidiktatur geehrt werden sollen.

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