"Geld stinkt nicht" - Warum Kaiser Vespasian eine sonderbare Steuer erließ und ein deutscher Bankier zur Vorsicht riet




Kaiser Vespasian – hier auf einer Bronzemünze – ordnete die desolaten Finanzen des Römischen Reiches und erließ eine Latrinensteuer



Das unter Vespasian begonnene und von seinem Sohn Titus vollendete Colosseum zählt zu den besonderen Sehenswürdigkeiten in Rom. (Repro/Foto: Caspar)

Der römischen Kaiser Vespasian ist vor allem Althistorikern ein Begriff, doch auch Rom-Reisende hören seinen Namen, wenn sie die kolossalen Reste der Colosseums besichtigen. Die Festspiel- und Sportarena wurde 72 nach Christus unter Vespasian begonnen und nach nur acht Jahren von dessen Sohn Titus vollendet. Kaiser Vespasian, der Sohn eines Steuereinnehmers, stellte die unter seinen Vorgängern zerrütteten politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Römischen Reiches wieder her und brachte die desolaten Finanzen in Ordnung. Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen erließ er unter anderem eine sonderbare Steuer speziell zur Benutzung von Latrinen. Als sein Sohn Titus ihn fragte, ob die recht anrüchige Steuer für öffentliche Toiletten überhaupt der stolzen Römer würdig sei, soll der Kaiser geantwortet haben „Pecunia non olet - Geld stinkt nicht“. Zur Bekräftigung habe Vespasian, so die Legende, seinem Sohn eine Münze unter die Nase gehalten und ihn gefragt, ob sie riecht, was Titus verneinte. Gering dürften die Einnahmen aus der Klo- oder Harnsteuer nicht gewesen sein, denn überall in Rom und den Provinzen gab es öffentliche Bedürfnisanstalten, und es wurde peinlich darauf geachtet, dass man nur dort gegen einen kleinen Obolus sein „Geschäft“ tätigt und nicht auf öffentlichen Plätzen oder Gartenanlagen.

Der klassische Ausspruch über das geruchslose Geld meint, dass es egal ist, aus welchen Quellen die Finanzen sprudeln, wichtig sei es, dass sie es tun. „Pecunia non olet“ sicherte dem als pragmatisch und energisch geschilderten Vespasian einen geachteten Platz in der Literatur über geflügelte Wörter. Dort sind unzählige Aussprüche über Geld und Gold zu finden. Bei den meisten sind die Verfasser nicht bekannt. Genannt seien „Geld regiert die Welt“ oder „Wo Geld ist, da ist der Teufel; wo keins ist, da ist er zweimal“. Aus dem Persischen kommt die Botschaft „Magst du auch Geld und Gut endlos zusammentragen, du wirst doch nackt und bloß zuletzt ins Grab getragen“, aus dem Arabischen „Zahlst du das Geld, dann kommt die Braut“ und aus dem Chinesischen mit Blick auf Kungeleien im Justizwesen „Das hohe Tribunal steht jedem offen. Doch nur, wer Geld hat, darf auf Erhörung hoffen.“ Aus dem Englischen kommen Spruchweisheiten wie diese: „Wer mehr ausgibt als er sollte, wird nichts zum Ausgeben haben, wenn er möchte“ und „Besser ohne Abendessen zu Bett gehen, als mit Schulden aufzuwachen“.

„Geld ist die Königin der Welt, schafft alles dir: ein reiches Weib, Kredit und Freunde, Adel, alles! Die Überredung wohnt auf deinen Lippen und Venus schmückt mit ihrem Gürtel dich“, hielt der römische Dichter Horaz fest, und er fügte hinzu, dem Wachsen des Geldes folge die Sorge. Der italienische Historiker, Staatsmann und Niccolò Machiavelli, der das Prinzip „Der Zweck heiligt die Mittel“ vertrat, wies seine Zeitgenossen darauf hin, es komme nicht auf die Größe des angehäuften Vermögens an, „sondern auf seine rechte Verwendung“. Der englische Dichter William Shakespeare beobachtete, wo Geld vorangeht, seien alle Wege offen, und der französische Philosoph Jean Jacques Rousseau hielt fest, solange er noch Geld in seiner Börse habe, sei seine Unabhängigkeit gesichert. „Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit, dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft“, stellte im 18. Jahrhundert der Göttinger Schriftsteller und Physiker Georg Christoph Lichtenberg fest. Sein Zeitgenosse Christoph Martin Wieland riet zur Mäßigung, als er sagte: „Genieße, was du hast, als ob du heute noch sterben solltest; aber spar es auch, als ob du ewig lebtest. Der allein ist weise, der, beides eingedenk, im Sparen zu genießen, im Genuss zu sparen weiß“. Und der französische Aufklärer Voltaire wusste, es sei leichter über Geld zu schreiben als es zu verdienen, „und die es verdienen, spotten daher über die, welche nur darüber schreiben können“.

Auch Johann Wolfgang von Goethe verstand etwas von Geld, und das nicht nur als Weimarer Minister, sondern auch als Sammler alter Münzen und als einer, der von seinen Büchern und Theaterstücken gut leben konnte, anders als arme Berufskollegen. Er fasste die Wirkungen von Geld und Gold auf die Menschen und ihre Hinwendung zu Reichtum und damit verbunden Macht auf klassische Weise zusammen. „Wie feuchten Ton will ich das Gold behandeln, / Denn dies Metall lässt sich in alles wandeln“, sagt der Geiz im zweiten Teil des „Faust“, und im ersten Teil der Tragödie seufzt Gretchen „Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles, ach wir Armen“. Was der Dichter von Geldscheinen und Scheingeldern hielt, steht, gültig auch für unsere Zeit, im zweiten Teil des „Faust“. Da erklären Höflinge dem Kaiser, was man mit schnell gedruckten Banknoten anstellen kann, wie man mit ihnen auf wundersame Weise Rechnungen bezahlt, mit ihrer Hilfe aller Höllenpein ledig wird, den Sold entrichtet und ein ganzes Heer neu verpflichtet. Mit diesen „Zauberblättern“ könne man alles machen. Sie öffnen jede Tür, und man kann mit ihrer Hilfe üppig schmausen, essen und trinken, sich festliche Kleider nähen lassen und auch Liebe kaufen. Mit geborgtem Geld lässt sich spielen und würfeln, man kann mit ihm Schulden bezahlen, und Acker, Haus und Vieh, Schloss, Wald und Jagd sind jedem sicher, wenn man denn welches hat. Doch halt, fasst Goethe zusammen, das sind alles Trugbilder, wenn keine realen Werte und Leistungen hinter dem mit des Kaisers Unterschrift versehenen und durch „Tausendkünstler“ schnell vertausendfachten Ersatzgeldern stehen.

Wie Goethe haben auch andere kluge Leute Nachdenkliches über Geld und Gold hinterlassen. „Bei Geldfragen hört die Gemütlichkeit auf, da muss bloß der Verstand uns leiten“ erklärte der Bankier, Abgeordnete und 1848 für ein paar Monate preußische Finanzminister David Justus Ludwig Hansemann. Die zum geflügelten Wort gewordene Warnung fiel am Vorabend der Revolution von 1848 im Zusammenhang mit dem Begehren des preußischen Königs Friedrich Wilhelms IV., der Landtag möge Kredite ohne Wenn und Aber gewähren, jedoch keine Einflussmöglichkeiten auf die Regierungsgeschäfte erheben.

Wenn man den Lauf der Geschichte verfolgt, gab es zwischen den Regenten und den Regierten immer dann Spannungen, wenn es um Geldfragen und das Geldausgeben ging. Da konnten die Kontrahenten sehr ungemütlich werden und sich gegenseitig ordentlich in die „Wolle“ geraten. Hoffen wir, dass uns im neuen Jahr weitere Finanzkatastrophen erspart bleiben und im Geldbeutel immer ein Rest bleibt.

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