Kleines Loch in der Mauer, doch nicht für alle - Passierscheinabkommen und Transitabkommen erleichterten den Übergang von Ost nach West




Wer die Grenzübergangsstelle Drewitz passieren wollte, musste sich auf schikanöse Behandlung durch die DDR-Grenzer einstellen. (Repro: Caspar)



Der Kommandoturm von der ehemaligen Grenzübergangsstelle Drewitz zwischen dem damaligen Westberlin und der DDR ist heute Gedenkstätte. (Foto: Caspar)

Die Berliner Mauer und die innerdeutsche Grenze existieren seit 20 Jahren nicht mehr, doch vielen Ost- und Westdeutschen ist wie eingebrannt, welche Mühen es kostete und welche Opfer gebracht wurden, um die Sperre aus Beton und Stacheldraht zu passieren. Ein Meilenstein auf diesem Weg war das Passierscheinabkommen, das am 17. Dezember 1963 zwischen dem West-Berliner Senat und der DDR-Regierung abgeschlossen wurde. 28 Monate nach dem Bau der Mauer konnten West-Berliner über die Weihnachtsfeiertage 1963 ihre Verwandten im Ostteil der Stadt besuchen. Davon machten mehr als 700 000 Menschen Gebrauch. Insgesamt handelten Vertreter beider Seiten „ungeachtet der unterschiedlichen politischen und rechtlichen Standpunkte“ zwischen 1963 und 1966 vier Passierscheinabkommen aus. Für die Bundesregierung, den Westberliner Senat und die Westalliierten war jedesmal wichtig zu betonen, dass „der Rechtsstatus von Berlin durch diese Vereinbarung nicht geändert wird“.

Die Anträge auf Passierscheine wurden von Mitarbeitern der DDR-Post bearbeitet, die zwar staatliche Bedienstete, jedoch keine Hoheitsträger wie Polizisten oder Zöllner waren. Die Bundesrepublik betrachtete die Passierscheinabkommen als verwaltungstechnische Vereinbarung und sah in ihnen keine Anerkennung der DDR. Dem gegenüber versuchte die DDR, die Abmachungen als völkerrechtliche Verträge erscheinen zu lassen.

Der hinsichtlich westlicher Devisen stets klamme Arbeiter-und-Bauern-Staat führte am 1. Dezember 1964 eine Regelung ein, nach der westliche Besucher einen bestimmten Betrag bei der Einreise in die DDR-Mark umtauschen mussten. Dieser so genannte Zwangsumtausch betrug anfangs fünf DM und für West-Berliner drei DM pro Tag und steigerte sich bis zum Ende der DDR auf 25 DM pro Tag, die in 25 DDR-Mark umgewechselt werden mussten. Das nach Rentnern und Kindern unter 16 Jahren gestaffelte Eintrittsgeld in den Osten reichte aus, um dort ordentlich essen, zum Friseur gehen oder Bücher kaufen zu können. Erst Ende 1989, als sich die DDR schon in der Auflösung befand, wurde der Zwangsumtausch abgeschafft.

Am 17. Dezember 1971 wurde das „Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über den Transitverkehr von zivilen Personen und Gütern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West)“ unterzeichnet. Am 3. Juni 1971 in Kraft gesetzt, bewirkte der Vertrag eine deutliche Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten und erleichterte die Fahrten zwischen West-Berlin und dem Bundesgebiet. Das Abkommen regelte den Straßen-, Schiff- und Bahnverkehr, betraf aber nicht den Flugverkehr zwischen Berlin und dem Bundesgebiet. Vereinbart wurde, dass die Visa direkt an den Grenzkontrollstellen beziehungsweise in den Interzonenzügen erteilt werden und eine Kontrolle der Gepäckstücke unterbleibt. Künftig sollten die für die Benutzung der Transitwege anfallenden Kosten nicht mehr von den Reisenden bezahlt, sondern von der Bundesregierung übernommen werden.

Da die DDR befürchtete, dass die Transitstrecken für Fluchtversuche oder unerlaubte Kontakte zwischen Westdeutschen und Ostdeutschen genutzt werden könnten, wurden auf östlicher Seite umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Verboten war, dass Transitreisende während ihrer Fahrt „Materialien“, z. B. Druckschriften aller Art, verbreiten oder aufnehmen und Personen aufnehmen. Nicht erlaubt war, die vorgesehenen Transitwege zu verlassen, von besonderen Umständen wie Unfall oder Krankheit abgesehen, oder wenn es dazu eine besondere Genehmigung der DDR-Behörden gab. Im Falle eines „hinreichenden Verdachts“ sah das Abkommen die Durchsuchung von Reisenden sowie der von ihnen benutzten Transportmittel und ihres Gepäcks sowie die Zurückweisung von Reisenden vor. Der Gummiparagraph wurde sehr zum Ärger der Reisenden von den DDR-Grenzern ausgiebig und willkürlich angewandt. Zahlreiche DDR-Bewohner versuchten, über die Transitstrecken in den Westen zu fliehen, doch das gelang nur in wenigen Fällen. Ihr Schicksal wird in der Gedenkstätte Bernauer Straße sowie im Haus am Checkpoint Charly in Berlin, am ehemaligen Grenzkontrollpunkt Drewitz, in der Erinnerungsstätte Marienborn und an anderen Orten dokumentiert.

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