Luise als Filmdiva - Wie die vor 200 Jahren verstorbene Königin von Preußen
in Bilderbücher und Kinos kam




Die Begegnung zwischen Luise und Napoleon I. im Sommer 1807 in Tilsit und weitere Episoden im Leben der preußischen Königin wurden vor hundert Jahren auf bunten Bildern dargestellt.



Ruth Leuwerick verkörperte in einem Spielfilm von 1957 die „Königin der Herzen“. Er und weitere Streifen dieser Art werden zum 200. Todestag der Monarchin im Potsdamer Filmmuseum gewürdigt. (Repros: Caspar)



Luise und Napoleon - so interpretierte der in der Kaiserzeit viel beschäftigte Bildhauer Gustav Eberlein die Begegnung der Königin von Preußen und des Kaisers der Franzosen bei den Friedensverhandlungen im Sommer 1807 in Tilsit. Das Gipsmodell der Doppelfigur aus dem Jahr 1899 wurde nicht realisiert, kam aus dem Nachlass des Künstlers an die Stadt Hannoversch Münden und wurde von dort an die bis 30. Mai 2010 im Schloss Charlottenburg gezeigte "Luise - Leben und Mythos der Königin" entliehen. In dieser Ausstellung sind unter anderen Ausschnitte aus Luise-Filmen sowie Beipiele für die Vermarktung der Monarchin als Heldenmutter und Leitstern in den Kriegen des 19. und 20. Jahrhunderts zu sehen. (Foto: Caspar)

Die aus Mecklenburg-Strelitz stammende, vor 200 Jahren verstorbene Königin Luise von Preußen hatte nur 34 Jahre zu leben, doch wie kaum bei einer anderen Monarchin gab dieses unvollendete Leben schöne Bilder und anrührende Geschichten her. Ihre Biographie war Schulstoff, man kannte die Herrscherin als treusorgende Mutter und energische Politikerin und eine Frau, nach deren Kleidern sich Damen aus besseren Kreisen ihre eigenen schneidern ließen.

Wie sich das Leben der Königin von Preußen, die Mutter eines Königs und eines Kaisers war und schon deshalb in der Hohenzollernfamilie als Ahnfrau verehrt wurde, in Berlin, Charlottenburg, Potsdam, auf der Pfaueninsel und in Paretz abspielte, war Gegenstand von Geschichts- und Anekdotenbüchern und wurde auch mehrfach im Kino dargestellt. Kaum hatten die Bilder „laufen“ gelernt, da avancierte Luise zur Filmdiva, verkörpert durch beliebte Schauspielerinnen und betrachtet stets durch eine andere Brille.

Anlässlich von Luises 200. Todestag zeigt das Filmmuseum Potsdam im Rahmen einer Ausstellung Spielfilme und Fernsehproduktionen über sie. Die vom 25. März bis 24. Oktober 2010 laufende Schau ergänzt die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten geplanten Luisen-Ausstellungen in Berlin-Charlottenburg, auf der Pfaueninsel sowie in Paretz. Im Potsdamer Filmmuseum wird dargelegt, welche Wünsche und Visionen der preußischen Königin von den jeweiligen Autoren in den Mund gelegt wurden, und sie zeigt darüber hinaus Kostüme und Requisiten aus alten und neuen Luisen-Filmen.

Begonnen hatte alles 1912, als an Originalschauplätzen ein als „historisch-vaterländisches Gemälde in 3 Abteilungen“ angepriesener Spielfilm gedreht wurde. Kaiser Wilhelm II., der viel von dem neuen Medium hielt und sich gern in bewegten Bildern ablichten ließ, genehmigte der Deutschen Mutoskop- und Biograph Gesellschaft, Unter den Linden zu drehen, damals noch in Schwarz-Weiß und ohne Ton. Der Vorspann erläutert, es gehe in diesem Werk um eine Lichtgestalt, die dem deutschen Volk von Gott in einer schweren Zeit geschenkt wurde und zu der es voll Begeisterung und Bewunderung aufsehen könne.

Dem Kinofilm mit der Schauspielerin Johanna Arnstadt in der Titelrolle lag ein damals populärer Bild-Text-Bandes zugrunde, in dem die Grafiker Carl Röchling, Richard Knötel und Woldemar Friedrich das Leben der zu königlichen Ehren gelangten Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz gestaltet hatten. Regisseur Franz Porten musste nicht viel Phantasie entwickeln, er brauchte nur jene farbigen Bilder herzunehmen und nach ihnen seine Szenen zu arrangieren, etwa die Begegnung des preußischen Kronprinzen und nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm III. mit der jungen, lebenslustigen und klugen Prinzessin Luise und den Einzug des Brautpaars in Berlin. In dem Film fehlte das mehrfach auf Bildern und Grafiken dargestellte Gelöbnis zu ewiger Freundschaft und Bündnistreue nicht, das Friedrich Wilhelm III. und Zar Alexander I. im Beisein der Königin Luise Ende 1805 einander an den Gräbern der beiden Preußenkönige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II., des Großen, in der Potsdamer Garnisonkirche abgaben. Analog zu dem illustrierten Volksbuch verherrlichte der 1913 in die Kinos gelangte Film Luise als nimmermüde Landesmutter, die sich in Preußens schwersten Stunden rührend um ihre Untertanen sorgt. Obwohl sie eine Krone trägt, ist sie doch eine von uns, lautete die Botschaft, ja sie ist es, die als „Königin der Schmerzen“ alles tut, um das schwere Los zu lindern, das der französische Kaiser Napoleon den Preußen auferlegt.

Ob dieser erste Luisen-Film ein Erfolg war, können wir nicht beurteilen. Die Hommage an seine Urgroßmutter mag Wilhelm II. gefallen haben, der gern in Uniformen seiner Vorfahren posierte und diese durch Denkmäler auf der Berliner Siegesallee ehrte. Nach dem Ende der Monarchie, als ein republikanischer Geist das Land durchwehte, gab es eine Diskussion über inhaltliche und gestalterische Fragen. Die Filmzensur nahm an den „zum Teil in übelsten Untertanenstil gehaltenen Zwischentiteln“, wie sie schrieb, und an franzosenkritischen Sequenzen Anstoß. Aus diesem Grund wurde der Streifen 1922 verboten, man wollte die Siegermacht im Ersten Weltkrieg Frankreich nicht verärgern.

Dem ersten Luisenfilm folgten zahlreiche weitere. Während der Weimarer Republik konkurrierten sechs davon miteinander. Filme über Friedrich den Großen, Luise und generell zum Thema Preußen „gingen“ offenbar gut, ungeachtet eines politischen Umfeldes, das dem in der Kaiserzeit gepflegten Monarchenkult abgeschworen hatte. In der Nazizeit wurde Friedrich der Große in Monumentalfilmen von allen Seiten betrachtet, natürlich auch der Reichsgründer und erste Reichskanzler Otto von Bismarck, zwei historische Gestalten, in denen Adolf Hitler so etwas wie seine Vorgänger sah.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war mit den Hohenzollern zunächst einmal kein Geschäft zu machen, erst 1957 kam unter dem Titel „Luise - Liebe und Leid einer Königin“ in der Bundesrepublik ein weiterer Film dieser Couleur heraus. Unter der Regie von Wolfgang Liebeneiner, der schon in der Nazizeit eine große Nummer in dem vom Propagandaminister Goebbels kontrollierten Filmwesen war, agierten Ruth Leuwerick und Dieter Borsche als ein recht unterschiedlich geartetes Königspaar, Bernhard Wicki trat als Zar Alexander I. und René Deltgen als französischer Kaiser Napoleon I. auf Die Kritik war von dem Kostümfilm wenig angetan, die Handlung war vorhersehbar, Konflikte am preußischen Hof um Krieg und Frieden wurden ausgespart. Die Protagonisten mühten sich „in Fontanischem Geist“ redlich, die Größe und Tragik im Leben der Monarchin zu schildern, wie es damals hieß. Während in süßlich-kitschiger Weise das verfilmte Leben der tragisch geendeten österreichischen Kaiserin Elisabeth „(„Sissi“) ein Millionenpublikum begeisterte, geriet der Luisen-Film zu einem Flop, kaum jemand kennt ihn noch heute. Zu besichtigen sind dieser und weitere Verfilmungen im Potsdamer Marstall. Bis zum 24. Oktober kommen im Sitz des Filmmuseums alte und neue Streifen über das Leben und Sterben der schönen Mecklenburgerin auf dem preußischen Thron zur Aufführung. Man muss kein Prophet sein um sagen zu können, dass uns 2010 neue Betrachtungen auf ihr Leben in bewegten Bildern erreichen werden. Hoffentlich kommen sie der historischen Wahrheit näher als frühere Filme.

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